11.04.2019, 20:55
Am 11.2.19 reiste Yolande Fleur nach Deutschland ein. Sie ist die Frau des bundesweit bekannten demokratischen Flüchtlingsaktivisten Alassa M. Beide zusammen flohen sie mit ihrem damals einjährigen Sohn Ende 2014 aus Kamerun. Dort wurden sie von Sicherheitskräften des König des Bamoun-Stammes, der eng mit dem dort herrschenden Regime verbunden ist, verfolgt und mit dem Leben bedroht. Weil Fleur Christin und Alassa Moslem ist, sollten sie kein Paar sein. Sie wurde mehrmals mit dem Messer bedroht und als sie im im 3. Monat schwanger war, angeschossen. Eine Zukunft für die Familie in Kamerun war nicht möglich. Auf der Flucht wurden sie in Lybien voneinander getrennt. Fleur gelang es, auf ein Boot nach Italien zu kommen. Das Boot kenterte. 160 der 185 Passagiere ertranken. Dabei war auch ihr kleiner Sohn Juan Darel. Sie wird gerettet und zurück nach Lybien in ein Gefängnis verfrachtet. Dort sind Misshandlung und sexuelle Gewalt an der Tagesordnung. Als sie sich wehrt, wird sie vom Dach des Gefängnisses gestoßen und bricht sich den Knöchel. Der Bruch wird nicht versorgt. Nach 3 Monaten gelingt ihr gemeinsam mit anderen Frauen der Ausbruch aus dem Gefängnis und die Flucht nach Italien. In Italien kommt sie letztlich in eine Einrichtung, die angeblich für traumatisierte Flüchtlinge da sein soll. Jedoch erfährt sie bis auf die Gabe von Schmerzmitteln keinerlei medizinische Versorgung oder Hilfe. Sie stellt einen Asylantrag, der 2 Jahre nicht bearbeitet wird. Es kommt zu keiner Anhörung oder ähnlichem. Im Februar diesen Jahres hält sie es nicht mehr aus und entscheidet sich zu ihrem Mann nach Deutschland zu gehen. Über 2 Jahre waren sie voneinander getrennt. Am 11.2.19 stellt Fleur Asylantrag in Deutschland. Eindeutig liegt hier eine besondere Schutzbedürftigkeit aufgrund geschlechtsspezifischer Verfolgung vor. Über 3 Termine geht die Anhörung beim BAMF. Fleur legt genau dar warum sie weder zurück nach Kamerun noch nach Italien gehen kann.
Am 9.4.19 nun der Blitzentscheid des BAMF: die Bearbeitung des Asylantrags in Deutschland wird abgelehnt, die Abschiebung angeordnet. Was dann kommt liest sich wie Spott und Hohn. Auf 25 Seiten wird dreist behauptet dass in Italien die Bedingungen für Flüchtlinge völlig in Ordnung wären. So sei es ein zumutbarer Zeitraum über 2 Jahre auf ein Asylverfahren zu warten. Es sei davon auszugehen dass in Italien die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention sicher gestellt sei und es gäbe keine systemischen Mängel, die die Sicherheitsvermutung widerlegen würden. Ein Zugang zum Asylverfahren wie auch zu materieller und medizinischer Versorgung sowie zur juristischer Unterstützung sei gewährleistet.
Frech und mutwillig geht das BAMF, das dem Innenministerium und damit Seehofer untersteht, einfach über die sich verschärfenden Entwicklungen im Asylrecht unter Salvini in Italien und die konkreten Erfahrungen von Fleur, aber auch tausenden anderen Flüchtlingen sowie wachsenden Widerstand dagegen, hinweg. Diese Entscheidung unterstreicht einmal mehr die kaltblütige Rechtsentwicklung der Regierung und ihrer Institutionen. Dazu Adelheid Gruber, Sprecherin des Freundeskreises: „Es ist unverantwortlich, Frauen, die derart traumatisiert sind wie Fleur - durch die Erlebnisse in ihrer Heimat, durch die Flucht selbst, den Tod ihres Kindes und durch die fortgesetzten und systematischen sexuellen Misshandlungen und Gewalterlebnisse im libyschen Gefängnis - keinerlei psychologische Behandlung zukommen zu lassen. Diese Frauen werden an Leib und Seele gebrochen und für ihr Leben geschädigt. Italien ist offenkundig nicht willens, auch nur das mindeste für diese Frauen zu tun. Wie unmenschlich können die Entscheidungen des BAMF eigentlich noch werden? Das ist eines zivilisierten Landes unwürdig!"
Der Freundeskreis Alassa&Friends protestiert gegen diese ungeheuerlich kaltblütige Entscheidung. Er kämpft entschlossen für das Bleiberecht von Alassa und Fleur, für demokratische Rechte und Freiheiten der Flüchtlinge und gegen die weitere Verschärfung der Asylgesetze. Weitere juristische und politische Maßnahmen werden derzeit eingeleitet.