11.05.2022, 22:38
Leserbrief zum Artikel „Auf vier Spuren durch den Cheltenham Park?“ vom 22.4.2022
Was für ein ungemein spannender und aufrüttelnder Artikel, gerade in Zeiten kontroverser Diskussionen
zu den neuen innenstadtnahen Göttinger Groß-Projekten am Weender Tor und am Bahnhof!
Im Nachhinein kann man vielleicht entschuldigend sagen: so war der Zeitgeist damals eben,
in den 60ern; Krieg und Not vorbei, das Wirtschaftswunder am Laufen, Kühlschrank und Waschmaschine
zogen in die Haushalte ein, immer mehr konnten sich ein Auto leisten. Es war die Zeit
beginnender Gigantomanie, auch in der Provinz-Großstadt Göttingen. Immerhin versuchten lokale
Politik und Verwaltung, Visionen zu entwickeln und beauftragten Planer, auch wenn so manches
fatal war, was geplant und umgesetzt wurde, die „Ost-Tangente“ scheiterte glücklicherweise dank
des Widerstandes betroffener Bürger. Heute scheint es dagegen andersherum: Investoren und
Immobilienbesitzer treiben Politik und Verwaltung vor sich her, und die erliegen dann der Aussicht
auf Einnahmen. Als Feigenblatt dienen Totschlag-Argumente wie „Wohnraum-Mangel“ - und der
soll ausgerechnet am Weender Tor und am Bahnhof beseitigt werden, lächerlich! Wir sind nicht
mehr in den 60er und 70er Jahren. Der Zeitgeist ist heute ein anderer. Städtebauliche Verträglichkeit,
Ökologie und Verdichtung in Maßen sind heute die Marker. Daran gilt es, zukünftige Bauvorhaben
vor - allem an hochsensiblen Orten - zu orientieren.
Wolfgang Dahms
Göttingen, 25.4.2022