09.11.2022, 07:59
Liebe Lehmgrubenschützerinnen und Lehmgrubenschützer,
am 20.09.2022 wurde im Besigheimer Gemeinderat über die Lehmgrube beraten. Das Landratsamt Ludwigsburg hatte dazu - endlich - ein Gutachten ("Würdigung" genannt) veröffentlicht. Dort wird von 126 Wildbienenarten ausgegangen (S. 9), darunter "landesweit als stark gefährdet" (S. 7) geltende.
Dennoch sollen nur ca. 4,2 ha der Lehmgrube zum flächenhaften Naturdenkmal erhoben werden, also nur ca. 2/3. Herr Dr. Sußner als Vertreter des Landratsamtes bestätigte in der Sitzung, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die nicht geschützten Flächen auch seltene Wildbienenarten beheimaten. Das Neubaugebiet "Sprollweg" sei im Zuge von Gesprächen mit dem Käufer dimensioniert worden, so Herr Bürgermeister Bühler.
Dieser Vorgang ist bemerkenswert, da §28 des Bundesnaturschutzgesetzes eine "wissenschaftliche[]" Begründung für die Ausweisung eines Naturdenkmals verlangt. Verhandlungen sind nicht vorgesehen. Wissenschaftlich hätten vermutlich noch mehr Flächen geschützt werden müssen. Ich muss dies als Einknicken des Landratsamtes vor einem finanzkräftigen Unternehmen interpretieren. Das wiederum gefährdet jedoch das Vertrauen in die rechtstaatliche Ordnung: Bei Kindern, die eine BMX-Bahn bauen, streng sein, bei Unternehmen, die mit der Planierung der Lehmgrube gegen geltendes Recht verstoßen haben, großzügig: Das passt nicht zusammen!
Daraus erhebe ich die Forderung, dass das Landratsamt das nach dem Flächennutzungsplan vorgesehene Neubaugebiet Sprollweg auf Artenvorkommen begutachtet, um die Zerstörung seltener Tierarten zu verhindern, aber auch um ein rechtstaatliches Verfahren sicherzustellen.
Bemerkenswert ging es jedoch weiter. Von Seiten der Freien Wähler/FDP-Fraktion wurde ein Antrag eingebracht, welcher an Stelle eines Naturdenkmals ein frei betretbares Landschaftsschutzgebiet vorsieht. Da viele der seltenen Wildbienen im Lehmboden brüten hätte dies die Ausrottung bedeutet. Dennoch stimmten acht Gemeinderäte (FWV/FDP, der CDU-Teil der FrAktionsgemeinschaft sowie einer der Wir-Fraktion) für diesen Antrag, acht dagegen (Bürgermeister Bühler, zwei des WIR-Teils der FrAktionsgemeinschaft, Gesamt-BMU und Gesamt-SPD). In Folge konnte weder für noch gegen die Erhebung zum flächenhaften Naturdenkmal entschieden werden. Zuvor hatte Herr Dr. Sußner vom Landratsamt bereits erklärt, dass die Entscheidung des Gemeinderates KEINE Auswirkungen auf die Unterschutzstellung habe.
Wenn Entscheidungsträger (Frauen waren nicht darunter) so mit wissenschaftlichen Erkenntnissen eines Gutachtens umgehen versetzt mich dies in Sorge! Wie sollen wissenschaftlich nachgewiesene Probleme wie die menschengemachte Klimaerhitzung angegangen werden, wenn eindeutige Gutachten zur Lehmgrube im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten werden?