Region: die Erde
Wirtschaft

Gedeihen statt Wachstum

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Bundeskanzlerin Angela Merkel, Enquete Kommission des Deutschen Bundestags "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität", Gipfelteilnehmer beim G20-Treffen 5./6. September in St. Petersburg 2013

35 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

35 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Neuigkeiten

06.08.2014, 01:59

Liebe Unterzeichner und Unterzeichnerinnen,
vor einem Jahr lief die Petition "Gedeihen statt Wachstum" an und endete Anfang Januar diesen Jahres. Daraufhin habe ich ein Anschreiben inkl des 22-seitigen Ausdrucks der Petition an Bundeskanzlerin Angela Merkel und an 4 MdB der Enquete-Komission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" (Vorsitzende Daniela Kolbe, Stellv. Vorsitzender Dr. Matthias Zimmer, Frau Sabine Leidig und Herr Dr. Thomas Gambke) geschickt.

Im März war dann tatsächlich Post vom Bundeskanzleramt eingetroffen! Die Petition hat bei der Hausherrin immerhin soweit Eindruck gemacht, dass Sie eine Antwort veranlasste. Beigefügt war auch der 258-seitige Fortschrittsbericht 2012 zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie (aktuelle Ausgabe).

Ich habe den Bericht analysiert, das Ergebnis können Sier hier einsehen:
www.plaudereckle.de/nachhaltigkeit/politiker/2014-03_wachstum_antw_bundeskanzleramt.htm

Die Bundesregierung (2014: Koalition CDU/CSU/SPD, Kanzlerin A. Merkel) hält am wirtschaftlichen Wachstum als Garant für Lebensqualität und Wohlstand fest und beteuert gleichzeitig, dass Wachstum weder Selbstzweck noch alleiniger Quell für Wohlstand sei. Sie argumentiert im Anschreiben und Fortschrittsbericht sogar soweit, dass wirtschaftliches Wachstum zur Nachhaltigkeit beiträgt, der Begriff Nachhaltigkeit also aufgebohrt wird. Entgegen der in der Petition eingebrachten Argumente hält sie ein nachhaltiges Wachstum für möglich, indem wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit sozialer Verantwortung und der Regenerationsfähigkeit der Erde verknüpft werden.

Sage und schreibe 38 Indikatoren in 21 Gruppen nennt der Fortschrittbericht zur Nachhaltigkeit. Die Bundesregierung (2012: Koalition CDU/CSU/FDP, Kanzlerin A. Merkel) sonnt sich dabei mit 50% (19 von 38 Indikatoren) guten bis sehr guten Bewertungen. Dieses heitere Ergebnis verdankt sie der Erweiterung des Begriffs Nachhaltigkeit über den Umweltgedanken hinaus.
Bei Reduktion der Indikatoren auf den Bereich Umwelt sind nur 5 von 15 gut bis sehr gut. Die große Mehrheit (zwei Drittel) zeigt starke Bewölkung bis Gewitter an. Von den Nicht-Umweltindikatoren geben sogar knapp die Hälfte keinerlei Eintrübung an, alles sonnig. Wenn sogar BIP und andere ökonomischen Kennzahlen zum besonders guten Ergebnis beitragen, stimmt das misstrauisch. Bei den wenigen sonnigen Umweltindikatoren wurden Zielen obendrein auch durch niedrige Erwartungen erreicht (im Klimaschutz und erneuerbare Energien).

Die Bundesregierung setzt auf die Wirtschaft als Schlüsselrolle zum Umbau einer kohlendioxidarmen, ressourceneffizienten Gesellschaft à la "die Wirtschaft wird's schon richten". Sie glaubt an die Entkopplung von Ressourcenverbrauch und Wachstum. Soziale Belange und Umweltschutz würden mit dem Wachstum der Wirtschaft Hand in Hand gehen. Dermaßen an das Gute glaubend, glaubt sie auch, der Wettbewerb würde zu nachhaltigen Produkten und Techniken drängen. Sie glaubt sogar, der Markt würde beim Verlangen nach nachhaltigen Produkten bis in die Tiefen der Produktionskette wirken. Die Wirtschaft würde Chancen durch mehr Nachhaltigkeit erkennen.
Damit sind die Ziele klar: Wettbewerb + Wachstum.
Nach deren Logik tragen Wachstum und Wettbewerb selbst schon zur Nachhaltigkeit bei.
Was aber, wenn die wirtschaftlichen Chancen durch mehr Nachhaltigkeit ausbleiben? Wird Nachhaltigkeit nur so weit gefördert wie Wettbewerbsvorteile + Wachstum nicht gefährdet sind?

Es bleibt das Grundproblem, dass der Nachhaltigkeit nicht aus Vernunft gefolgt wird, sondern nur wenn es wirtschaftliche Vorteile bringt. Dass Wettbewerb auch zerstörend wirkt, Flächenverbrauch und die niedrigen Löhne werden ausgeblendet.

Die Strategien sind ein Widerspruch zur gelebten Wirklichkeit. Die weiter stark anwachsende Nachfrage von Rohstoffen und totale Ausbeutung steht im Raum und die Bundesregierung spricht vom Wachstum ohne steigenden Ressourcenverbrauch. Beim Flächenverbrauch fordert die Bundesregierung Dinge, die ihr beliebtes Wachstum nicht unbedingt fördert. Die Intensivierung in der Landwirtschaft wird gerügt, dagegen wird nichts getan. Im Umfeld der zunehmenden Tierfabriken wächst keine Biodiversität.

Die Strategien sind auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit fixiert. Weil ökologische Vielfalt einen ökonomischen Wert hat, lohnt ein Einsatz für deren Mehrung. Der Umstieg auf erneuerbare Energien soll bloß nicht aus ideellen Gründen und mit Beschneidung der Interessen der Wirtschaft stattfinden.

Was fehlt sind alternative Ansätze wie der Bezug zum Städtebau. Die kleinteilige Innenentwicklung ist oben noch nicht angekommen. Die ökologische bäuerliche Landwirtschaft zur Sicherung der Ernährung hätte ausdrücklich hervorgehoben werden können. Die öffentliche Unterstützung für ein weniger materialistisches Leben wie auch die anderen Ansätze aus der Erläuterung zur Petition waren bei den Strategien nicht zu finden.

Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Böhringer
74397 Pfaffenhofen


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