12.01.2022, 21:18
Die Arroganz der Macht
Zu den Berichten über die Eröffnung der U-Strab:
Die U-Strab wird also endlich feierlich eröffnet und die Honoratioren klopfen sich erwartungsgemäß gegenseitig auf die Schultern. Aber was gibt es für uns Karlsruher eigentlich zu feiern?
Ein von Anfang an unsinniges Projekt wird mit jahrelanger Bauzeitüberziehung und dreifachen Kosten endlich zu Ende gebracht. Flair und Geschäftsstruktur der Innenstadt, die eigentlich profitieren sollten, sind so zerstört, dass es überhaupt keinen Anlass mehr gibt, mit irgendeinem Verkehrsmittel dorthin zu fahren. Operation mühsam beendet. Patient tot.
Der unsinnige Ansatz, den Verkehr aus der Fläche Baden-Württembergs durch das Nadelöhr der Karlsruher City zu führen, wird mit Milliardenaufwand in Beton gegossen. Das ist, als würde DB-Regio ihren Karlsruher Bahnhof wieder vor dem Karstadt eröffnen. Statt mit kompakten, bequemen und flexiblen Straßenbahnen wie beispielsweise in Prag oder Wien belegt unser Regionalverkehr mit seinen übergroßen Triebzügen und separaten zweispurigen Trassen durch die Stadt genau den Raum, der für flüssigen Verkehr einer wachsenden Stadt notwendig wäre. Und dabei ist gerade der KVV mittlerweile ein Paradebeispiel für hoch subventionierten ÖPNV, den man nutzt, wenn man muss, und meidet, wenn man es sich leisten kann.
Das Projekt U-Strab steht zudem stellvertretend dafür, wie öffentliche Verwaltungen Prestigeprojekte am Bürger vorbeimogeln: Man beginnt mit überoptimistischen Kosten- und Bauzeitschätzungen, führt Alibi-Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung durch und wiederholt Bürgerentscheide so lange, bis es passt. Der Karlsruher Gemeinderat nickt ab, scheinbar ohne zu prüfen, mangels Interesse oder mangels Kompetenz. Dann baut man unter Überziehung aller Kosten- und Zeitrahmen los, bis das Projekt irreversibel ist. Das Ergebnis ist Deutschlands kürzeste U-Bahn und jede Menge Bürger, deren Loyalität zu ihrer Verwaltung für immer gestört bleiben wird. Ich nenne dieses Vorgehen die Arroganz der Macht und kann keinen Unterschied zu unsinnigen Prestigeprojekten autokratischer Regime rund um den Globus erkennen.
Wer jetzt das Muster eins zu eins in den Vorgängen rund um die Verlängerung und Erneuerung der Durlacher Turmbergbahn wieder erkennt, darf nicht überrascht sein. Die Arroganz der Macht und der scheinbar Mächtigen.
BNN Montag, 10.01.2022: Die Arroganz der Macht, Leserbrief von Bernhard Fischer