17.05.2023, 16:59
Artikel von Ekart Kinkel in der BNN vom 16.05.2023
Bis zum 27. April konnten im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Einwände gegen den geplanten Neubau der Turmbergbahn vorgebracht werden. Und ein Einwand hatte es auf jeden Fall in sich, denn darin wird ein Gutachten zur Wirtschaftlichkeit des Neubaus als bewusste Täuschung kritisiert.
Nach einer genauen Analyse liege die Vermutung nahe, „dass es bei der Erstellung der Untersuchung weniger darum ging, das Vorhaben Änderung der Turmbergbahn nach einheitlichen Kriterien zu bewerten, sondern vielmehr darum, durch entsprechende Anpassung der Berechnungsmodalitäten die Planungsabsicht des Auftraggebers zu berücksichtigen“, schreibt Jürgen Deiters in seiner gutachterlichen Stellungnahme zur Verkehrsnachfrage und Wirtschaftlichkeit des Vorhabens.
Oder anders ausgedrückt: Die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) haben die Öffentlichkeit bewusst in die Irre geführt, um die gewollte Verlängerung der Gleistrasse bis zur B3 wider besseren Wissens durchzuboxen.
Gutachten unterstützt Kritiker der Bergbahn
Mit seiner Stellungnahme unterstützt Deiters nach eigenen Angaben den Verein „Zukunft Turmbergbahn“, der seit dem Beginn der Planungen gegen eine Zerschneidung des Wohngebiets durch zusätzliche Gleise kämpft.
Deiters war bis 2004 als Professor für Wirtschaftsgeografie der Universität Osnabrück tätig und hatte die Forschungsschwerpunkte Mobilität und Verkehr.
Für die Sanierung sollte eine unabhängige Kostenschätzung eingeholt werden.
Jürgen Deiters, Gegner des Vorhabens
Knackpunkt ist für Deiters vor allem die Kosten-Nutzen-Untersuchung des Kölner Planungsbüros Montenius Consult. „Sie weist so viele Mängel auf, dass sie als Nachweis der Förderfähigkeit des Vorhabens unbrauchbar ist“, schreibt Deiters in seinem Gutachten, das der Redaktion vorliegt. Deshalb unterstellt er den Verkehrsbetrieben auch die versuchte Erschleichung von Fördermitteln.
Noch keine Stellungnahme der Karlsruher Verkehrsbetriebe
Keine Stellungnahme zu den Vorwürfen nehmen möchte während des schwebenden Verfahrens Christoph Schrahe. „Wir kennen das Gutachten und haben uns bereits mit der Stadtverwaltung Karlsruhe ausgetauscht“, sagt der Gründer von Montenius Consult.
Seinen Informationen nach seien bereits Mitte Juni Informationsveranstaltungen und Präsentationen des aktuellen Planungsstands im Gemeinderat und im Ortschaftsrat geplant. Bis dahin müssten dann auch die im Gutachten aufgeworfenen Fragen und Vorwürfe beantwortet oder ausgeräumt sein.
Von den Verkehrsbetrieben Karlsruhe gibt es zu den Vorwürfen ebenfalls keine Stellungnahme. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens würden „alle öffentlichen und privaten Einwendungen und Belange sorgsam geprüft und gegeneinander abgewogen“, teilte die VBK-Pressestelle auf Anfrage dieser Redaktion mit.
Kritik an fehlender Kostentransparenz
Kritisiert wird in dem Gutachten auch die mangelnde Kostentransparenz. „Es fällt auf, dass die Kostenschätzungen für die Sanierung der Turmbergbahn, also ihre Wiederherstellung auf der Bestandstrasse und für den geplanten Neubau einschließlich Verlängerung und Unterquerung der Seilbahntrasse relativ nahe beieinander liegen“, schreibt Deiters in seinem Gutachten.
Daraus zieht er folgenden Schluss: Vermutlich wurden die Sanierungskosten mit 14 Millionen Euro zu hoch und die Neubaukosten mit 24,9 Millionen Euro zu niedrig eingeschätzt.
Problematisch sind für den Gutachter dabei zwei Faktoren: Zum einen seien die Schätzungen nicht weiter aufgeschlüsselt, zum anderen gehen sie auf ein Gutachten des Ingenieurbüros Schweiger im Rahmen einer Machbarkeitsstudie für das Projekt Turmbergbahn zurück. Also einem Unternehmen, das auch als Auftragnehmer für den geplanten Neubau im Spiel sei.
Deiters Empfehlung: „Für die Sanierung der Turmbergbahn eine unabhängige Kostenschätzung einholen, am besten von einem Unternehmen, das nicht selbst für die Ausführung des Vorhabens in Betracht kommt.“