25.11.2016, 18:50
ALSFELD - (red). Vor sechs Wochen gingen sie an die Öffentlichkeit, die Eltern der Brüder-Grimm-Schule wehrten sich gegen Pläne des Kultusministeriums, die - so war überraschend bekannt geworden - vorsahen, die gängige Praxis eines 13. und 14. Schuljahres an Förderschulen abzuschaffen. Sie starteten eine Online-Petition und wandten sich in einem offenen Brief an Kultusminister Prof. Dr. Alexander Lorz, luden ihn gar nach Alsfeld ein, um ihre Kinder und deren Bedürfnisse kennenzulernen. Zu einem Besuch aus Wiesbaden kam es bisher zwar nicht, allerdings gab es jetzt gute Nachrichten aus dem Kultusministerium. In einer persönlichen E-Mail an die betroffenen Eltern heißt es nun: "Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der Grünen für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes sieht vor, die von allen Beteiligten als positiv empfundene Praxis beizubehalten. Ziel dieser Regelung ist eine rechtssichere, kriterienbasierte Verlängerungsmöglichkeit des Schulbesuchs für bis zu fünf Jahre über die Vollzeitschulpflicht hinaus."
De facto bedeutet dies im Einzelfall die Möglichkeit von 13 bis 14 Jahren Beschulung an Förderschulen. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist zwar noch offen, dennoch blickt die Elternschaft diesem zuversichtlich entgegen. Schließlich hat die Maßnahme nicht nur von vielen Menschen Unterstützung erhalten, sondern auch aus den politischen Lagern der Linken und der SPD kam viel Zuspruch. "Wer sollte also dagegen stimmen?", fragen sich die Eltern rund um Schulelternbeiratsvorsitzende Pia Razingar.
Auch viele Verbände schlossen sich dem Begehren der Eltern von Kindern mit geistiger Behinderung nach Bekanntwerden des Anliegens an: "So hat sich beispielsweise der Paritätische Wohlfahrtsverband in Hessen für den Erhalt des 13. und 14. Schuljahres eingesetzt", berichtet Mit-Initiatorin Traudi Schlitt.
Andreas und Kathrin Maus zeichneten verantwortlich für die Online-Petition. Noch etwa zehn Tage bleibt die Petition unter "https://www.openpetition.de/!kinder" online und dort nachzulesen sind viele Kommentare, die den Eltern der Brüder-Grimm-Schule viel Mut und Zuspruch gespendet haben. "Wir sind dabei auf wahnsinnig viel Verständnis gestoßen - ganz gleich, ob von Menschen, die Erfahrungen mit Menschen mit Behinderung haben oder nicht. Allen war unsere Argumentation, dass unseren Kindern bei Bedarf mehr Zeit zum Lernen zugestanden werden muss, schlüssig und klar", freut sich Kathrin Maus. Und dieses Einsehen hatte am Ende wohl auch das Kultusministerium.
Was allerdings bleibt, ist der Eindruck, dass die Belange von Menschen mit Behinderung in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle spielen. "Wir haben zunächst gemerkt, dass sich kaum jemand für dieses Thema interessiert, dass es einfach nicht vorkommt. Wir sind zu wenige und wir haben offenbar auch keine Lobby", klagt Doris Kremer. So waren selbst die verschiedenen Verbände erst durch den Elternprotest auf das Problem aufmerksam geworden.
www.oberhessische-zeitung.de/lokales/alsfeld/alsfeld-positives-signal-aus-dem-wiesbaden-zur-petition-der-brueder-grimm-schule_17472179.htm