09.09.2013, 01:44
Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer!
Am Montag früh endet die Petition, mit der wir erreichen wollten, dass Bülent mit seinen Kindergartenfreunden die Grundschule in seiner Straße besuchen darf. Mittlerweile ist klar, dass unser Anliegen gescheitert ist. Ein Eilentscheid des OVG Nordrhein-Westfalen hatte am Mittwoch bestätigt, dass der Schulleiter Bülent nicht aufnehmen musste. Die Entscheidung in der Hauptsache steht immer noch aus.
Am Donnerstag war der erste Schultag. Bülent wurde von seiner Familie trotz alledem zur Bonifatiusschule gebracht. Sie vertrauten unter anderem aufgrund vorangegangener Gespräche mit dem Schulleiter darauf, dass Bülent mit allen anderen Kindern aus seinem Kindergarten auf der Bonifatiusschule eingeschult werden würde, wenn auch nur vorläufig als Gastschüler. Es kam anders: Der Schulleiter und ein Schulamtsdirektor verwiesen Bülent und seine Eltern nach der Einschulungsfeier des Schulhofes, gerade als Bülent mit seinen neuen Klassenkameraden in die Klasse gehen wollte. Wenn die Eltern damit gerechnet hätten, dass es so kommen würde, hätten sie es Bülent und sich erspart. Die christliche Nächstenliebe ist in Paderborn an einer katholischen Grundschule unter die Räder geraten.
Im Namen von Bülents Familie und der Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ darf ich Ihnen allen für die überwältigende Unterstützung danken. Innerhalb von nur 6 Tagen sind weit über 2.000 Unterschriften zusammengekommen. Hunderte von Kommentaren haben uns und der Familie Mut gemacht. Ganz offensichtlich sind nicht nur wir der Meinung, dass das Handeln der Schulbehörden und die zugrundeliegenden Regelungen nicht mehr in unsere Zeit passen und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Auch für viele unter Ihnen ist es mit christlichen Werten und dem Grundsatz der Religionsfreiheit nicht vereinbar, wenn ein Kind aufgrund seiner Religion von einer öffentlichen, vollständig staatlich finanzierten Grundschule in seinem Stadtviertel ausgegrenzt wird.
Die Petition berührt zwei große Diskussionsthemen, die seit Jahren in Deutschland eine große Rolle spielen. Das Thema Trennung von Kirche und Staat sowie das Thema Integration. Wie stark emotional besetzt diese Themen sind, zeigten uns Beiträge von Unterstützern und Gegnern der Petition auf der Debattenseite der Petition sowie Zuschriften an unsere Initiative. Aus unserer Sicht bleibt Integration ein Lippenbekenntnis, wenn Kinder bereits an staatlichen Schulen aus religiösen Gründen nicht gemeinsam lernen können.
In Fall von Bülent handelte es sich um eine muslimische Familie, die Eltern sind seit Jahren im interreligiösen Dialog in Paderborn engagiert. Wir haben seit 2009 als Initiative aber auch viele evangelische und bekenntnislose Fabians und Claras kennengelernt und unterstützt, deren Eltern dann zum Teil gegen ihre Überzeugung eine Einverständniserklärung unterschrieben, damit ihr Kind die nächstgelegene katholische oder auch evangelische staatliche Grundschule besuchen konnte. Wir lernten Lehrerinnen und Lehrer kennen, die an ihrer Schule keine feste Stelle bekommen konnten, weil sie nicht das richtige Bekenntnis hatten. Wir begleiteten eine evangelische Lehrerin, der nach jahrelanger kommissarischer Leitung einer katholischen Bekenntnisschule die Schulleitungsstelle verweigert wurde. Sie erkrankte nach ihrer Ablehnung und kann bis heute ihren Beruf nicht mehr ausüben.
Wir danken Bülents Familie, dass sie diesen steinigen Weg auf sich genommen hat, um für ihr Recht auf Gleichbehandlung zu streiten. Wir werden die Familie auch weiterhin unterstützen.
In praktisch allen anderen Bundesländern spielt die Religion bei der Aufnahme von Kindern an staatlichen Grundschulen und bei der Besetzung von Lehrer- bzw. Schulleitungsstellen keine Rolle. Politikerinnen und Politiker aller Parteien in NRW haben bisher versagt, eine Gleichbehandlung sicher zu stellen. Diese Gleichbehandlung fordern wir weiterhin ein! Wir suchen das Gespräch mit allen Parteien in NRW und mit anderen politisch engagierten Gruppen und sind überzeugt, dass diese Ungleichbehandlung aus religiösen Gründen überwunden werden wird. Wir sind dankbar für Ihre Unterstützung auf diesem Weg und hoffen, dass Sie uns auch weiterhin begleiten werden.
Bleiben Sie über www.kurzebeinekurzewege.de oder kontakt@kurzebeinekurzewege.de in Kontakt.
p.s.
Bülent am Nachmittag der gescheiterten Einschulung zu seiner Mutter: „Mama, wenn ich groß bin, will ich Schulleiter werden. Dann lasse ich alle Kinder in die Schule.“
p.p.s
Die Eltern von Bülent haben uns ihren Dank an alle Unterzeichner übermittelt:
"Wir danken der Elterninitiative „Kurze Beine - Kurze Wege“, die sich seit Jahren unermüdlich für die gleichberechtigte Bildung aller Kinder in NRW einsetzt. Sodann wollen wir allen Unterzeichnern dieser Petition unseren herzlichen Dank ausdrücken für Ihre menschliche Solidarität und Unterstützung. In einem wirklich sehr schwierigen Moment, in dem wir unsere Hoffnung fast verloren h