14.02.2022, 14:27
Mit einem Aufmacher auf der Titelseite und starken Worten der Oberbürgermeisterin im Interview wird der bisherigen Planung des Investors am Wall/ Weender Tor eine Absage erteilt und ein Neuanfang avisiert.
Es soll keinen riesigen Gebäuderiegel geben; über andere Nutzungsmöglichkeiten, Geschossigkeit und Sichtbarkeit des Walls gibt es bereits interne Gespräche mit Investor und Politik. Es soll Alternativen geben, evtl. einen Planungswettbewerb oder eine Mehrfachbeauftragung.
Das liest sich vordergründig gut. Es ist gut, dass die Oberbürgermeisterin nach den überdimensionierten Konzepten vom Dezember 2018 und den Planungen vom Sommer 2021 andere „Rahmenbedingungen“ abstimmen will. Ein Kraftakt um die Position der Stadt gegenüber Investoren, auch ein Ringen in der Stadt um politische und wirtschaftliche Interessen.
Dass jedoch auf Basis neuer Projektvorgaben ein neuer Bebauungsplan entwickelt werden soll, eröffnet eine ganze Reihe von besorgten Fragen, weil der rechtsgültige Bebauungsplan dem Standort sehr gerecht wird und nicht zu verbessern ist.
Der im Dezember 2018 zum Beschluss vorgelegte Bebauungsplanentwurf sah bei 3 bis 4 - geschossiger Riegelbebauung 8.600 m² Bruttogrundrissfläche vor (BGF; Summe aller Flächen aller Geschosse auf dem Grundstück) und wurde demokratisch abgelehnt. Der rechtsgültige Bebauungsplan vom Sommer 2019 erlaubt bei 3 bis 4-geschossigen Einzelgebäuden eine maximale BGF von 7.250 m². Der Plan des Investors von 2021 sah ca.15.000 m² BGF vor (der 7-geschossige Riegel).
Wieviel Baumasse verträgt das Areal am Wall/ Weender Tor eigentlich? Soll als zu verabredender Kompromiss zwischen Stadt, Investor und Politik die Mitte von 7.250 m² und 15.000 m², also vielleicht ca. 11.000 m² BGF das bislang nicht genannte Ziel sein? Das ginge wieder nur mit einem mindestens 5-geschossigen langen Riegel. Und das wäre für den Standort ein weiteres Mal ein „Monstrum“. In der Petition war diese Option auch strikt abgelehnt. Der geltende B-Plan ist gut und benötigt keinerlei Änderung.
Es ist für das Stadtbild besonders wichtig, den Maßstab einzuhalten, bevor Kompromisse eingegangen werden und vorab zu klären, wieviel BGF, das heißt wieviel Baumasse dieses Grundstück verträgt, wieviel für den Standort und die besondere Situation am Stadttor und am Wall vertretbar ist. Der sorgsame Umgang mit gewachsenen städtebaulichen Strukturen und mit dem sozialen Umfeld (gefördertes Sanierungsgebiet Nördliche Innenstadt) sollten ein unverhandelbares Gut sein.
Ehe für alle Zeit von den beteiligten Akteuren gravierende Entscheidungen als Grundlage für einen späteren Wettbewerb getroffen werden (an dessen Anforderungen sich alle Teilnehmer halten müssen), sollte ein städtebauliches Modell, das den Rahmen für die maximalen Forderungen aufzeigt, die einzig solide Grundlage sein.
Wir, die Öffentlichkeit, müssen weiterhin auf der Hut sein.