05.01.2021, 17:35
Liebe Unterstützer/innen,
nach Ende der Jahresfrist bei www.openpetition.de habe ich nun an die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) geschrieben – hier etwas gekürzt, weil das Schreiben an Euch unter 5000 Zeichen bleiben muss.
…
Sehr geehrter Herr HRK-Präsident Alt,
die HRK … beschloss … am 19. November 2019, die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) wertzuschätzen. Denn diese
- biete „eine klare Grundlage zum Erkennen von Judenhass“
- berücksichtige „… israel¬bezogene[n] Antisemitismus“
- und solle daher „an allen Hochschulstandorten etabliert“ werden
Meinem Vater (* 1899) war die Auschwitz-Nummer eingebrannt. Sechs seiner sieben Geschwister wurden von den Nazis ermordet, ebenso seine Frau und seine drei Söhne. So war er 1945 kinderloser Witwer.
Meine Mutter (* 1925) – als 17-Jährige 1942 mit ihren Eltern von Berlin nach Estland deportiert – kam 1945 als Waise zurück.
Mein Vater wollte wieder jüdische Kinder haben. So heiratete er 1948 meine Mutter. Mein Bruder, ich und unsere Schwester wurden 1949, 1951 und 1957 geboren.
Ich habe mit Einwanderern aus der Ex-Sowjetunion 2001 die jüdische Gemeinde in Lübeck wiedergegründet, war dort im Vorstand, … 2005-2009 Delegierter des Landesverbands im Zentralrat.
… Ich setze mich für ein Judentum der Nächstenliebe ein: Der Weg in die Zukunft ist dann frei, wenn die israelische Regierung die Palästinenser für vergangenes und fortdauerndes Unrecht um Verzeihung bitten wird.
… lancierte … am 12. 12. 2019, bei openpetition.de mit … Georg Meggle und Norman Paech eine Unterschriftensammlung an die HRK, ihren Beschluss zur IHRA-Definition … zurückzunehmen.
In jüngster Zeit (Dezember 2020) haben sich einige … auch öffentlich klar gegen den Bundestagsbeschluss vom Mai 2019 gewandt, der als Vorbild für den HRK-Beschluss diente, so Prof. Omri Boehm und die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit:
www.zeit.de/kultur/2020-12/israel-juedischer-staat-bds-bundestag-palaestinenser-boehm
www.humboldtforum.org/wp-content/uploads/2020/12/201210_PlaedoyerFuerWeltoffenheit.pdf
Im folgenden … zählen wir die … ca. 200 Unterzeichner mit Professorentitel auf. Rund 2.100 Personen haben insgesamt unterzeichnet:
www.openpetition.de/verwaltung/unterzeichner/einspruch-gegen-sprachregelungen-fuer-hochschulen
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Verleger
52 ausländische Professoren:
USA: Elsa Auerbach, Joel Beinin, Andrew S. Bergerson, Daniel Boyarin, Peter Chametzky, Noam Chomsky, Lawrence Davidson, Colin Dayan, Richard Falk, Terri Ginsberg, Elizabeth Heineman, Maurice (Rush) Rehm, Lisa Rofel, Walton T. Roth, Stephen R. Shalom, Susan Slyomovics
IL: Ofer Aharony, Gadi Algazi, Yonathan Anson, Avner Ben-Amos, Tommy Dreyfus, David Enoch, Nomi Erteschik-Shir, Amos Goldberg, Jacob Katriel, Micah Leshem, Kobi Snitz
B: Marc David, Henri Eisendrath, Victor Ginsburgh, Heinz Hurwitz, Herman de Ley, Willie van Peer
F: James Cohen, Sonia Dayan-Herzbrun, Pascal Lederer, Jeanne Lichtenstein Fagnani, Marc Steinling
GB: Hagit Borer, Neve Gordon, Engin Isin, Yosefa Loshitzky, Ilan Pappe, Yossef Rapoport, Donald Sassoon, Avi Shlaim
Andere: Héctor Grad (ES), Larry Haiven (CAN), Michel Legrand (LUX), Igor Primoratz (IL, AUS), Yakov Rabkin (CAN), Roy Wagner (CH)
147 deutsche Professoren (hier ohne Vornamen, wegen der Beschränkung auf 5000 Zeichen):
Fotografie: Schmitz
Germanistik: Harth, Ockel, Schönfeldt, Stückrath
Geschichte: Finzsch, Hellige, Münch, Popp, Reinhard, Rieckhoff, Rösch
Informatik: Christidis, Deck, von Goldammer, Nake, Reisin, Schierwagen
Ingenieur: Lutz, Rabenstein
Jura: Ambos, Arnold, Böllinger, Dinges, Feest, Fuchs, Paech
Kommunikation: Meyen
Kultur: Aleida Assmann, Jan Assmann, Brockhaus, Schönberger
Landwirtschaft: Haußmann
Linguistik: Grewendorf
Mathematik: Bandelt, Eschenburg, Törner, Wittmann
Medizin: Dietrich, Falkenstein, Hildebrandt, Kammer, Kochen, Linderkamp, Wandt
Musik: Bertsch, Corbett, Hampe
Orientalistik/Islam: Beck (DK), Berger, Schneider, Steinbach, Viswanath
Pädagogik: Attia, Borst, Brumlik, Füchtner, Heekerens, Jantzen, Rödler
Philosophie: Brie, Dietzsch, Früchtl, Kreiser, Kühn, von Kutschera, Lenzen, Lotter, Lumer, Meggle, Ndjimbi-Tshiende, Neiman, Pape, Pichler (N), Schönecker, Stekeler-Weithofer, Tegtmeier, Thies, Wolters
Physik: Bastian, Fujara, Jooß
Politologie: Baumgarten, Klundt, Kulow, Massarrat, Roy, Ruf, Zeuner
Psychologie: Berti, Birbaumer, Bruder, Dahme, Debener, Flor, Fuchs, Galliker (CH), Gondan-Rochan (Ö), Huster (N), Junghöfer, Kallus (Ö), Kathmann, Keil (USA), Kempf, Khader, Kiefer, Kiesel, Kirsch, Knoblich (Ö), Kröner-Herwig, Margraf, Markowitsch, Mausfeld, Mier, Miltner, Pietrowsky, Roer, Schächinger, Schwerdtfeger, Sommer, Sommer, Stark, Verleger, Wacker, Wild-Wall
Sozialpädagogik: Bauer
Soziologie: Dahmer, Hansen, Hess, Senghaas-Knobloch, Sorg, Trojan, Zuckermann
Theologie: Bartelmus, Becker, Duchrow, Hübner, Ihmig, Orth, Reuter, Wallmann
Wirtschaft: Brodbeck, Elsner, Heise, Hundt, Kunze, Teltschik
03.05.2020, 20:33
Liebe Unterzeichnerinnen und Unterzeichner unserer Petition an die HRK,
wie allgemein bekannt, wünschen eine Reihe von Personen aus der Politik, dass der antikolonialistische, humanistische Denker Prof. Achille Mbembe in Deutschland nicht öffentlich reden darf, wegen seiner Kritik an Israel.
Diese Diskussion gibt einen Vorgeschmack darauf, wie es in Zukunft an unseren Hochschulen zugehen wird, wenn die HRK-Resolution zum Antisemitismus befolgt wird, gegen die wir uns hier wenden.
Daher hatten wir darüber hier schon am 19.4. berichtet.
Hier möchten wir Sie auf einige neue Beiträge zu dieser Debatte hinweisen.
1) Akademiker aus dem In- und Ausland haben am 1. Mai einen Aufruf „Solidarität mit Achille Mbembe“ veröffentlicht (bit.ly/35kZ6p0 ): „… lehnen wir diese Art von Kampagnen ab, die Personen, die als politische Gegner ausgemacht wurden, ohne Beweise, unter Zuhilfenahme manipulativ verzerrter Zitate und Inhalte desavouieren sollen. Ebenso lehnen wir die missbräuchliche Verwendung des Antisemitismusbegriffs ab.“
Unter den 27 unterzeichnenden renommierten Persönlichkeiten sind einige, die auch unsere Petition an die HRK unterzeichnet haben, wie Micha Brumlik, Aleida Assmann, Jan Assmann, Gadi Algazi, Norbert Fintzsch.
2) Jüdische Akademiker und Künstler vor allem aus Israel haben am 30. April Innenminister Seehofer ersucht, den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, abzuberufen. Gerade jetzt sei „eine freie und kritische Rede in Bezug auf Israel notwendiger denn je.“ Denn durch die von der neuen Regierung geplanten Annexionen werde „ein Apartheidstaat in Israel-Palästina entstehen“. Klein versuche, solche Kritik zu verhindern. Damit habe er "dem dringenden Kampf gegen echten Antisemitismus einen schlechten Dienst erwiesen" und "der akademischen Freiheit geschadet". Für seine Aufgabe sei Klein "unqualifiziert".
Das englische Original ist hier, bit.ly/3fbFiJq , die deutsche Übersetzung hier: www.dropbox.com/s/grroe59qdd92q2s/Aufruf%20an%20Bundesminister%20Seehofer.pdf?dl=0
Unter diesen 37 unterzeichnenden renommierter Persönlichkeiten sind wiederum einige, die auch unsere Petition unterzeichnet haben, wie Gadi Algazi, Daniel Boyarin, Amos Goldberg, Neve Gordon, Anat Matar.
3) Zwei dieser Unterzeichner, Amos Goldberg und Alon Confino, schrieben in der taz am 1. Mai ausführlicher über das Verhältnis von Kritik am Kolonialismus und am Zionismus, taz.de/Debatte-ueber-den-Denker-Achille-Mbembe/!5679420/
4) Ähnlich äußerte sich am 24. April grundsätzlich zu diesen Thema Katja Maurer von medico international, www.medico.de/blog/neokoloniales-denken-17735/
5) Schließlich: Man muss Achille Mbembes Gedanken nicht akzeptieren, um sich gegen diese Antisemitismus-Vorwürfe zu wenden. Für beachtenswert halten wir die kritische Bewertung seines Denkens von Ijoma Mangold in der ZEIT (29.April). www.zeit.de/2020/19/rassismus-achille-mbembe-antisemitismus-postcolonial-studies
(Der Untertitel „Sein Israelhass rückt die postcolonial studies in Zwielicht“ passt überhaupt nicht zum Inhalt des Artikels; allerdings finden sich im Artikel die üblichen formelhaften Verdammungen der BDS-Bewegung.)
Mit herzlichen Grüßen
Rolf Verleger und Georg Meggle