21.11.2014, 12:11
Nachzügler:
Es gibt im Kreis etliche Gebäude, die, als sie vor Jahrzehnten erbaut wurden, keine Baugenehmigungen haben. Viele Betroffene sollen ihre Häuser nun einfach aufgeben. Die IG „Bürger gegen Behördenwillkür“ kämpft gegen Abrissdrohungen.
www.ksta.de/aus-dem-kreis/-buerger-gegen-behoerdenwillkuer--aerger-auf-der-gruenen-wiese,16363472,26687984.html
Rhein-Berg.
Zusammengesunken sitzt Christa Liedtke auf ihrem Stuhl. „Ich habe noch acht Monate“, sagt die 75-Jährige leise. Wie berichtet, soll sie dann ihr kleines Fachwerkhaus am Breibacher Weg abreißen lassen, weil für das 1939 errichtete Gebäude keine Baugenehmigung vorliegt. „Der Richter hat gesagt, dass ihn die Umstände nicht interessieren“, erzählt sie. Gegen das Abrissurteil des Verwaltungsgerichts hat sie zwar Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt. „Aber ich habe noch keinen Bescheid, dass sie dort angekommen ist“, so Liedtke.
Ihr Fall hat inzwischen weite Kreise gezogen, die Frau erhält Zuspruch und Unterstützung von vielen Menschen. Dabei gibt es etliche Häuser, die die Bauverwaltungen im Rheinisch-Bergischen Kreis abreißen lassen wollen. Fast jeder Fall ist anders gelagert. Rund 15 Mitglieder der Interessengemeinschaft „Bürger gegen Behördenwillkür“ haben sich am Donnerstagabend bei einem Treffen in Kürten eingefunden. Die Gruppe besteht aus rund 40 Familien, Landwirten und Handwerkern. Sie alle haben Immobilien im Außenbereich – und sehen sich in einem Boot mit Christa Liedtke. Außenbereich ist der sperrige Begriff des deutschen Baurechts für alle Gebiete, für die es keinen Bebauungsplan gibt oder die außerhalb von bebauten Ortsteilen liegen. Auf der grünen Wiese eben, wo nach der reinen Lehre eigentlich nur Bauernhöfe zu finden sein dürften.
Hof ist 300 Jahre alt
In der Interessengemeinschaft vergleichen die Mitglieder ihre Fälle und stellen fest, wie unterschiedlich die Verwaltungen agieren. Magret W. (alle Namen der Betroffenen aus der Interessengemeinschaft geändert) zum Beispiel kaufte ein Haus mit Stallungen, früher einmal ein landwirtschaftlicher Betrieb. Da sie dort nun ihren privaten Pferdestall unterhielt, bekam sie prompt die Abrissaufforderung. „Ein Jahr lang hat es gedauert und viel gekostet, jetzt habe ich einen privaten Pferdestall“, erzählt sie.
Probleme mit den Behörden hatte auch Manfred M., Eigentümer eines großelterlichen Hofs. Der stand lange leer, aber als er den Hof vermietete, kam das Ordnungsamt. Für den Hof, so Manfred M., existieren keine Akten. „Das ist auch nicht verwunderlich, der Hof ist 300 Jahre alt und wurde nie baulich verändert“, so der Eigentürmer. Doch weil er keine Baugenehmigung vorweisen konnte, sollte abgerissen werden. Manfred M. klagte. Mit Erfolg. „Es hat vier Jahre und 5000 Euro gekostet.“
Aber es sind nicht nur die Probleme mit den ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäuden, die die Interessengemeinschaft umtreibt. Manchmal sind es nur ein paar Meter, die für teuren Ärger sorgen. Gerd B. hat am Ende eines Wendehammers ein Grundstück, bekommt aber keine Baugenehmigung. „Es ist alles erschlossen, aber das Gelände liegt im Außenbereich“, berichtet er. Ein paar Meter von seinem Grundstück entfernt beginnt ein Baugebiet. Nicht nachvollziehbar sei die Grenzziehung in diesem Bebauungsplan. „Wir sind alle paragrafengeschädigt“, heißt es in der Interessengemeinschaft.
Ohne Aussicht auf Erfolge
Die Interessengemeinschaft klagt über die Rolle der Kommunen. Sie würden nur vollstrecken und nicht hinterfragen. Wie wenig Ermessensspielraum es wohl tatsächlich gibt, erfahren die Kürtener Parteien derzeit. Sie versuchen mit Eingaben zu helfen, bislang ohne Aussicht auf Erfolge. Die Baugesetze werden nicht in den Rathäusern gemacht.