31.12.2014, 12:14
Liebe Frau Jacobi, Ihrer Email vom 17.12. ist zu entnehmen, dass Sie die Berichterstattung der taz zu einer geplanten Umstrukturierung der ZLB fehlerhaft finden.
Wir möchten Ihnen in einzelnen Punkten ausführlich auf Ihre Kritik antworten:
1.) Sie schreiben: "Die ZLB erwirbt […] Dienstleister."
Die ZLB hat nach unseren Recherchen 2013 folgende Neuzugänge an Medien gehabt:
Gesamt: 46.146, davon Bücher: 52.425
davon Käufe: 39.339, davon Bücher: 28.414
Pflichtablieferung Berliner Verlage: 21.665, davon Bücher: 17.131
Geschenke: 7.312, Ersatz von Benutzern: 823
Bei der Kritik der "taz" ging es auschließlich um den Kauf von 24.000 Büchern, davon 10.000 Doppelexemplare in den Fachgebieten des sog. „Massen-Geschäfts“ bei der EKZ, die von der ZLB nicht mehr selbst ausgewählt werden sollen. Die richtige Vergleichsgröße können hier also nur die Buchkäufe im letzten Jahr von 28.414 Büchern für alle Fachgebiete sein.
Es ist unserer Meinung nach also nicht zu leugnen, dass der überwiegende Teil der Buchkäufe durch fertige Buchpakete der EKZ aus Reutlingen abgedeckt werden soll: Ohne Berliner Auswahlentscheidung und mit 10.000 Doppelexemplaren. Das wird die Angebotsvielfalt der ZLB stark verringern.
Unseres Erachtens ist es in diesem Zusammenhang nicht korrekt, Käufe mit Medienzugängen ohne Auswahlentscheidung von Lektoren (Pflichtexemplare, Geschenke...) zu vermischen. Oder Bücher mit anderen Medien wie CDs und Filme gleichzusetzen, denn ein fehlendes Philosophiebuch kann nicht durch eine schöne Musik-CD ersetzt werden.
Auch die Fachgebiete des „Massen-Geschäfts“ mit den Spezialbereichen aus dem sogenannten „Special-Interest-Geschäft“ (Senatsbibliothek, Zentrum für Berlin-Studien) mit geringer Benutzerzahl einfach zu addieren, führt in die Irre.
2.) Sie schreiben: "Bei den geplanten Veränderungen geht es vor allem um eine organisatorische Neuorientierung des Medieneinkaufs und der Bearbeitung in der ZLB."
Punkt 1.) hat gezeigt, dass es nicht vorwiegend um eine organisatorischeNeuorientierung von Medien-Einkauf und -Bearbeitung in der ZLB geht, sondern dass das Bibliotheksangebot verändert wird und der Bedarf des Berliner Publikums keine große Rolle mehr spielt für die Auswahl.
3.) Sie schreiben: "Ein möglicher Dienstleister hierfür ist das von Bibliothekaren und Bibliothekarinnen gegründete ekz. Mehr als ein Drittel des ekz ist im öffentlichen Eigentum und eine bundesweite Bibliothekskooperation von mehr als 60 Lektorinnen und Lektoren garantiert eine hohe Qualität bei der Zusammenstellung des Sortiments."
Soweit wir wissen, gehört die EKZ zu zwei Dritteln einem privaten Fonds. und nur zu einem Drittel der öffentlichen Hand. Die 16.000 Titel des Standardangebots werden von der EKZ ausgewählt und nur zwei Drittel davon, nämlich die Sachbücher, werden von Bibliothekaren bewertet. Die Qualität der EKZ-Auswahl wurde von uns gar nicht in Zweifel gezogen. Jedoch ist das gesamte Angebot auf kleine und mittlere Bibliotheken in Städten bis zu 400.000 Einwohnern abgestellt und deutschlandweit standardisiert. Eine Komplettübernahme würde das Angebot der ZLB verflachen. Die hohe Zahl der Doppelexemplare von der EKZ blockiert außerdem den Ankaufetat für die Eigenauswahl durch die ZLB.
4.) Sie schreiben: "Im Rahmen unserer landesbibliothekarischen Aufgaben archivieren wir alle in Berlin erscheinenden Medien. Außerdem sammeln wir alles, was sich um Berlin dreht. Medien, die nicht mehr entliehen werden und Medien, die nicht unter die Archivierungspflicht fallen, werden nach einer gewissen Frist, wie bei allen Öffentlichen Bibliotheken, überprüft und ggf. auch entsorgt. Die spezifischen Kriterien und Fristen, nach denen Medien aussortiert werden, sind je nach Fachgebiet unterschiedlich."
Sie schreiben selbst von "ggf. entsorgt". Die übliche Praxis in öffentlichen Bibliotheken ist nach unseren Recherchen eine Aussonderung nicht ausgeliehener Medien nach spätestens 2 Jahren. Und, soweit wir gehört haben, hat das Gutachten der Strukturkommission, die vom Stiftungsrat der ZLB eingesetzt worden war, genau dies 2010 auch für die ZLB empfohlen.
5.) Sie schreiben: "Ebenfalls besteht kein Zusammenhang mit denNeubauplänen. Auch ein Zusammenhang mit dem Humboldt-Forum besteht nicht."
Sie schreiben selbst, dass die weitgehende Abschaffung der eigenen Fachlektoren folgendes Ziel hat: „Damit soll für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zeit gewonnen werden, um eine Weiterentwicklung und Ausweitung der Services und Dienstleistungen für unsere Besucherinnen und Besucher verwirklichen zu können.“ Die ZLB leidet bekanntlich unter extremer Raumnot. Der einzige Flächenzuwachs wird in der nächsten Zeit mit 4.000 Quadratmetern im Humboldt-Forum entstehen. Wo will die ZLB neue „Services und Dienstleistungen“ anbieten, wenn nicht dort?
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Mit herzlichen Grüßen aus der taz,Nina Apin und Uwe Rada