01.12.2021, 13:33
2 Wochen noch bis zum Ende des Hörfunktransponders.
2 Wochen noch kompatible Signale, die sich mit sämtlichen HDTV- und SDTV-Receivern nutzen lassen.
2 Wochen noch kompatible Signale, die sich mit sämtlichen UKW-Kopfstellenumsetzern nutzen lassen.
2 Wochen noch Surround, das sich mit jeder Dolby-AC-3-Anlage nutzen lässt.
2 Wochen noch hochwertige Stereoqualität, stabil über Jahre – und weit im transparenten Qualitätsbereich.
Ab 14. Dezember dann…
Selbst zahlreiche HDTV-Receiver schweigen künftig. Die Zugangshürde zum ARD-Hörfunk liegt künftig höher als die Zugangshürde zum HDTV.
UKW-Kopfstellenumsetzer benötigen entweder ein kostenpflichtiges Upgrade auf AAC-Decoding, wobei 2 der 3 mir bislang bekannten Fabrikate 50% ihrer Umsetzungen verlieren und anschließend nur noch aus LC-AAC, nicht aber aus MP2 umsetzen können. Oder sie benötigen einen Vorschalttranscoder – auch so etwas wurde innerhalb kürzester Zeit von einem Anbieter entwickelt. Das ist ein 19“-Server, maßgeschneidert für die UKW-Umsetzer dieses Herstellers und preislich nach allem, was bislang bekannt ist, sehr günstig verglichen zu den Transcodern der Broadcast-Klasse.
Die Audioqualität reduziert sich teils deutlich: es gibt laut Rückmeldungen zahlreiche Geräte, die weit unter dem Potential des gesendeten AAC bleiben, die eigenständig an der Audiodynamik herumregeln, die schlechter klingen sollen als 128 kBit/s MP2 oder 64 kBit/s DAB+. Die Programme mehrerer Anstalten knacken permanent auf zig Fabrikaten. Und die Kulturwellen verlieren Audiobandbreite. Statt bei >20 kHz ist künftig bei 16 oder 17 kHz Schluss.
Surround-Wiedergabe wird Glücksfall – der DVB-Receiver muss das AAC-Surround in 6 Kanäle decodieren und diese entweder via HDMI als PCM weiterleiten oder – so ist es eigentlich vorgesehen – in AC-3 transcodieren (!), um es als Bitstream an die Surroundanlage leiten zu können. Da schon korrektes Stereo-Decoding ein Glücksfall ist, kann man sich ausmalen, wie es bei 5.1 sein wird. Entsprechend finden sich zunehmend Rückmeldungen in den Foren: oft wird nur Stereo weitergegeben, egal was man einstellt. „Einstellt“ ist dann auch wohl das passende Wort: mal sehen, wann die ARD die Produktion von Surround-Sendungen für den Hörfunk einstellen wird, weil es kaum noch genutzt werden kann und weitgehend ins Nichts senden wird.
Immerhin ist es beiden Herstellern von DVB-Kabelradios gelungen, ihre Geräte anzupassen. Beim ersten Hersteller war klar, dass die Hardware dazu leistungsmäßig in der Lage ist – der gleiche Prozessor wird auch in HDTV-Receivern verwendet und diese sind schon lange AAC-tauglich. Da war eher die Frage, wie das Problem der Nachlizensierung gelöst werden wird, denn eine AAC-Stereolizenz kostet beim aktuellen Dollarkurs ca. 85 Eurocent.
Bei Hersteller 2 war es offenbar ein harter Weg, auf dem anfangs nicht klar war, ob er zum Erfolg führen wird. Der Termin der AAC-Umstellung bei der Vodafone wurde verpasst, die Meldung über das für knapp 10 EUR erwerbbare Upgrade kam einige Tage später. Bis dahin wurde den Betroffenen auf Anfrage mitgeteilt, ihr Gerät sei leider untauglich.
Wie erfahren die Betroffenen, dass es ein Upgrade für die DVB-Kabelradios gibt und ihre Geräte zu retten sind?
Hier trennen sich die Wege.
Die erste Gerätefamilie von Hersteller 1 erhält ihr Upgrade im Netz der Vodafone automatisch im Standby. Soweit ersichtlich bleiben Geräte, die an anderen Kabelnetzen betrieben werden, von einem Upgrade ausgeschlossen. Kleine Netze könnten ein Upgrade über das Kabelnetz technisch gar nicht realisieren.
Das neuere Gerät von Hersteller 1 muss kostenpflichtig versorgt werden. Dazu ist ein Upgrade entweder als Datei-Download oder als USB-Stick in einem Webshop zu erwerben.
Für das teurere Gerät des Herstellers 2 gibt es das Update gratis als Download. Für das massenhaft verkaufte einfachere Gerät wird nach jetzigem Stand ein USB-Stick mit einem Upgrade zu erwerben sein.
Es kann davon ausgegangen werden, dass ein erheblicher Prozentsatz der Geräte nie ein Upgrade erhalten wird, da sich diese Geräte in ganz normalen Haushalten bei ganz normalen Menschen befinden, die weder Internet-Dauerpräsenz zeigen (siehe auch die geringe Unterzeichnerzahl dieser Petition trotz mehrerer Millionen Betroffener, es weiß bis heute fast niemand) noch erweiterte Technik-Kenntnisse haben. Das sind Menschen, die einfach mit einem einfachen Gerät Radio hören wollten und wollen. Für diese Menschen ist an dieser Stelle Schluss – dank kaum barrierefrei verfügbarer Informationen. Für die Geräte heißt es: Endstation Elektroschrott.
Warum müssen Menschen, die sich für den ARD-Hörfunk vor maximal 4 Jahren neue Geräte gekauft haben, überhaupt für ein Upgrade zahlen? Sie sind doch nicht schuld daran, dass ohne technische oder finanzielle Notwendigkeit trotz Warnungen auf den inkompatiblen Standard gewechselt wurde.
Und die „vierte Gewalt“ schweigt weiterhin. So geht journalistische Begleitung von „Fail“ im Jahre 2021: ebenfalls „Fail“.