Region: Der Senat von Berlin, Kulturverwaltung
Kultur

Für die Benennung des Platzes vor der Akademie des Jüdischen Museums Berlin nach Moses Mendelssohn

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Der Semat von Berlin, der Regierende Bürgermeister
3.291 Unterstützende

Die Petition wurde vom Petenten zurückgezogen

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Die Petition wurde vom Petenten zurückgezogen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

27.04.2013, 10:39

Berliner Tagebuch: Philosoph muss posthum Geschlechterquote erfüllen
Ehrung nur dank Frau Mendelssohn
Von unserem Korrespondenten Martin Ferber

Der Platz vor dem Jüdischen Museum wird nach Mendelssohn benannt. © dpa

Strenge Bezirksverordnete

Wäre er Single geblieben, hätte er Pech gehabt. Doch weil Moses Mendelssohn, der große Berliner Philosoph, im Jahre 1762 im Alter von 33 Jahren Fromet Guggenheim heiratete, kann der bislang namenlose Platz vor dem Jüdischen Museum nach ihm benannt werden. Im grün regierten Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain gilt das Prinzip, dass erst dann wieder eine Straße oder ein Platz nach einem Mann benannt werden darf, wenn 50 Prozent aller Wege den Namen einer Frau tragen. Nach langen Debatten hat sich Bezirksverordnetenversammlung dazu durchgerungen, das Areal vor dem Museum "Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz" zu taufen. Nun sind alle zufrieden. Der Bezirk ersparte sich gerade noch eine peinliche Blamage - und die 50-Prozent-Quote ist erfüllt. Glückliche Stadt, die sonst keine Probleme hat.
© Mannheimer Morgen, Samstag, 27.04.2013


27.04.2013, 10:32

Aktuelles » Berlin

Einigung: Berlin bekommt Moses-und-Fromet-Mendelssohn-Platz

Der wochenlange Streit um die Benennung eines Platzes am Jüdischen Museum Berlin ist beendet: Die Bezirksverordnetenversammlung Kreuzberg-Friedrichshain einigte sich am Mittwoch darauf, den Platz nach Moses Mendelssohn und seiner Frau Fromet zu nennen. Der Beschluss war einstimmig, teilte ein Sprecher mit. Der Stiftungsrat des Museums hatte sich zunächst nur für den Philosophen und Aufklärer Moses Mendelssohn (1729-1786) als Namensgeber für den Vorplatz der Museumsakademie ausgesprochen.
Die Akademie nach einem Entwurf des Architekten Daniel Libeskind widmet sich Fragen der Migration, Integration und interkulturellen Bildung. Deswegen müsse auch der Vorplatz nach einer international bekannten und geehrten Persönlichkeit benannt werden, hatte der Stiftungsrat argumentiert. Nach einem Beschluss des Bezirks Kreuzberg-Friedrichshain sollen Namen von neuen Straßen und Plätzen aber ausschließlich nach Frauen benannt werden, bis die Quote von 50 Prozent erreicht ist.
Ein Vorschlag zur Wahrung der Quote war daher gewesen, den Platz gemeinsam nach Mendelssohn und seiner Frau Fromet zu benennen. Als Alternativen waren unter anderem die Rabbinerin Regina Jonas (1902-1944) und die Schriftstellerin Rahel Varnhagen (1771-1833) genannt.
Mendelssohn war ein Wegbereiter der Aufklärung. Er war mit dem Dichter Gotthold Ephraim Lessing befreundet und gehörte dem «Montagsclub» an, einem der ersten bürgerlichen Vereine in Berlin.
Quelle: dpa
Aktualisierung: Mittwoch, 24. April 2013 22:00 Uhr


27.04.2013, 10:29

Stuttgarter Zeitung.de

Straßen und Plätze in Berlin Platz darf nicht nach Moses Mendelssohn benannt werden
Katja Bauer, 24.04.2013 07:34 Uhr

In Kreuzberg macht man zur allergrößten Not auch mal eine Ausnahme – so 2008, als ein Teil der Kochstraße nahe dem Axel-Springer-Verlag nach dem Studentenführer Rudi Dutschke umbenannt wurde
Berlin - Ein Kommunalparlament hat begrenzte Macht, insofern kann man den Kreuzberger Impuls vielleicht verstehen, wenigstens ab und an Entscheidungen von gewaltiger Tragweite zu treffen. Derzeit widmen sich die Bezirksverordneten des Berliner Stadtteils einem sehr konkreten Problem: Mitten im Bezirk liegt das weltberühmte Jüdische Museum Berlins. Man kann darauf stolz sein. Der Bau ist eine Erfolgsgeschichte, mehr als 700 000 Besucher pro Jahr schauen sich das Museum an. Seit seiner Eröffnung vor zwölf Jahren wird das Haus bestürmt, es entstand ein Erweiterungsbau. Und im Moment entsteht gegenüber, ebenfalls nach einem Entwurf Daniel Libeskinds, eine Akademie des Museums, die sich mit in Berlin so entscheidenden Fragen wie Integration, Migration und interkultureller Bildung beschäftigen wird und schon jetzt internationale Strahlkraft entfaltet.
Und nun braucht der Platz zwischen den Häusern einen Namen. Er könnte nach dem Berliner Juden Moses Mendelssohn benannt werden, dem Philosophen und Wegbereiter der Aufklärung. In der gesamten Stadt heißt noch keine Straße nach diesem berühmten Bürger. Der Stiftungsrat des Museums hat den Namensvorschlag also unlängst beschlossen und dem Bezirk mitgeteilt.
Nur leider hat Mendelssohn einen Fehler. Er war ein Mann. Und nach Männern wird in ganz Friedrichshain-Kreuzberg keine einzige Straße und kein einziger Platz benannt. Es werden so lange nur noch Frauennamen vergeben, bis die Quote von 50 Prozent erreicht ist. Das hat das Parlament 2005 entschieden, übrigens nicht als einziges, auch in Mitte ist das so. In Kreuzberg allerdings macht man zur allergrößten Not auch mal eine Ausnahme – so 2008, als ein Teil der Kochstraße nahe dem Axel-Springer-Verlag nach dem Studentenführer Rudi Dutschke umbenannt wurde. Nach einer Kampagne der „Tageszeitung“, einem anschließenden Rechtsstreit, einem Bürgerentscheid und einem weiteren Rechtsstreit. Ob Moses Mendelssohn auch für eine Ausnahme gut ist? Derzeit werde über einen Kompromissvorschlag gegrübelt, heißt es. Der Platz könnte nach dem Ehepaar Mendelssohn benannt werden. Das Bezirksparlament will voraussichtlich am Mittwoch entscheiden.


27.04.2013, 01:59

Statement zur Benennung des neuen Vorplatzes der Akademie des Jüdischen Museums Berlin
26.04.2013: Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV), das Bezirksparlament von Friedrichshain-Kreuzberg, hat am 24.04.2013 einstimmig beschlossen, den Vorplatz der Akademie des Jüdischen Museums Berlin (JMB) nach Fromet und Moses Mendelssohn zu benennen, und hat damit einen tragfähigen Kompromiss gefunden.

Die BVV und insbesondere unsere Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen haben sich die Entscheidungsfindung – entgegen anderslautender Medienberichterstattung – keineswegs leicht gemacht. Vorangegangen waren Monate mit zahlreichen kontroversen Diskussionen zum Thema. Bis zuletzt war die Fraktion sich nicht einig. Im Kern ging es um den Zielkonflikt, auf der einen Seite dem Frauenbeschluss gerecht zu werden und somit die Geschlechtergerechtigkeit voranzutreiben und auf der anderen Seite dem Wunsch des JMB zu entsprechen.

Das Bezirksparlament hat 2005 beschlossen, bei (Um-)Benennungen von Straßen, Wegen, Brücken etc. ausschließlich Frauen als Namensgeberinnen zu ehren, bis im Bezirk ein angemessener Proporz männlicher und weiblicher Namen im öffentlichen Raum gegeben ist. Hinter diesem Beschluss stehen wir voll und ganz. Aktuell sind im Bezirk von 375 Straßen nur 12 nach Frauen benannt.
Über Jahrhunderte wurden Frauen systematisch aus den wichtigen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen. Es wurde ihnen das Wahlrecht verweigert, Ausbildung und Studium verwehrt, die Berufswahl, die Berufsausübung u.v.m., und die, die es als Intellektuelle und Künstlerinnen dennoch wagten, sahen sich in der Regel gezwungen ihre Arbeiten unter männlichem Pseudonym zu veröffentlichen. Hier besteht ein so großer Nachholbedarf für die Kultur- und Wissenschaftsforschung, dass die explizit feministische Forschung diese Lücke allein gar nicht schließen kann: Es geht um die wissenschaftliche Aufarbeitung der Lebenswerke der Philosophinnen, Künstlerinnen und weiblichen Intellektuellen der letzten Jahrhunderte, die Würdigung ihrer Arbeit und nicht zuletzt ihre öffentliche Präsentation. Das JMB könnte dafür aus jüdischer Perspektive ein wichtiger Impulsgeber sein und damit international Zeichen setzen, so war unser Wunsch.

Wir sind stets bestrebt, die betroffenen Anwohner*innen und Gewerbetreibenden in angemessener Form anzuhören und an der Namensfindung zu beteiligen. Dies ist ebenfalls in unserem Beschluss verankert. Aus diesem Grund haben wir auch bei der Suche nach einem passenden Namen für den Vorplatz der Akademie des Jüdischen Museums an der Lindenstraße von Anfang an sowohl das JMB als auch Anwohner*innen und Interessierte eng in den Namensfindungsprozess eingebunden.

Neben den Namensvorschlägen des JMB selbst, gab es infolge von Presseartikeln seit letztem Sommer eine Reihe weiterer Vorschläge interessierter Bürger*innen, die von der bezirklichen Gedenktafelkommission unter Beteiligung des JMB alle gleichermaßen intensiv befasst worden sind. Im Januar 2013 folgte zum Thema zusätzlich ein Werkstattgespräch unter Beteiligung des JMB mit dem Ergebnis, die Namen Regina Jonas und Moses Mendelssohn der BVV zur Entscheidung zu empfehlen. Wie sich kurz darauf herausstellte, konnte das JMB mit der Empfehlung Regina Jonas dann doch nicht mitgehen. Neue Namensvorschläge folgten, und in dieser mittlerweile recht verwirrenden Situation ist es eine gute Entscheidung der BVV gewesen, die Namensfindung noch einmal in die Ausschüsse zurückzuüberweisen.

Die erneuten Beratungen in den Ausschüssen brachten drei endgültige Namensvorschläge hervor, über die die BVV am 24.04.2013 abstimmte: Rahel Levin-Varnhagen, (das Ehepaar) Fromet und Moses Mendelssohn und Moses Mendelssohn. Alle drei Namensvorschläge wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Debatte von Vertreter*innen des JMB vorgeschlagen. Wie sich immer mehr abzeichnete, favorisierte das JMB deutlich Moses Mendelssohn.

Die Mehrheit unserer Fraktion wünschte sich hingegen eine Benennung nach Rahel Levin-Varnhagen. In unseren Augen ist sie eine ideale Namenspatronin, die auch die von JMB definierten Kriterien erfüllt: Die Person sollte keinen Bezug zum Nahostkonflikt haben, kein Opfer des Holocaust sein, nicht wegen ihres Wirkens in einem religiösen Kontext Berühmtheit erlangt haben. Außerdem sollte sie international bekannt sein für ihr Wirken und sich um das Miteinander, Toleranz und Aufklärung verdient gemacht haben. Die jüdische Salonière Rahel Levin- Varnhagen war Feministin, Pazifistin und stand – nicht zuletzt durch ihre Korrespondenz mit Goethe und den Humboldts – im Zentrum der intellektuellen Debatten der Aufklärung.

Im Laufe des mehrstufigen Wahlverfahrens stellte sich heraus, dass unser Namenswunsch im Plenum keine Mehrheit finden würde. Unsere Fraktion entschied sich daraufhin, für Fromet und Moses Mendelssohn zu stimmen. Dieses ist in unseren Augen ein tragfähiger Kompromiss, da er sowohl den Frauennamen-Beschluss berücksichtigt, als auch den Wünschen des JMB entspricht.


27.04.2013, 01:58

JÜDISCHE ALLGEMEINE 19.04.2013
Ein Platz für Moses Mendelssohn
Das Areal vor der Akademie des Jüdischen Museums soll nach dem Philosophen benannt werden – die Bezirksverordnetenversammlung ist dagegen

Berlin streitet um einen Straßennamen. Dabei geht es um die Benennung des neuen Platzes vor der Akademie des Jüdischen Museums im Stadtteil Kreuzberg. Auf Wunsch des Museums und des Stiftungsrates des Jüdischen Museums soll er nach dem Philosophen und Aufklärer Moses Mendelssohn (1729–1786) benannt werden.

Dem steht ein 2005 gefasster Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg zu einer Frauenquote entgegen. Demnach sollen Straßen und Plätze in dem Bezirk zu 50 Prozent nach Frauen benannt werden. Bis dieser Punkt erreicht ist, sollen ausschließlich Frauennamen vergeben werden.

Der Stiftungsrat des Museums erklärte am Donnerstag, das international ausgerichtete und wahrgenommene Programm, das in der Akademie des Jüdischen Museums stattfindet, mache es aus seiner Sicht notwendig, den damit in Verbindung stehenden, neu geschaffenen Stadtplatz nach einer international bekannten und geehrten Persönlichkeit zu benennen und damit Moses Mendelssohn erstmals in dieser Form in Berlin zu ehren.

Eheleute Das Bezirksparlament wird voraussichtlich am 24. April über den Namen entscheiden. Um das Problem mit der Quote zu lösen, gibt es Medienberichten zufolge die Vorschläge, den Platz nun als »Fromet und Moses Mendelssohn Platz« oder »Eheleute Mendelssohn Platz« zu benennen. Die Hamburger Kaufmannstocher Fromet Gugenheim war 24 Jahre lang Ehefrau Moses Mendelssohns.

Der Stiftungsrat des Museums ist das oberste Beschluss- und Kontrollgremium des Jüdischen Museums Berlin. Ihm gehören Vertreter aus Politik und Kultur wie Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), der Historiker Götz Aly und Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) an. Aly hatte in einer seiner wöchentlichen Kolumnen in der Berliner Zeitung die Debatte in dem mehrheitlich grünen Bezirksparlament als »provinzielle Engherzigkeit« kritisiert. Dort zeterten »Basokraten und politische Blockwartinnen« gegen Moses Mendelssohn, schrieb der Historiker. epd


27.04.2013, 01:45

Platz-Benennung
Grüne für Hausbesetzer Meier im Straßenbild
22. April 2013 08:57 Uhr, Gunnar Schupelius | Aktualisiert 08:57 Gunnar Schupelius:

Grüne für Hausbesetzer Meier und gegen Philosoph Mendelssohn im Straßenbild.
Mendelssohn, Platz an der Lindenstraße: „Frauen, Gleichstellung und Queer“

Man nannte ihn den Berliner Sokrates: Moses Mendelssohn (1729–1786) gehört zu den bedeutendsten deutschen Philosophen. Seltsamerweise wurde nie eine Straße in Berlin, nie ein Platz nach ihm benannt. Nun kommt die Gelegenheit. Vor der Akademie des Jüdischen Museums an der Lindenstraße in Kreuzberg ist ein neuer Platz entstanden.Er soll den Namen Mendelssohns tragen. So hatte es der Stiftungsrat des Museums vorgeschlagen. Doch die Namensgebung scheiterte am Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, das von den Grünen beherrscht wird.
Sie beharren auf einem Beschluss aus dem Jahr 2005, nach dem neue Namen für Straßen und Plätze nur vergeben werden dürfen, wenn sie weiblich sind. Ähnliche Bedenken haben die Grünen im Falle der Gabelsbergerstraße in Friedrichshain übrigens nicht.
Sie wird am Freitag nach Silvio Meier benannt. Silvio Meier wurde im November 1992 auf dem U-Bahnhof Samariterstraße nach einer Schlägerei erstochen. Silvio Meier war Hausbesetzer. Die linksradikale Szene behauptet, er sei von Neonazis ermordet worden, obwohl das Gericht auf Totschlag urteilte und die Täter als Hooligans identifiziert hatte. Die Szene feiert ihn seitdem als Märtyrer im „Kampf gegen rechts“.
Dieser Kult war den Grünen Grund genug, ihr Dogma von den weiblichen Straßennamen mühelos außer Kraft zu setzen.Und auch an der Kochstraße durfte der Name eines Mannes das Straßenschild erobern, sogar auf Drängen der Grünen hin. So kam es zur Rudi-Dutschke-Straße, die es nach dem Beschluss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg ebenfalls gar nicht geben dürfte.
Wir halten fest: Den Grünen war es der Hausbesetzer Meier und der Studentenführer Dutschke wert, ihre Grundsätze zu brechen. Moses Mendelssohn ist es ihnen nicht.
Wo so viel Ignoranz und Unwissen in einem Bezirksparlament sitzen, sollte dieses nicht mehr über Straßennamen entscheiden dürfen. Der Platz an der Lindenstraße ist wie gemacht, um den Namen Mendelssohns zu tragen. Das Jüdische Museum erinnert an die Geschichte der Juden in Deutschland.
Moses Mendelssohn war nicht nur einer der Väter der Aufklärung, wie Kant und Lessing. Mit ihm begann der große Einfluss der jüdischen Kultur auf Deutschland. Mendelssohn machte Berlin vor 250 Jahren ganz groß.
Der Antrag auf Benennung eines Platzes nach ihm liegt beim Kreuzberger „Ausschuss für Frauen, Gleichstellung und Queer“. So klein ist Berlin heute.
Hat Schupelius recht? Rufen Sie an: 030/2591 73153 oder Mail: gunnar.schupelius@axelspringer.de


27.04.2013, 01:32

Blog von Fabio Reinhardt, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin

Grüne Halbstalinisten in Nazi-Tradition? – Zur Umbenennung des Vorplatzes des Jüdischen Museums
24.04.2013

“Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg erweisen sich als antiurban und gesitig eingleisig; im Zweifelsfalle agieren sie halbstalinistisch. So wie die CSU ihre Herdprämie durchsetzt, pauken sie ihre Frauennamen durch. Argumente zählen für sie nicht. [...] 1933 scheiterte sein Versuch, weltlicher Vernunft eine Gasse zu bahnen, auf tragische Weise. Morgen – 80 Jahre später – folgt womöglich die Farce, und der Versuch, Moses Mendelssohn an einem ihm würdigen Ort zu ehren, scheitert an den mittlerweile grünen, aber ewigen deutschen Spießern und Sperinnen.” (Götz Aly, 23.4.2013)

In Kreuzberg wird der Vorplatz des Jüdischen Museums umbenannt – nach einer jüdischen Person, so viel steht fest – und die Stadt steht Kopf. Zumindest medial. Momentan überschlagen sich Autoren und Kommentatoren darin, sich über im Bezirk praktizierte Prinzipien aufzuregen. Eines davon ist: Bei der Benennung von Straßen und Plätzen ist darauf zu achten, Frauen zu bevorzugen, solange der Männerüberschuss auf den Straßenschildern noch so massiv ist. Für Ufer, Kreisel, Schulen und vieles weitere gilt das übrigens nicht. Ausnahmen sind natürlich möglich, gerade wenn es Bürgerentscheide zugunsten eines männlichen Namensgebers gegeben hat.

In Morgenpost und Süddeutsche, Spiegel und dem Deutschlandfunk und der Jüdischen Allgemeinen wird berichtet. Ganz weit vorne in seiner Empörung ist Götz Aly. Der von mir in der Regel geschätzte Historiker hat eine wöchentliche Kolumne in der Berliner Zeitung. Gestern führte er eine drastische Bewertung der Situation durch. (Der Link funktioniert momentan nicht. Hier ist ein Scan des Beitrags. Hier ein anderer Link.) Damit schafft Aly, was man eigentlich nicht für möglich halten sollte: Er übertrifft den Berufs-Empörer Gunnar Schupelius, der sich bereits am Montag über das Thema echauffierte, im Ton und Stil. Damit schießt er – wie ich finde – weit über das Ziel hinaus und auch über das, was ich von einem seriösen Medium gewohnt bin. Oder habe ich irgendwas verpasst und die Titulierung einer Partei als “Halbstalinisten” in der Tradition von 1933 ist mittlerweile üblich?

Dabei darf man das Thema ja auch durchaus kontrovers diskutieren. Auch ich habe mich schon in der einen oder anderen Situation über diese grüne Vorgehensweise gewundert. Aber dass der Bezirk in dieser Frage nun besonders verbohrt sei, kann ich gerade nicht erkennen. Schließlich wurde neben dem Vorschlag des Stiftungsrats für Moses Mendelssohn der Vorschlag eingebracht, die Straße nach Fromet und Moses Mendelssohn zu benennen. Und auch Rahel Varnhagen (1771-1833) hat nicht gerade einen kurzen Wikipedia-Artikel: Die Schriftstellerin der Romantik trat für die jüdische Emanzipation und die Emanzipation der Frauen ein. Hannah Arendt schrieb ihre politische Biografie ‘Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik’. Nichts wofür ein jüdisches Museum sich schämen müsste. Und übrigens: Der Ansatz, Anwohner bei Umbenennungen bevorzugt einzubeziehen, gilt natürlich vor allem für Menschen und nur bedingt für Museen und Unternehmen (siehe den Fall Daimler). Und es gibt natürlich schon Schulen, Zentren und Stiftungen, sicher auch Brücken und Ufer, die nach Moses Mendelssohn benannt sind, nur eben noch keine Straße oder Platz. Insofern denke ich, dass es an der Zeit wäre, ein wenig abzurüsten und sich mit weniger Kampfbegriffen zu bezeichnen, nur weil man gerade seinen Willen nicht bekommt.



Die Piraten im Bezirk hatten noch eine weitere Idee, die hier noch vorstellt werden soll. Der folgende Text ist von Lena Rohrbach:

Vorplatzbenennung Jüdisches Museum – die Geschichte mit der “Haskala”

Seit nun schon einiger Zeit streitet die BVV darüber, wie der Vorplatz des Jüdischen Museums benannt werden soll. Der Platz, an dem das Jüdische Museum auch ein “Education Center” einrichten möchte, gehört (auf Wunsch des Jüdischen Museums) dem Bezirk. Damit unterliegt er einem demokratisch gefassten BVV-Beschluss von 2005, dass Straßen und Plätze nach Frauen benannt werden sollen: Derzeit heißen die meisten Straßen und Plätze nach Männern. Das Jüdische Museum wünschte sich für den Platz allerdings den Namen Moses Mendelssohn, also einen Männernamen. Im Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksliquid wurde ein Kompromiss vorgeschlagen, den ich zu diesem Zeitpunkt sehr überzeugend fand: Wir könnten, so der Vorschlag, den Platz doch einfach nach einer Bewegung benennen. Die “Haskala”, eine jüdische Aufklärungsbewegung (die übrigens auch im Hebräischen einen weiblichen Artikel hat), bekam ein positives Liquid-Votum. An LQFB-Beschlüsse wollen wir uns möglichst halten, außerdem erschien uns der Vorschlag auch inhaltlich eine prima Idee. Jana und ich stellten ihn also auf einer Sitzung des Ausschusses für Frauen, Gleichstellung und Queer ausführlich vor. Auf der Sitzung ware



26.04.2013, 20:52

DEUTSCHLANDRADIO KULTUR

FAZIT
23.04.2013
Keine Ehrung wegen der Frauenquote? Der jüdische Philosoph Moses Mendelssohn (Bild: dpa / pa)
"Moses Mendelssohn hätte es weiß Gott verdient"
Berlin streitet über einen Straßennamen für den jüdischen Aufklärer
Das Jüdische Museum in Berlin möchte einen Platz nach dem Philosophen Moses Mendelssohn benennen. Doch daraus wird wohl nichts: Der Bezirk Kreuzberg beharrt auf einem Quotenverfahren, derzeit sollen nur Frauennamen vergeben werden. Die Kulturtheoretikerin Christina von Braun hält das für hoch problematisch.
Moses Mendelsohn war einer der prägenden Philosophen und Aufklärer des 18. Jahrhunderts - doch bisher ist in Berlin keine Straße und kein Platz nach ihm benannt. Nach dem Willen des Jüdischen Museums soll sich das ändern. Der Stiftungsrat will den Platz vor der Akademie des Museums Mendelssohn widmen.

Doch die Verwaltung in Friedrichshain-Kreuzberg ist dagegen. In dem von dem Grünen regierten Bezirk gilt die Regel, dass keine Straßen und Plätze mehr nach Männern benannt werden dürfen, solange nicht 50 Prozent nach Frauen benannt sind.

Wie ist diese Diskussion zu bewerten? Darüber haben wir mit Christina von Braun gesprochen. Sie ist Professorin für Kulturtheorie mit dem Schwerpunkt Geschlecht und Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin.

"Was ich an dieser Geschichte problematisch finde, ist, dass hier mal wieder Juden gegen Frauen ausgespielt werden und umgekehrt", sagte von Braun. Dabei habe es Mendelssohn wirklich verdient, dass in Berlin ein Platz nach ihm benannt werde. Der Philosoph habe viel dafür getan, dass man in Deutschland überhaupt erst das Denken gelernt habe. Darauf könnten auch linke Politiker stolz sein.

Natürlich verdienten auch viele Frauen eine solche Ehrung, sagte von Braun. "Aber in diesem Fall finde ich es vor dem Jüdischen Museum sehr angemessen, diesem großen Philosophen einen Platz zu widmen und seinen Namen hier in Berlin in würdiger Weise zu verewigen."

In Deutschland gebe es leider eine lange und sehr unerfreuliche Tradition, die Emanzipation der Juden und die der Frauen gegeneinander auszuspielen. Dieses "Spiel" sei in der Vergangenheit in der Regel von rechten Politikern betrieben worden, so von Braun. Insofern sei es sehr bedauerlich, dass nun auch die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg in dieses Spiel eingestiegen seien - "vielleicht naiverweise, vielleicht auch ganz bewusst".

Hören Sie das vollständige Gespräch mit Christina von Braun bis zum 23. September 2013 als mp3-Audio.


26.04.2013, 20:32

Korrektur einiger Textfehler
Neuer Petitionstext: Entgegen des Wunsches dem Wunsch des Stiftungsrates des Jüdischen Museums Berlin, des Petitionsinitiators und der über 2300 Unterzeichner dieser Petition, hat die Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg in der BVV-Sitzung am Mittwoch, den 24.04.2014 einstimmig beschlossen, den dem Platz vor der Akademie des Jüdischen Museums Berlin den Namen Frumet und Moses Mendelssohn-Platz Frumet-und-Moses-Mendelssohn-Platz zu geben.

Der Initiator der Petition hält an der Forderung fest, das dass der Senat von Berlin, respektive der Regierende Bürgermeister von Berlin sich der Namensgebung zu Gunsten des Philosophen MOSES MENDELSSOHN annimmt. Neue Begründung: Der bislang namenlose Platz vor der Akademie des Jüdischen Museums Berlin muss den Namen von Moses Mendelssohn erhalten, der einer der bedeutendsten deutsch-jüdischen Philosophen der Aufklärung und außerdem Vermittler zwischen den Welten - jüdisch, christlich, profan - war. Sein Wirken und Denken soll lebendig bleiben, gerade auch in einer Stadt wie Berlin!
Das Wortungetüm, - Frumet und Moses-Mendelssohn-Platz Frumet-und-Moses-Mendelssohn-Platz - das von der BVV-Friedrichshain-Kreuzberg durchgesetzt wurde, schmälert erheblich die reformerischen und philosophischen Leistungen Moses Mendelssohns.


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