16.12.2018, 15:22
“Die Angst der Politik vor Altersarmut”, melden die regionalen Zeitungen im Juli 2018. Zur Abwendung des Desasters wurde schnell eine 210.000€ teure Expertenkommission eingesetzt.
Das ist wirklich erschütternd:
Landtagsabgeordnete in S-H hätten 2017 nach dem Versorgungsrecht, das bis 2007 galt, nach 5 Jahren einen Pensionsanspruch von 1.510 € pro Monat gehabt (*).
Aber im Jahr 2007 beschlossen die Landtagsabgeordneten in Schleswig-Holstein ihre staatlichen Pensionen durch Privatvorsorge abzulösen. Nach seitdem geltenden Recht kommen nach 5 Jahren nur noch 384 € monatlich raus (**).
Obwohl für die Abgeordneten jeden Monat 1.829€ – 21.948€ pro Jahr – aus der Staatskasse für private Vorsorge ausgegeben wird, kommt ein so erbärmlicher Betrag zu Stande.
Mit jedem weiteren Jahr Abgeordnetentätigkeit wächst diese Differenz zwischen alter und neuer Versorgungsordnung.
Es folgt ein spätes Erwachen
Dieser Unterschied von über 1.100 € pro Monat bereits nach 5 Jahren löste offenbar blankes Entsetzen bei den Abgeordneten aus. Das Wort Altersarmut erreicht sie plötzlich ganz persönlich. Welchen Selbstbetrug hatten sie da eigentlich im Jahr 2007 beschlossen?
Geraten hatte ihnen das eine hochrangige und teure Sachverständigenkommission. Zur Lösung des dadurch ausgelösten eklatanten Versorgungsproblems soll jetzt wieder eine hochrangige und teure Expertenkommission tätig werden. Herr Schlie hat schon mal 210.000€ in den Haushalt eingebucht.
Die Kommission hat den Arbeitsauftrag “die Alterssicherung muss dauerhaft angemessen und krisenfest sein”… “zu prüfen ist, ob sich ein Wechsel des Alterssicherungssystems empfielt”, dabei ist zu bewerten: “Wie stellt sich das Versorgungssystem im S-H-Landtag im Vergleich zu anderen Parlamenten dar …Einzubeziehen ist die Altersversorgung im Bund und in anderen Ländern … (und) anderer Verfassungsorgane”.
Gemeint sind obere Landes- und Bundesrichter. In 11 von 16 Bundesländern erhalten Abgeordnete noch staatliche Pensionen, ebenso wie die Bundestagsabgeordneten. Einmal darf man raten, wohin die Reise gehen soll
…
Wirklich skandalös und empörend ist dabei:
Bei eigener, direkter Betroffenheit reagiert die Vertretung der Politiker sofort. Ein ähnlicher Skandal ereignete sich ja ein Jahr zuvor in Baden-Württemberg.
Dass 90% ihrer Wähler durch Gesetze in eine ähnliche Situation hineingedrückt wurden, lässt sie kalt.
Das Desaster der jetzigen und zukünftigen Rentner heißt Riester-Rente. Seit 2003 wurde die gesetzliche Rente systematisch gekürzt. Wer nicht in Altersarmut landen wollte sollte privat vorsorgen, der sollte „riestern“. Die Rentenerwartung aus den Riester-Verträgen ist aus vielerlei Gründen noch mieser. Ein Durchschnittsverdiener hat, grob gerechnet, einen Rentenanspruch von ca. 20€ im Monat, wenn er 5 Jahre eingezahlt hat (***).
Der erfolglose und riskante Weg der privaten Vorsorge soll von der übergroßen Mehrzahl in diesem Land sogar noch weiter ausgebaut werden. Noch mehr Steuergelder für die Riester-Förderung. Noch mehr sogenannte Betriebsrente, die aber fast vollständig aus dem Bruttolohn finanziert wird. Immer werden dabei die profitablen Versicherungsgeschäfte gefördert und die gesetzliche Rente weiter geschwächt.
Die sauberste Lösung für alle liegt auf der Hand – eine Expertenkommission kann man sich sparen:
Schluss mit den Sonderversorgungen und der Rosinenpickerei. Alle Erwerbstätigen ohne Ausnahme in eine Versicherung. Auch Politiker, Beamte und Selbständige in eine Erwerbstätigenversicherung
Anhebung der gesetzlichen Rente auf ein Niveau, das den erreichten Lebensstandard sichert. Das sind etwa 75% der im Arbeitsleben erzielten Nettoeinkommen.
Wenn die Rente zu niedrig ist, wird sie aus Steuermitteln zu einer Mindestrente angehoben. Das Maß für die Mindestrente muss die Armutsgefährdungsschwelle sein – derzeit ca. 1.100€.
http://www.seniorenaufstand.de/hilfe-fuer-schleswig-holsteinische-landtagsabgeordnete-in-not/