29.12.2013, 23:36
Die große Koalition ist wie erwartet zustande gekommen. Die SPD folgte dem medialen Ruf "vernünftig" zu sein. Was aus dem unverbindlichen Koalitionsvertrag wird, muss man sehen. Schon meint die Rheinland-Pfälzische Ministerpräsidentin Klöckner (CDU) laut werden und Deutschland vor dem Mindestlohn retten zu müssen. Dabei sind 8,50 Euro erst der Anfang für eine gleichere Gesellschaft. Bis das für alle wirkt, hat die Inflation sowieso was vom Wert relativiert. DIe große Koalation spricht sich auch dafür aus, dass für das Freihandelsabkommen TTIP nicht alles geopfert wird, was über Jahre errungen wurde. Mit TTIP droht Deutschland und Europa die Anarchie wirtschaftlichen Handelns. Die Organisation Campact hält dagegen (siehe dort).
Diese Petition geht in ihre letzte Woche. Vielleicht gewinnen Sie noch ein paar Unterzeichner. Für 2014 wünsche ich Ihnen Wachsamkeit, Kraft und Energie und auch sonst alles Gute,
Matthias Böhringer
Neuer Petitionstext: Diese Petition setzt dem gepredigten Mantra Wachstum und speziell dem Wirtschaftswachstum einen neuen Weg zum Wohlstand entgegen. "Die Fähigkeit zu gedeihen" muss gefördert werden, um dauerhaften Wohlstand zu erreichen. Wird der Mensch befähigt zu gedeihen, ist das Umfeld geeignet zu gedeihen, trägt dies zum Wohlsein des Menschen bei. Dazu braucht es einen gesunden Lebensraum, eine gleiche Gesellschaft, auskömmliche Arbeit, weniger Materialismus, weniger Statuswettbewerb, Teilnahme am öffentlichen Leben und eine von der öffentlichen Hand wahrgenommene Daseinsvorsorge.
Weiteres wird im Detail in der Erläuterung zur Petition (15 (16 Seiten) in www.plaudereckle.de/nachhaltigkeit/openpetition_lang_Wachstum-vs-Gedeihen_2013-10-09.pdf href="http://www.plaudereckle.de/nachhaltigkeit/openpetition_lang_Wachstum-vs-Gedeihen_2013-12-26.pdf" rel="nofollow">www.plaudereckle.de/nachhaltigkeit/openpetition_lang_Wachstum-vs-Gedeihen_2013-12-26.pdf spezifiziert.
"Wohlstand ohne Wachstum" ist die Konsequenz des britischen Ökonomen Tim Jackson bei Betrachtung der Entwicklung, die das ewige Wachstum verantwortet. Im gleichnamigen Buch kommt er zur genannten "Fähigkeit zu gedeihen". Dieses Buch sollte von den Regierenden dieser Welt als Vorlage ihrer Arbeit eingesetzt werden.
Die Staats- und Regierungschefs der G20 kamen am 5./6. September zum Gipfel 2013 in St. Petersburg zusammen. Im Schatten der Syrien-Krise sprachen sie sich nicht nur erneut für Wachstum aus. Wachstum gilt in diesem Kreis derart als Allheilmittel gegen Arbeitslosigkeit und für Wohlstand, dass die Gipfelteilnehmer mit Angela Merkel vorneweg das 2009 in Pittsburgh verabschiedete Rahmenwerk für ein starkes, nachhaltiges und ausgewogenes Wachstum mit weiterem Maßnahmen unterstrichen ("Framework for Strong, Sustainable and Balanced Growth", 2009). Neben dem sicher im Ansatz nicht schlechtem Gedanken zur Konsolidierung der Haushalte stehen übliche marktkonforme Forderungen wie Liberalisierung und mehr Wettbewerb auf der Agenda. Ansätze zum Gedeihen ohne Wachstum kommen erst gar nicht auf die Tagesordnung.
Die Staats- und Regierungschefs der G20 mögen bekennen, dass Wirtschaftswachstum nicht mehr zielführend für Wohlstand ist, sondern Wohlstand über die Fähigkeit zu gedeihen erreicht wird.
Angela Merkel wird nach aller Voraussicht bleibt weiterhin Bundeskanzlerin bleiben - mit welchem Koalitionspartner auch immer, oder in einer Minderheitsregierung. Insbesondere die Bundeskanzlerin. Die SPD ist anfällig dafür, folgte dem medialen Ruf zu folgen, "vernünftig" zu sein und mit der CDU gemeinsame Sache zu machen. In der Postdemokratie gilt als vernünftig, was der Wirtschaft dient. Als industrienahe Partei stünde steht die SPD dem merkelschen Wort "Wachstum" am wenigsten im Weg. Die Fähigkeit zu Gedeihen droht weiter unter die Räder einer starrsinnigen wirtschaftsfreundlichen Politik zu geraten.
Die amtierende und neu gewählte Bundeskanzlerin wird beauftragt, auf die Staats- und Regierungschefs der G20 entsprechend dieser Petition einzuwirken. Das "Framework for Growth" hat in den Hintergrund zu treten.
Wird das Wachstum auch nur ein wenig bedroht, schlägt die Wirtschaft um sich. Mensch und Natur müssen dabei in Deckung gehen. Das Wachstum ist heute die Geißel der sogenannten hochentwickelten, materiell reichen Staaten. Das Wachstum provoziert überdrehte und ausgebeutete Gesellschaften. Auf den Arbeitenden liegt die Last der Anforderung ewigen Wachstums. Das Lebensumfeld wird konsumorientiert und marktkonform manipuliert. Weltweit werden gesunde Lebensräume vernichtet. Es bleibt ein unerfüllbarer Traum, den Ressourcenverbrauch an Land und Rohstoffen vom Wachstum zu entkoppeln. Zur Loslösung vom Wachstum braucht es eine starke staatliche Führung und gemeinsame grundlegende strukturelle Veränderungen. Für dauerhaften Wohlstand muss man den Menschen die Fähigkeit geben, innerhalb von Grenzen zu gedeihen.
Zusammenfassung der Erläuterung:
1 Wachstum regiert totalitär
Wirtschaft schlägt um sich
Reduktion der Raumplanung auf Wettbewerbsinstrument
Beispiele (Elbvertiefung, Fluglärm, Mühlenberger Loch, ECE Shopping-Center, Fracking)
Die Geschichte geht weiter - Freihandelszone EU-USA
2 Mehr Schaden als Wohlstand durch Wachstum
Ungezügelter Freiflächenverbrauch und Zersiedlung
Industrielle Landwirtschaft
Der Wechsel zu erneuerbaren Energien wird ausgebremst
Vernichtung gesunder Lebensräume weltweit
Beschneidung der Volkssouveränität
3 Wachstum ist endlich
Entkopplung vom Ressourcenverbrauch kann nicht gelingen
Aufgeblähtes Finanzsystem
Tribut der Rendite
4 Wohlstand durch die Fähigkeit zu gedeihen
Menschen können Gesetze der „Märkte“ ändern
- erstens - Eine neue Makroökonomie
Veränderungen mit starker staatlicher Führung
Finanzsektor wieder in Dienst der Gesellschaft stellen
Vorfahrt für Entwicklungsländer
Akademischer Wechsel für eine ökologische Makroökonomie
- zweitens - die Gesellschaft denkt neu
Befreiung vom Konsumzwang
- Ökologische bäuerliche Landwirtschaft besiegt den Hunger Neue Begründung: Seit 2010 In der abgelaufenen Legislaturperiode arbeitete die Enquete Kommission des Deutschen Bundestags „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ seit 2010 an neuen Indikatoren zur Messung von Wohlstand. Das BIP als alleiniger Indikator hat sich als ungenügend erwiesen. Andere Werte, wie Gesundheit, Bildung und Umwelt sollen zählen. Die Bundesrepublik Deutschland ist damit auf einem guten Wege zur Änderung des Maßstabs für Wohlstand. Zum Abschluss der Legislaturperiode in 2013 ist die Enquete-Kommission jedoch zu einem komplexen Armaturenbrett zum Ausdruck von Wohlstand gekommen, die Statements der politischen Lager zeigen Uneinigkeit in der Interpretation der Ergebnisse.
Unbeirrt wird weiter am Wachstum festgehalten, ganz gleich ob die Vermehrung von BIP, Macht, Prestige oder universitären Abschlüssen verfolgt wird. Der Nutzen des Wachstums verschiedener Größen für den Wohlstand ist bei Betrachtung von Lebenswirklichkeiten in der Bandbreite zwischen ausgeglichenen Naturvölkern, deutschen Niedriglöhnern und karrieregetriebenen Betriebswirtschaftlern relativierbar.
Tim Jackson hat mit seinem Buch „Wohlstand ohne Wachstum“ die „Fähigkeit zu Gedeihen“ als Maßstab für Wohlstand als dringende Anpassung an eine endliche Welt ins Feld geführt. Die Bundesregierung muss diese Botschaft mit nach Sankt Petersburg nehmen, zu den folgenden G20-Treffen mitnehmen, wo dann dem Wachstum abgeschworen und das Bekenntnis verabschiedet werden soll, den Menschen ein zufriedenes Gedeihen in Grenzen zu ermöglichen.
Zwischen 2008 bis 2010 musste ich erleben, wie auf Feldern vor meiner Heimatstadt Karlsruhe einer Fleischfabrik politisch und behördlich der Weg bereitet wurde. Mit dem Bau wurde ein Wachstumswunsch als öffentliches Interesse durchgesetzt. Ein Paradox angesichts der Tatsache, dass es immer noch auch inhabergeführte Metzgereien gibt, die mit ihren in den Ortschaften integrierten Betrieben nicht wachsen und trotzdem existieren können, sofern die Kundschaft nicht zu den Einkaufsmärkten an den neuen Ortseingängen abwandert.
Die Raumplanung ist zu einem Wettbewerbsinstrument verkommen. Angeblich natürlichen Zwängen folgend werden solche Projekte durchgesetzt. Bei Verfolgung des Rechtswegs mit Einwänden, erhält man den Bescheid „Der Stellungnahme wird nicht gefolgt“. Appelle an die kommunalen und staatlichen Politiker und Entscheidungsträger verhallen ohne Kurswechsel. Auf die Zwänge wird verwiesen.
Man muss also wohl ganz oben ansetzen, die Staats- und Regierungschefs müssen sich verabreden, es braucht gesellschaftlichen, ökonomischen und akademischen Wandel und einen großen Willen zu Änderung am Wachstum.
Weltweit regt sich Widerstand gegen herrschende Prinzipien. Dieser äußert sich z. B. in Treffen wie das 3. Europäische Forum gegen unnütze und aufgezwungene Großprojekte, das vom 25.-29. Juli in Stuttgart stattfand.
www.drittes-europaeisches-forum.de/
Der Petitionstext gründet auf dem Buch vom Ökonom Tim Jackson „Wohlstand ohne Wachstum – Leben und wirtschaften in einer endlichen Welt“
Deutsche Übersetzung herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung
2011 in der 3. Auflage erschienen im oekom Verlag
ISBN 978-3-86581-245-2
Der letzte Abschnitt in der Erläuterung über die Möglichkeiten der ökologischen Landwirtschaft ist inspiriert vom Film "Zukunft pflanzen - Bio für 9 Milliarden"
von Marie-Monique Robin, gezeigt vom Sender Arte in 2012
www.arte.tv/de/zukunft-pflanzen-bio-fuer-9-milliarden/6815836.html