16.08.2019, 14:12
Immer wieder werden wir gefragt, ob es denn wirklich die komplette Beitragsfreiheit sein muss? Ob diese nicht auch die Besserverdienenden entlastet? Und ob Beitragsfreiheit mit gleichzeitiger Qualitätssteigerung denn überhaupt funktionieren kann?
Ja. Ja. Und ja. Damit die Beitragsfreiheit seine ganze Wirkung entfalten kann, sollte sie im besten Fall gleichzeitig für alle Betreuungsformen von Krippe bis Hort umgesetzt werden. Selbstverständlich würde die Beitragsfreiheit auch die Besserverdienenden im Land betreffen - vor allem aber entlastet sie den größten Teil der Beitragszahler, die Mittelschicht. Und ganz klar schließen sich Beitragsfreiheit und Qualitätsentwicklung nicht aus, vielmehr ist das eine Frage der Umsetzung.
Wichtigster Grund für die komplette Beitragsfreiheit ist aber ein anderer:
Kindertagesbetreuung ist Bildung - und diese soll entsprechend unserer Landesverfassung für alle gleichermaßen zugänglich sein.
Wir brauchen in unserer Gesellschaft ein anderes Verständnis von der Kindertagesbetreuung: Das verstaubte Bild von “Aufbewahrungsorten” gehört in die Archive. Über die letzten Jahre hat sich im Forschungsbereich Frühkindliche Bildung im Blick auf unsere Kinder und ihre Entwicklung anbelangt viel getan. Ergebnisse daraus haben längst Einzug in die Kindertagesstätten genommen. Sie sind der Ort, wo fundamentale Fähigkeiten wie Konflikt-, Kritik- und auch Teamfähigkeit spielerisch entwickelt werden. Diese sind von großer gesellschaftlicher Relevanz. Die Kinder von heute sind die Gesellschaft von morgen. Davon profitieren wir alle: Sie übernehmen Verantwortung in dieser Gesellschaft für sich und uns und darum sollte ihre Bildung auch eine gemeinschaftliche Aufgabe sein.
Wir glauben auch, dass für eine funktionierende Gesellschaft niemand benachteiligt werden sollte. Wir Eltern geben unsere Kleinen in Betreuung, um unserer Verantwortung in der Gemeinschaft gerecht zu werden und z.B. arbeiten zu gehen. Wenn Brandenburger Eltern ihre Kinder z.B. wegen der Nähe zur eigenen Arbeit in Berlin betreuen lassen, so werden die Brandenburger Eltern hier benachteiligt, da sie für die Kindertagesbetreuung zahlen müssen, Berliner Eltern aber nicht. Wenn wir in den Kommentaren zur Petition lesen, dass es Brandenburger Familien gibt, die sich wegen der zum Teil extrem hohen Betreuungsgebühren gegen ein weiteres Kind entscheiden oder eines ihrer Kinder etwa aus dem selben Grund den Hort nicht besuchen kann, können wir nur sagen: Das darf nicht sein!
Wir haben die Chance, Brandenburg jetzt mit einem herausragenden neuen Kita-Gesetz zu einem Vorreiter zu machen und attraktiv für den Zuzug zu gestalten. So lassen sich mit verbesserten Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen bestimmt auch Erzieher/-innen aus anderen Ecken des Bundeslandes nach Brandenburg holen (und somit der Fachkräftemangel angehen). Dank wegfallender Beitragsberechnungen, Einkommensprüfungen und Bescheiderstellungen reduziert sich der bürokratische Aufwand immens. Und auch die Gerichte werden entlastet, da es kaum mehr einen Grund geben dürfte, das sich Eltern, Träger, Kommunen oder das Land gerichtlich streiten müssen.