12.08.2011, 13:07
a) Von Jägern und Landwirten wurde in der Diskussion vorgebracht, Dachse verursachten Ernteverluste.
Dachse sind Allesfresser, ernähren sich aber vorwiegend vegetarisch. Deshalb ist es nicht auszuschließen, dass Dachse lokale Ernteverluste durch Fraßschäden verursachen. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass dem Ministerium selbst für lokale Fraßschäden der Nachweis vorliegt, dass diese immer durch Dachse verursacht wurden. Selbst wenn dem so sein sollte, so dürfte der landwirtschaftliche Gesamtschaden auf jeden Fall zu vernachlässigen sein. Aus diesem Grunde hält nach Meinung von Wildtierschutz Deutschland auch eine Abwägung der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die im Grundgesetz verankerten Rechte auf Eigentum einerseits und dem Schutz der Tiere andererseits einer Überprüfung im Hinblick auf eine Verlängerung der Jagdzeit für Dachse nicht stand. Lediglich lokale Ernteverluste, so diese tatsächlich auf den Dachs zurückzuführen sein sollten, sind auch zur Begründung eines "vernünftigen Grundes" zur Tötung eines Tieres gemäß Tierschutzgesetz nicht ausreichend.
b) Als weiteres Argument für die Verlängerung der Jagdzeit auf den Dachs wurde in der Diskussion angeführt, dass Dachse zur Eindämmung der Tollwut-Gefahr bejagt werden müssten.
Dieses Argument ist wissenschaftlich überhaupt nicht haltbar. Sicherlich können Dachse die Tollwut übertragen, doch ist hierfür Voraussetzung, dass sie an der Tollwut erkrankt sind. Wie mittlerweile gemeinhin bekannt sein dürfte, ist die terrestrische Tollwut seit Jahren auf deutschem Gebiet erloschen. Da der letzte Fall der sylvatischen Tollwut im Frühjahr 2006 in Rheinhessen dokumentiert wurde, hat die Weltgesundheitsorganisation WHO der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2008 den Status als kontrolliert frei von terrestrischer Tollwut verliehen. Die nächsten Fälle von sylvatischer Tollwut sind erst weit in Osteuropa zu finden, so dass eine Rückwanderung in den bundesdeutschen Wildtierzyklus in absehbarer Zeit als ausgeschlossen gilt. Möglich wurde diese Tollwutfreiheit allerdings nicht durch die Aktivitäten der Jäger, sondern durch die großflächige Auslage von Impfködern per Flugzeug.
c) Wenn Dachse bereits im Juli erschossen werden, zu einer Zeit in welcher noch Jungtiere gesäugt werden, hat das zur Folge, dass unweigerlich Jungtiere verenden. Das Gleiche gilt für viele Jungtiere, die nur wenig später den Familienverbund verlieren. Durch die Ausweitung der Jagdzeit auf die zur Aufzucht der Jungtiere erforderlichen Zeit untergräbt der vorliegende Entwurf § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes (Schonung von Elterntieren) und verursacht erhebliches Leiden unter den Tieren (Jungtiere kommen bis Anfang April auf die Welt und werden etwa 13 Wochen gesäugt, also bis Anfang Juli / Quelle: Deutscher Jagdschutzverband u.a.).
d) Als ein weiteres Argument zur Verlängerung der Jagdzeit auf den Dachs wurde in der Diskussion die Erhöhung der Dachsbestände angeführt.
Auch diese Aussage ist nicht haltbar, wenn man die Entwicklung der Bestandsgröße an der Anzahl der getöteten Tiere pro Jahr festmacht. Die Dachsstrecke beläuft sich in Hessen seit 9 Jahren im Durchschnitt pro Jahr auf 3.748 getötete Dachse. Die Schwankungen betragen von Jahr zu Jahr lediglich 12 – 15 % nach unten wie nach oben. Eine steigende Tendenz ist nicht ersichtlich. Im Jagdjahr 2009/10 wurden in Hessen etwa 4.000 Dachse geschossen, im Vergleich dazu 40.000 Füchse!
Bedenklich wäre eine willkürliche Verlängerung der Jagdzeit auf den Dachs insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Bürger keinerlei rechtliche Möglichkeiten hat, gegen eine
solche Entscheidung vorzugehen. Der Hessische Landtag hat zuletzt 2009 ein Tierschutz-Verbandsklagerecht abgelehnt.