Region: Besigheim
Umwelt

Lehmgrube Besigheim

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Gemeinderat Besigheim

633 Unterschriften

Der Petition wurde teilweise entsprochen

633 Unterschriften

Der Petition wurde teilweise entsprochen

  1. Gestartet 2020
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht am 21.07.2020
  4. Dialog
  5. Teilerfolg

Neuigkeiten

21.07.2020, 22:57

Liebe Naturschützerin, lieber Naturschützer,
Mitte April war hier noch viel intakt. Die wertvollen Teiche die es hier einmal gab sind über die Jahre verschwunden – weil nicht genug aufgepasst wurde. Aber dieses Mal – an einem Freitagnachmittag, dann, wenn in Behörden meist niemand mehr zu erreichen ist - wurde aufgepasst. Als die Planierraupen anrückten meldeten sich die Anwohner. Die untere Naturschutzbehörde wurde informiert und handelte schnell und deutlich: Die Bauarbeiten wurden eingestellt, die Bauarbeiter nach Hause geschickt. Von der Gesamtfläche der Lehmgrube wurden nur 15% zerstört, zum Glück nicht die besonders kostbaren.
Es wurde behauptet, dass eigentlich nur eine Fäkaliensperre für die Rinder errichtet werden sollte. Das Wort schon ist bezeichnend. Es findet sich auf Google nur ein einziges Mal nicht im Kontext dieser Petition. Was bedeutet das? Vielleicht das, was Bauern hierzu auch sagen: Dass das Planieren mit einer Fäkaliensperre nichts zu tun hatte.
Was war es also stattdessen? Wir können nur nach der wahrscheinlichsten Erklärung suchen: Noch ist die Entscheidung des Gemeinderats nicht getroffen, ob die Lehmgrube bebaut wird. Und wenn es keine störenden Wildbienen mehr dort gibt, dann, so vielleicht das Kalkül, dann spricht ja nichts mehr gegen das Bebauen.
Liebe Freundinnen und Freunde, falls es so gewesen sein sollte, weiß ich selbstverständlich nicht wie ihr dieses Verhalten findet, aber ich finde es empörend! Seit 1990 ist die Insektenmasse in Deutschland um 75 % zurück gegangen. Für alle, die rechnen können zeigt das: das ist schon erschreckend nahe an 100%. Und hier wird der Schutz unserer Natur wieder der Gewinnmaximierung geopfert? Mir fehlen für so viel Dreistigkeit die Worte.
Es wurde behauptet, dass dort, wo planiert wurde, Asphalt, Baustoffe und Müll gelegen sei. Aber Bilder beweisen: Das stimmt nicht.
Es wurde behauptet, auf Lehmböden seien keine Bienenvorkommen möglich. Ich habe das Herrn Dr. Westrich gefragt, einen der renommiertesten deutschen Wildbienenforscher. Er schreibt mir: „Es gibt eine ganze Reihe von Bienenarten, die ein solches Substrat für die Anlage ihrer Bodennester nutzen“, z. B. die Gelbbindige Furchenbiene und die Pförtner-Schmalbiene –Auch hier also: Aussage widerlegt.
Es wurde behauptet, man könne die dort lebenden Wildbienen umsiedeln, z. B. auf begrünte Dächer. Das zeigt ein krasses Unwissen, wird einfach so behauptet. Herr Dr. Westrich antwortet darauf:
„[B]odennistende[] Bienenarten graben ihre Brutzellen bis zu 60 cm und tiefer in die Erde. Es kann sich dabei um komplexe Nestarchitekturen handeln, die selbst bei manuellen Grabearbeiten sehr leicht zerstört werden. Mir ist keine erfolgreiche Umsiedlung bei Lehmsubstraten bekannt (…) Eine solch hohe Lehmschicht [> 60cm] ist für Dächer nicht machbar.“
Schon wieder eine widerlegte Aussage. Mich macht das wütend.
Natürlich sollen Menschen, die in Besigheim leben wollen, die Chance auf Wohnraum bekommen. Aber soll das wirklich ohne Rücksicht auf besonders schützenswerte Naturräume geschehen? So lange es noch Leerstände gibt in Besigheim (in meiner Straße stehen 2 schöne alte Häuser leer, eines seit Jahrzehnten), so lange sollten wir die Zerstörung sensibler Natur nicht in Betracht ziehen.
Und ja: natürlich haben wir auch eine soziale Verantwortung. Menschen mit schmalem Geldbeutel sollen auch in Besigheim eine Chance bekommen gut und bezahlbar zu wohnen. Aber: Ist das betreffende Immobilienunternehmen denn dafür bekannt, sozialen Wohnraum zu schaffen oder eher dafür, Wohnungen im Hochpreissegment zu schaffen? Ihr könnt es selbst beantworten – im Hochpreissegment lässt sich einfach mehr Cash verdienen.
Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer der Petition, lasst mich zusammenfassen: Nichts ist dagegen einzuwenden, wenn ein Unternehmen Geld verdienen will. Aber wir wollen nicht, dass das auf Kosten anderer Werte, die einem großen Teil der Besigheimer Bevölkerung am Herzen liegen geschieht: Wir möchten, dass Besigheim eine Stadt bleibt, in der es viele schöne Ecken und historische Gebäude gibt, die dem Auge gut tun und die Geschichte erzählen. Dass es Natur vor der Haustür gibt zur Erholung und zum Spielen und Entdecken für die Kinder. Und dass die Vielfalt von Pflanzen und Tieren erhalten bleibt. Ortsprägende Gebäude müssen schon seit Jahren eins um das andere Mal Betonklötzen weichen. Wir fordern deswegen: die alte Ziegelei nicht abreißen, sondern entwickeln in ein lebendiges Denkmal Besigheimer Geschichte, mit 30 Prozent Sozialwohnungen, gerne auch mit architektonisch interessanten Loftwohnungen. Zeigt nicht die Speicherstadt in Hamburg oder das Salamander-Areal in Kornwestheim, das aus Altem etwas Schönes entstehen kann, mit dem sich sogar Geld verdienen lässt? Vielleicht nicht ganz so viel, aber genug und nachhaltig.


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