Eigentlich hätte es nach drei Jahren Coronapause bei der Hatzbachtalwanderung in diesem Jahr an Christi Himmelfahrt bei einer Waldwanderung zu Hexen, Köhlern und gespenstigen Mönchen in das Waldgebiet an der Rhein-Weser-Wasserscheide gehen sollen. Während der laufenden Vorbereitungen für die Traditionsveranstaltung am 18. Mai 2023 erreichte die Wanderfreunde Hatzbachtal drei Wochen vor dem Veranstaltungstermin am 27. April 2027 eine maßlose Kostenforderung von Hessen-Forst, nach der für die Nutzung des Waldes eine „Nutzungspauschale“ in Höhe von 297,50 Euro zu zahlen ist.
Die Nutzung des Waldes für die Wanderstrecken der Hatzbachtalwanderung ist demnach nur bei Unterzeichnung eines Vertrages gestattet, wobei sich die Wanderfreunde Hatzbachtal mit der Unterzeichnung des Vertrages zur Zahlung der „Nutzungspauschale“ in Höhe von 297,50 Euro verpflichten würden.
Selbst bei einer sehr gut besuchten Wanderveranstaltung mit 300 Teilnehmern wäre der zu erwartende Gewinn aus dem Verkauf von Startkarten, Speisen und Getränken überwiegend von den Gebühren für Hessen-Forst aufgefressen worden.
Außerdem war Folgendes zu bedenken:
Ein Wandertag steht und fällt mit dem Wetter.
Bei Regen kommt kein Mensch und wir müssen aber den schon Wochen zuvor unterzeichneten Knebelvertrag mit Hessen-Forst erfüllen und 297,50 Euro zahlen. Dann wird ein geplanter Wandertag schnell zur Kostenfalle.
Die Wanderfreunde Hatzbachtal haben daher am 30. April 2023 ein Schreiben beim Forstamt Kirchhain eingereicht und um kostenfreie Zustimmung zur Nutzung des Waldes für die Hatzbachtalwanderung am 18. Mai 2023 gebeten.
Am 02.05.2023 wird die Petition bei openPetition eingetragen, damit möglichst schnell die erforderlichen 10 Unterstützer geworben werden, um die Petition öffentlich sichtbar zu machen. Für die Hatzbachtalwanderung am 18. Mai 2023 konnte zu diesem Zeitpunkt nichts mehr erreicht werden. Die Wanderfreunde Hatzbachtal haben aber erkannt, dass dies kein lokales Problem der Hatzbachtalwanderung ist, sondern landesweit alle Wandervereine bzw. alle Vereine, die Wanderungen im hessischen Staatswald ausrichten wollen, betrifft.
Die Petition wurde somit als allgemeine politische Forderung an den Hessischen Landtag formuliert. Die Petition betrifft nicht nur die Hatzbachtalwanderung. Die Kostenforderung für die Nutzung des Staatswaldes bei der Hatzbachtalwanderung war zwar Auslöser für die Petition. Die Hatzbachtalwanderung ist aber nicht Gegenstad der Petition.
Am 03.05.2023 bestätigt das Forstamt den Eingang des „Schreibens vom 30.04.2023. Eine Bearbeitung erfolgt in den nächsten Tagen.“
Damit war gut zwei Wochen vor der geplanten Veranstaltung keine Rechtssicherheit über eine kostenfreie Nutzung des Waldes für die Hatzbachtalwanderung am 18. Mai 2023 gegeben. Der Wandertag wurde endgültig abgesagt.
Die Wanderfreunde Hatzbachtal nahmen die Kostenforderung für die Hatzbachtalwanderung zum Anlass, sich mit Schreiben vom 03.05.2023 an alle Landtagsabgeordneten aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf, an alle Fraktionen im Hessischen Landtag, an den Petitionsausschuss des Hessischen Landtags und an das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, über die von Hessen-Forst für die Nutzung des hessischen Staatswaldes in Rechnung gestellten Kosten zu beschweren. Es wird gefordert, dass eine Nutzung des Staatswaldes für alle gemeinnützigen Vereine kostenfrei sein muss.
Am 04.05.2023 hatte die Petition bereits 14 Unterstützer und ist seitdem für alle auf der Seite www.openpetition.eu/petition/online/wanderveranstaltungen-im-hessischen-staatswald-muessen-kostenfrei-sein abrufbar.
Ebenfalls am 04.05.2023 wird von einem Mitglied der Wanderfreunde Hatzbachtal eine mit der Petition bei openPetition identischen Petition beim Petitionsausschuss des Hessischen Landtags eingereicht, damit der Landtag möglichst frühzeitig mit der Forderung „Wanderveranstaltungen im hessischen Staatswald müssen kostenfrei sein“ konfrontiert wird. Diese Petition befindet sich bereits in der Bearbeitung.
Der Landtagsabgeordnete Dirk Bamberger (CDU) teilt am 04.05.2023 mit, dass er sich unmittelbar an das zuständige Ministerium wenden wird.
Am 05.05.2019 teilt die Landtagsabgeordnete Angelika Löber (SPD) mit, dass sie bereits mit dem Forstamt in Kirchhain telefoniert habe. Sie werde sich melden, sobald weitere Informationen vorliegen.
Am 08.05.2023 haben bereits über 100 Unterstützer die Forderung unterschrieben.
Am 10.05.2023 meldet sich das Marburger Wahlkreisbüro der Landtagsabgeordneten Angela Dorn mit folgender Mitteilung: „Als Ministerin für Wissenschaft und Kunst ist Angela Dorn zwar inhaltlich nicht mit dem Thema vertraut, als Abgeordnete aus Ihrer und unserer schönen Region hat sie sich aber umgehend an ihre Fraktionskollegin Martina Feldmayer gewandt. Frau Feldmayer ist die Fraktionssprecherin für Klima und Umweltschutz der Grünen im Hessischen Landtag und hat auf Angela Dorns Bitte Kontakt mit dem Umweltministerium auf
Die Hatzbachtalwanderung als Rechenbeispiel:
Bei der Hatzbachtalwanderung am 18. Mai 2023 hätten alleine am Veranstaltungstag 25 Helfer von 7.30 Uhr bis ca. 16.00 Uhr Dienst verrichtet. Da manche Tätigkeiten etwas später beginnen bzw. früher enden, kann man ungefähr von einer durchschnittlichen Dienstzeit von 8 Stunden pro Helfer am Veranstaltungstag ausgehen.
Dazu kommen noch einmal viele Stunden ehrenamtliche Tätigkeit beim Auf- und Abbau der Beschilderung und der Einrichtung, Abbau und Reinigung des Startlokals.
Würde jeder Helfer stattdessen 8 Stunden für einen Mindestlohn in Höhe von 12,00 Euro arbeiten, bekommt er 96,00 Euro. Spenden alle 25 Helfer dann ihre 96,00 Euro dem Wanderverein, hätte dieser Spendeneinnahmen in Höhe von 2.400,00 Euro. Einen solchen Gewinn konnten die Wanderfreunde Hatzbachtal noch bei keiner Hatzbachtalwanderung erzielen, selbst nicht in früheren Jahren bei mehr als 800 Teilnehmern.
Warum also dann noch heutzutage eine Volkswanderung ausrichten, wenn nicht mehr als 300 Teilnehmer zu erwarten sind? Weil es nicht darum geht, größtmögliche Gewinne zu erwirtschaften, sondern einen Dienst an der Gemeinschaft zu leisten. Weil es darum geht, seine schöne Heimat Gästen aus nah und fern zu zeigen. Waldbesuche tun gut, die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit sind wissenschaftlich belegt. Mit der Ausrichtung einer Volkswanderung werden die Menschen motiviert in den Wald zu gehen und die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit zu erleben.
Die Wandervereine kennen die schönsten Orte in ihren Wäldern. Sie kennen besondere Bäume, schöne Aussichten, imposante Felsen, idyllische Bäche und Teiche, seltene Pflanzen, geschichtsträchtige Orte, Schauplätze von Sagen und vieles mehr in ihrem heimischen Wald. Die Wandervereine führen bei Volkswandertagen die Gäste an diese sehenswerten Stellen im Wald. Sie versorgend die Wanderer an Pausenstellen mit Getränken und einem Imbiss und stellen Abfallbehälter auf. Die Wanderer müssen nicht selbst ihr Proviant mit in den Wald nehmen. Dadurch wird zurückgelassener Abfall im Wald vermieden.
Die Wandervereine leisten damit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Sie verdienen dafür Dank und Anerkennung. Sie dürfen daher nicht noch für ihre Tätigkeit für die Nutzung des Waldes abkassiert werden.
Die kostenfreie Nutzung des hessischen Staatswaldes durch gemeinnützige Vereine für Wandertage muss daher im Waldgesetz unmissverständlich klargestellt werden.
Erhebung von Nutzungspauschale in Höhe von 297,50 Euro durch Forstamt Kirchhain hätte auch nach aktuellem Recht nicht sein müssen.
Gegenüber der Oberhessischen Presse erklärte der Kirchhainer Forstamtsleiter Bernd Wegener, seine Behörde sei gezwungen gewesen die Zustimmung zur Nutzung des Waldes für die Hatzbachtalwanderung von der Zahlung einer „Nutzungspauschale“ in Höhe von 297,50 Euro abhängig zu machen.
In der Oberhessischen Presse vom 16. Mai 2023 war dazu zu lesen:
„Bernd Wegener, der Forstamtsleiter, sieht für das Forstamt keinerlei Spielräume formal. Als Forstbehörde müsse man die Vorgaben umsetzen und sei zu diesem Vorgehen gezwungen, sagt er gegenüber der OP.
Ab einer Veranstaltungsgröße mit mehr als 200 Teilnehmern im Forst sei ein solcher Vertrag samt der Pauschale für die Nutzung von Flächen und Wegen auch mit Fahrzeugen notwendig. „Alles andere wäre eine politische Entscheidung“, sagt er.“
Dem widersprechen die Wanderfreunde Hatzbachtal.
Es wäre dem Forstamt Kirchhain möglich gewesen aus Kulanz auf die Erhebung von Kosten zu verzichten. Dies ist in § 17 Abs. 1 Hessisches Verwaltungskostengesetz (HVwKostG) ausdrücklich so festgelegt:
§ 17 Billigkeitsregelungen
(1) Die Behörde, welche die Kosten festsetzt, kann diese ermäßigen oder von der Erhebung absehen, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenpflichtigen oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheint.
(2) Das fachlich zuständige Ministerium kann im Benehmen mit dem Ministerium der Finanzen anordnen, dass für bestimmte Arten von Amtshandlungen von der Erhebung von Kosten ganz oder zum Teil abzusehen ist, wenn sie unbillig erscheint oder dem öffentlichen Interesse widerspricht.
Hätte das Forstamt Kirchhain gewollt, hätte es auf die Erhebung der „Nutzungspauschale“ für die Hatzbachtalwanderung ganz verzichten können.
Eine rechtliche Grundlage für die vom Forstamt Kirchhain erhobene „Nutzungspauschale“ gibt es nicht. Der Landesbetrieb wird hier hoheitlich bei der Erteilung von Genehmigungen nach dem Hessischen Waldgesetz (HWaldG) tätig und erhebt dabei Gebühren, die nicht demokratisch legitimiert sind. Das Forstamt wendet hier eine „Geschäftsanweisung Nr.: 04/2016 N 55.7 Sport und Veranstaltungen im Wald“ des Landesbetriebs Hessen-Forst an, für die es keine Rechtsgrundlage gibt.
Wenn der Landesbetrieb Hessen-Forst von Wandervereinen Gebühren oder Kosten erhebt, muss er davon direkt oder indirekt vom Hessischen Landtag dazu ermächtigt worden sein.
Gem. § 1 Abs. 1 Hessisches Verwaltungskostengesetz (HVwKostG) erheben Behörden des Landes für Amtshandlungen, die sie auf Veranlassung Einzelner vornehmen, oder die in einer besonderen Rechtsvorschrift für kostenpflichtig erklärt werden, Kosten (Gebühren und Auslagen) nach Maßgabe dieses Gesetzes. Unterliegt die Amtshandlung der Umsatzsteuer, ist diese zu erheben. Amtshandlungen im Sinne dieses des HVwKostG sind auch Verwaltungstätigkeiten wie Prüfungen und Untersuchungen sowie das Zulassen der Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen. Gem. § 2 Abs. 1 HVwKostG bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung die Höhe der Kosten für die einzelnen Amtshandlungen, für die Kosten zu erheben sind.
Für Amtshandlungen im Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz werden Verwaltungskosten nach der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (VwKostO-MUKLV) vom 8. Dezember 2009 nach dem dort beigefügten Verwaltungskostenverzeichnis erhoben.
Unter Ziffer 421 sind im Verwaltungskostenverzeichnis die Gebühren für „Amtshandlungen nach dem Hessischen Waldgesetz“ aufgeführt. Unter den dort aufgeführten Gebühren findet sich keine Gebühr für die Zustimmung gem. § 15 Abs. 5 HWaldG. Unter der Ziffer 4216 sind die Gebühren für „Anordnungen, Zulassungen und sonstige Genehmigungen nach dem HWaldG“ aufgeführt. Auch unter den dort aufgeführten Gebühren findet sich keine Gebühr für die Zustimmung gem. § 15 Abs. 5 HWaldG.
Dies lässt den Rückschluss zu, dass für Zustimmungen gem. § 15 Abs. 5 HWaldG gar keine Gebühren erhoben werden sollen.
Gem. § 17 Abs. 2 HVwKostG kann nämlich das fachlich zuständige Ministerium im Benehmen mit dem Ministerium der Finanzen anordnen, dass für bestimmte Arten von Amtshandlungen von der Erhebung von Kosten ganz oder zum Teil abzusehen ist, wenn sie unbillig erscheint oder dem öffentlichen Interesse widerspricht. Darüber hinaus kann gem. § 17 Abs.1 HVwKostG die Behörde, welche die Kosten festsetzt, diese ermäßigen oder von der Erhebung absehen, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenpflichtigen oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheint.
Bei Wanderveranstaltungen dürfte im Regelfall von einer Kostenerhebung aus Billigkeitsgründen abzusehen sein.
Wir fordern, dass Wanderveranstaltungen im hessischen Staatswald gemeinnützigen Vereinen unentgeltlich gestattet werden müssen.
Dieser Auffassung war offensichtlich auch der Hessische Minister für Landesentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, als er am 1. August 1991 folgende im Staatsanzeiger für das Land Hessen 35/1991 vom 2. September 1991 auf Seite 2018f. unter Ziffer 788 veröffentlichte Hinweise erteilte:
„Nach § 25 Abs. 1 Hess. Forstgesetz kann jeder den Wald zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr jederzeit, unentgeltlich und ohne Erlaubnis des Waldbesitzers betreten. Das Betretungsrecht umfasst auch Wandern, Waldlauf, Radfahren, Skifahren, Fahren mit Kutschen und Reiten. Radfahren, Fahren mit Kutschen und Reiten ist allerdings nur auf Wegen und Straßen gestattet. Nach § 25 Abs. 3 Hess. Forstgesetz sind bestimmte Flächen wie Pflanzgärten, Verjüngungsflächen, Holzeinschlagsflächen vom Betretungsrecht ausgenommen. Unter den vorgenannten Voraussetzungen kann sich jeder im Wald unentgeltlich und ohne Erlaubnis des Waldbesitzers sportlich betätigen, sofern er den Sport einzeln oder in kleineren Gruppen (z. B. Lauftreffs) ausübt und es sich nicht um eine größere organisierte Sportveranstaltung handelt.
Demgegenüber bedürfen Veranstaltungen von Vereinen und größeren Gruppen, die bestimmte Flächen und Einrichtungen im Wald in Anspruch nehmen, der Erlaubnis des Waldbesitzers:
1. Wander- und Laufveranstaltungen aller Art, Skilangläufe, geführte Skitouren, Radfahrveranstaltungen, Bergturnfeste, örtliche oder regionale Veranstaltungen von Turn-, Reit- und Fahrvereinen u. a.
Im Hinblick auf die besondere gesellschafts- und gesundheitspolitische Bedeutung des Sports, den hohen Freizeitwert derartiger Veranstaltungen und mit Rücksicht auf den i. d. R. gemeinnützigen Charakter der veranstaltenden Vereine bitte ich, die oben genannten Veranstaltungen im Staatswald des Landes unentgeltlich zu gestatten und zu unterstützen.“
Soweit ersichtlich, wurden diese Hinweise niemals aufgehoben und haben nach wie vor Gültigkeit.
Warum setzt sich der Landesbetrieb Hessen-Forst darüber hinweg?