16.07.2015, 01:08
Liebe UnterstützerInnen,
zum ersten Mal hat unser Bibliotheken-Thema ein breiteres Medienecho ausgelöst. Der Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) hat zur besten Sendezeit 2:14 wertvolle TV-Minuten investiert, die auflagenstarke "Berliner Morgenpost" und der national sendende Deutschlandfunk berichteten (Link-Liste s.u.).
Das, und die Tatsache, dass nächstes Jahr Wahlen zum Abgeordnetenhaus anstehen, könnten vielleicht Bewegung in die Angelegenheit bringen. Ich bitte, in diesem Zusammenhang auch die Reaktionen der ParteienvertreterInnen auf der Startseite der Petition zu beachten. Man sieht recht deutlich, wer wie auf unserer Seite steht, zum Teil mit erstaunlichen Nuancen!
„Ende August“ werde im Stiftungsrat weiter über die Veränderungen beraten, so Kultur-Abteilungsleiter Dr. Konrad Schmidt-Werthern am Montag – nichtöffentlich: Wir sollten weiter darauf drängen, dass ein öffentliches Hearing zu den Verschlechterungen abgehalten wird. Mails mit dieser Forderung könnte man senden an: konrad.schmidt-werthern@kultur.berlin.de und/oder vorstand@zlb.de, z.Hd. Managementdirektor Volker Heller.
Hier die Links zu den Berichten, außerdem zum bebilderten Blog-Beitrag von openpetition (Danke an Monika Butterweck!).
www.openpetition.de/blog/blog/2015/07/14/petitionsuebergabe-in-berlin/
www.rbb-online.de/abendschau/archiv/20150713_1930/Protest_gegen_einfalt_in_Bibliotheken.html
www.deutschlandfunk.de/berlin-proteste-gegen-zlb-reform.1769.de.html?dram:article_id=325397
www.morgenpost.de/nachrichten/article205470615/20-000-Unterschriften-gegen-externen-Anbieter-an-der-ZLB.html
Was der Zentral- und Landesbibliothek noch droht, ist in den Berliner Bezirksbibliotheken längst Praxis. Frauke Mahrt-Thomsen, früher Leiterin der Kreuzberger „Bona-Peiser-Bibliothek“ und Aktivistin des „Arbeitskreises Kritische Bibliothek“ hielt dazu eine Rede auf dem lauten Rosenthaler Platz, die ich hier dokumentieren möchte:
„Liebe Anwesende, liebe Freunde und Freundinnen einer lebendigen Bibliothekskultur in Berlin:
Das, was jetzt der ZLB blüht, wird schon längst mit den Bezirksbibliotheken gemacht!
Seit beinahe zwanzig Jahren werden die bezirklichen Bibliothekssysteme mit einer strangulierenden Kosten-Leistungs-Rechnung (KLR), viel zu geringen
Mittelzuweisungen und periodischen Personalkürzungen in eine widersinnige Konkurrenzsituation gegeneinander gezwungen und unter existentiellen Druck gesetzt
(seit Anfang der neunziger Jahren wurden 2/3 der öffentlichen Bibliotheken in Berlin geschlossen).
Die KLR verlangt in erster Linie, Ausleih- und Umsatzzahlen zu produzieren, ohne Rücksicht auf die Qualität des Bestandes. Nach den r Jahrtausendwende verschärfte
sich der von Verwaltung und Rechnungshof ausgeübte Druck, den Bestandsaufbau per Standingorder vorzunehmen, durch pauschale Bestellungen bei der EKZ
oder gelegentlich auch bei einer lokalen Buchhandlung.
Seit über zehn Jahren kommt die von der Senatskulturverwaltung ausdrücklich begrüßte Praxis der Bestseller-Abonnements dazu, d.h. die von kommerziellen Interessenten ermittelten Listen der bestverkauften Bücher werden Woche für Woche in 2-3 Exemplaren von einem großen Teil der Bezirksbibliotheken gekauft. Die Spielräume für die FachkollegInnen vor Ort für eigene Kaufentscheidungen betragen schätzungsweise im Durchschnitt nicht mehr als 10%, tendieren stellenweise gegen Null. Es kommt zu einer wachsenden Dominanz der Mainstreamliteratur in den Regalen der Bezirksbibliotheken und aufmerksame LeserInnen berichten mir seit Jahren, dass sie interessante, kritische, historische-politische, anspruchsvolle (Sach-)Literatur immer weniger in ihren Bezirksbibliothek entdecken, wenn es diese Bibliotheken überhaupt noch gibt.
Eine andere negative Auswirkung der KLR sind die bereits seit langem in den Bezirksbibliotheken angewandten Makulierungs-Regeln: jedes 2-3 Jahre nicht ausgeliehene Medium muss ausgesondert werden, der inhaltliche Wert spielt keine Rolle, die Umsatz-Zahlen müssen stimmen. Selbst heimatkundliche Bestände werde von dieser Büchervernichtungs-Regel nicht ausgenommen, es sei denn, es gibt wie im Bezirk Wilmersdorf LeserInnen, die vor Ort massiv gegen eine derartige Praxis aufbegehren
Meinen Beitrag möchte ich mit einigen Worten von Ingeborg Bachmann beenden, aus einer Dankesrede, die sie im Jahre 1959 gehalten hat: "Wie der Schriftsteller die anderen zur Wahrheit zu ermutigen versucht durch Darstellung, so ermutigen ihn die anderen, wenn sie ihm, durch Lob und Tadel zu verstehen geben, dass sie die Wahrheit von ihm fordern und in den Stand kommen wollen, wo ihnen die Augen aufgehen. Die Wahrheit nämlich ist dem Menschen zumutbar." Ingeborg Bachmann äußert sich bewusst zu der gesellschaftspolitischen Verantwortung des Schriftstellers.
Ich möchte ergänzen, auch die Bibliotheksbeschäftigten sind sich oder sollten sich ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung bewusst sein, für die Qualität ihrer Bestände, für die Wahrung des kulturellen Erbes u