14.08.2023, 18:47
Gestaltungsbeirat der Stadt beurteilt die neue Turmbergbahn mit kritischen Worten
Ein Zankapfel ist die neue Turmbergbahn in Durlach, seit die Pläne bekannt sind.
Die Verlängerung durch die Mitte der 200 Meter langen Bergbahnstraße bis zur B3 am Fuß des Turmbergs mit Begleitzaun, eine Unterführung allein für nicht Motorisierte und der Verzicht auf die Querung an der Straße Am Steinbruch auf halber Strecke: Das sind Elemente der Planung, an denen sich von Beginn an massive Kritik der Projektgegner festmacht.
Die Stellungnahme des Gestaltungsbeirats der Stadt Karlsruhe ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker. Denn darin heißt es explizit:
Die Stadtgestaltung, der Gebietscharakter, Erkenntnisse der Klimaanpassung und nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und Wirtschaftlichkeit blieben bei dem Vorhaben „leider im Wortsinne auf der Strecke“.
Die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) planen laut Gestaltungsbeirat eine „Transformation“ der ältesten noch betriebenen Standseilbahn Deutschlands, entstanden 1888 und umgebaut 1966, zu einem „normgerechten High Tech-Ingenieurbauwerk mit allen Komfort- und Effizienzmerkmalen des digitalen Zeitalters“.
Der Gestaltungsbeirat kritisiert dies grundlegend und gibt die „dringende Empfehlung“, auf die Verlängerung der Turmbergbahn durch die Bergbahnstraße zu verzichten.
Stattdessen fordert er, die bestehende Standseilbahn „im erforderlichen Umfang unter Erhalt möglichst vieler baulicher Komponenten zu modernisieren“. Aus wirtschaftlichen Gründen sei ein automatisierter, fahrerloser Betrieb in dem Fall in Erwägung zu ziehen. Sofern die Verlängerung aber umgesetzt werde, solle die Gleistrasse „auf der gesamten Strecke bodeneben“ und die Bahn weiter mit Personal besetzt sein. So könne auf eine Unterführung verzichtet werden, und alle Straßen- und Wegeverbindungen blieben erhalten.
„Dass vor allem aus technischen Gründen und wegen der Betriebssicherheit Modernisierungen an der historischen Bahn erforderlich sind“, heißt es in der Stellungnahme, „steht außer Frage.“
Stadtgeschichtlich und im Interesse der Nachhaltigkeit sei eine denkmalpflegerisch angelegte ,„minimal-invasive“ Lösung wünschenswert. Immerhin handle es sich bei der Turmbergbahn „um eine ortstypische und tradierte Attraktion der Stadt“.
Ein anderer Punkt sei die Frage einer Verlängerung Richtung Hangfuß zur Anbindung an die Innenstadt. Dies sieht der Gestaltungsbeirat besonders kritisch. Die schon beim Bau der Bahn Ende des 19. Jahrhunderts geplante Freihaltezone für eine eventuelle Verlängerung habe sich „längst zu einem stadtbildprägenden Boulevard mit grüner Mittelzone und reizvoller Bepflanzung entwickelt“. Sie stelle „ein repräsentatives und stadtbildprägendes Distanzstück“ dar zwischen der Endstation der Straßenbahn und der Talstation der Turmbergbahn, urteilt der Beirat. „Stadtgrün und identitätsprägende Baumsolitäre dieser Qualität für ein Verkehrsbauwerk – dazu mit überwiegend touristischer Nutzung – zu opfern“, heißt es in der Stellungnahme, „ist zweifellos aus der Zeit gefallen und nicht nur stadtklimatisch sehr kritisch zu bewerten.“
Erschwerend kämen auf diesem Abschnitt die Konsequenzen aus einem fahrerlosen, automatisierten Betrieb hinzu, mit „äußerst problematischen Begleitmaßnahmen“ und erhöhtem wirtschaftlichem Aufwand.
Erscheine aus Sicht der Stadt Karlsruhe und der VBK die Verlängerung der Bahn unabdingbar, so der Beirat, solle deshalb auf den autonomen Betrieb verzichtet werden. Vor allem den beidseitigen, durchgehenden Zaun am Gleis lehnt der Beirat ab. Er sei eine Barriere für alle, die sich im Quartier außerhalb der Turmbergbahn bewegen. Dadurch würden nicht nur Mobilität und „Erlebnisqualität im Alltag entscheidend verschlechtert“, moniert das Gremium: Das „Sperrbauwerk“ führe die Absicht des barrierefreien Umbaus „ad absurdum“.
Wer in der Mobilität eingeschränkt, mit Kinderwagen oder Fahrrad unterwegs ist, werde zudem „wesentlich individueller und nutzungsfreundlicher“ bei einem Bahnbetrieb mit Fahrer transportiert.
Bei Bahnbetrieb mit Fahrer könne auch auf die Unterführung verzichtet werden, die anstelle der Straßenkreuzung an der heutigen Talstation geplant ist. Für alle Verkehrsteilnehmer gäbe es wie bisher ebenerdige Querungen, ohne dass der Stadtraum zerschnitten werde.
Unterführungen seien für Fußgänger und Radfahrer „die wohl am wenigsten beliebte Querungsmöglichkeit“.
Schließlich sprechen aus Sicht des Gestaltungsbeirats auch die Kosten gegen die geplante Unterführung. Mehraufwand für den Bau der Unterführung und anschließend Unterhalt etwa durch Reinigung und Instandhaltung der Beleuchtung: Das sei unwirtschaftlich und nicht nachhaltig.