07.04.2014, 01:00
Am 28. Februar 2014 hat das VG Minden die Entscheidung des Schulleiters der Bonifatius-Grundschule in Paderborn bestätigt, das muslimische Kind Bülent nicht aufzunehmen, weil sich die Eltern mit der Teilnahme am katholischen Religionsunterricht nicht einverstanden erklärt hatten. In der Pressemitteilung schrieb das Gericht: "Die Kläger könnten das individuelle Schulaufnahmeverfahren nicht dazu nutzen, allgemein wirkende schulorganisatorische Maßnahmen zu unterlaufen oder vorwegzunehmen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn für das Kind eine aufnahmebereite Grundschule zur Verfügung stehe. Dies sei der Fall, da ihrem Kind der Schulweg zur nächsten Gemeinschaftsgrundschule zumutbar sei. Der Verweis des Schulleiters auf den Bekenntnischarakter seiner Schule sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil das Verlangen nach Teilnahme am Religionsunterricht nunmehr unterschiedslos gehandhabt werde und der Verlust der Bekenntniseigenschaft nicht offenkundig sei."
Für das Gericht spielt es also keine Rolle, dass es sich um eine öffentliche, 100%ig von allen Steuerzahlern finanzierte Schule handelt, an der ohnehin nur 40% der Kinder dem Schulbekenntnis angehören. Dass der Schulweg für Bülent jetzt 3,3km statt 150m beträgt und er das Haus 40 Minuten früher verlassen muss, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur nächstgelegenen Gemeinschaftsgrundschule zu kommen, hält das Gericht für zumutbar.
Die Eltern haben vor dem Oberverwaltungsgericht gegen das Urteil Berufung eingelegt. Wir erlauben uns, darauf hinzuweisen, dass der Prozess die Familie von Bülent nicht nur viel Zeit und Nerven gekostet hat, sondern auch 2.000 € Gerichts- und Verfahrenskosten entstanden sind. Fast die Hälfte dieser Kosten bekam die Familie durch großzügige Spender ersetzt. Vielleicht finden sich ja für die verbleibenden 1.068€ auch noch Spendenwillige? Dann besuchen Sie bitte diese Spendenplattform: www.betterplace.org/de/projects/14662-prozesskostenunterstutzung-fur-bulents-familie Auch Kleinspenden sind herzlich willkommen.
Der auch durch die Petition entstandene Druck hat sich übrigens unabhängig vom Gerichtsverfahren bereits gelohnt: Die Kirchen haben in der Zwischenzeit Vorschläge für eine Änderungen der Regelungen an Bekenntnisgrundschulen vorgelegt und verhandeln mit den Schulpolitikerinnen der Landtagsfraktionen über eine Senkung des extrem hohen Umwandlungsquorums. Noch ist allerdings nichts entschieden. Aus Sicht der Initiative "Kurze Beine - kurze Wege" wäre es ohnehin sinnvoll, die Verfassung zu ändern, um öffentliche Bekenntnisschulen gänzlich abzuschaffen und in Schulen umzuwandeln, die allen Kindern unabhängig von Glaube und Herkunft offenstehen - ohne eine zum Religionsunterricht verpflichtende Bekenntniserklärung. Vielleicht haben die NRW-Bürger unter Ihnen ja Gelegenheit, Landtagsabgeordnete auf den Sachverhalt anzuschreiben oder im Kommunalwahlkampf anzusprechen.
Herzlichen Dank für die Unterstützung!