31.05.2015, 12:52
Stellungnahme des Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung.
Am 3. März 2015 hat das Freiburger Forum dem Landtag von Baden-Württemberg eine Petition für ein Wiedereinreise- und Rückkehrrecht von Frau Ametovic und ihren Kindern übergeben. Frau Ametovic wurde am 20. Januar 2015 nach Serbien abgeschoben. Die Petition hat mittlerweile mehr als 8.000 Unterstützungsunterschriften. Da sich der baden-württembergische Petitionsausschuss nicht zuständig sieht, wurde die Eingabe Ende März an den Petitionsausschuss des Bundestages abgegeben. Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages wird sich vom baden-württembergischen Ministerium eine Stellungnahme zur Abschiebung von Frau Ametovic einholen. Das Freiburger Forum legt dem Petitionsausschuss in Berlin nun ebenfalls eine umfassende Stellungnahme zu Abschiebung und Aufenthalt von Frau Ametovic und ihren Kindern in Niš vor.
Darin wird folgendes festgestellt:
→ Eine Abschiebung von Frau Ametovic und ihren Kindern war insofern nicht rechtens, da eine „Reisefähigkeit“ im Sinne von Transportfähigkeit, nicht die tatsächliche Erkrankung von Frau Ametovic berücksichtigte. Frau Ametovic müsste durch ihre Erkrankungen langfristig in stationäre Behandlung. Dies wurde von ihrem Hausarzt mehrfach und vier Tage vor der Abschiebung erneut bestätigt. Das Attest lag bei der Abschiebung vor. Etwa drei Monate vor der Abschiebung wurde die Erkrankung in einem Freiburger Krankenhaus diagnostiziert, in dem Frau Ametovic stationär behandelt wurde. Eine medizinische Kurzuntersuchung während der Abschiebung beim Flughafen Karlsruhe Baden-Baden, kann nur sehr oberflächlich sein und in keinem Fall langfristige Untersuchungsergebnisse von Kliniken und Hausarzt ersetzen.
→ Sowohl das Innenministerium von Baden-Württemberg, wie auch das Regierungspräsidium Karlsruhe haben zu keinem Zeitpunkt auf der Fachebene direkt über das Sozial- und Jugendamt der Stadt Freiburg Informationen zur familiären Situation abgefragt, obwohl ein ausführlicher Bericht des Jugendhilfswerkes zu Frau Ametovic und ihren Kindern vorlag. „Dass die Kinder und ihre Mutter langfristig Hilfe brauchen, steht auch für den Kommunalen Sozialen Dienst fest. Nur so könne ein Rahmen entstehen, das Wohl der Kinder zu sichern“, so fasst die Badische Zeitung im Oktober 2014 die Stellungnahme der städtischen Pressesprecherin Edith Lamersdorf zusammen. Eine Offenlegung der Kriterien der Einzelfallprüfung im Fall der Abschiebung von Frau Ametovic und ihren sechs Kindern erscheint als absolut notwendig. Die Entscheidung der Einzelfallprüfung ist nicht nachvollziehbar. Nach Meinung des Forums liegt hier ein klarer Verstoß gegen die UN-Kinderrechtsrecht-Konvention vor.
→ Zusagen vom Land Baden-Württemberg, dass Frau Ametovic und ihren Kindern eine Unterkunft, medizinische Versorgung etc. in Serbien zur Verfügung gestellt werden, wurden zu keinem Zeitpunkt erfüllt. Dies bekräftigt Frau Ametovic in einer uns vorliegenden Eidesstattlichen Erklärung. Nicht einmal Geld für die Rückreise und Essen nach Nis war am Tag der Abschiebung vorhanden. Mitarbeitende von NGOs in Nis ( Zenski Prostor, European Roma Rights Centre) bestätigen, dass sowohl Wohungszuweisungen als auch Bargeld-Offerten oder Angebote einer medizinischen Betreuung für ankommende Flüchtlinge in Belgrad nicht üblich sind.
→ Seit der Abschiebung am 20. Januar 2015 hat Frau Ametovic keinerlei soziale Leistungen vom serbischen Staat erhalten. Dies bestätigt Frau Ametovic ebenfalls in der bereits erwähnten Eidesstattlichen Erklärung. Nach letzten Informationen vom 11. Mai 2015 wurden nicht einmal die minimalen Leistungen von etwa 132,-€, das entspricht 62 Cent pro Tag und Person, an Frau Ametovic ausbezahlt. Zuständig dafür ist das Centar za socijalni rad Sveti Sava in Niš. Vier Monate seit der Abschiebung sind vergangen, ohne dass Frau Ametovic und die Kinder eine reale Überlebensmöglichkeit in Niš entwickeln konnten. Ohne die finanzielle Unterstützung aus Freiburg, die nicht auf Dauer sein kann, wäre ein Leben und Überleben unmöglich.
→ Zwischenzeitlich waren verschiedene Delegationen vor Ort in Niš und konnten sich ein Bild über die Lebenssituation von Frau Ametovic und den Kindern machen. Neben Personen vom Jugendhilfswerk Freiburg e.V., war eine Delegation vom Roma-Center Göttingen und Personen vom Freiburger Forum in Niš. Sämtliche Berichte haben die unwürdigen Wohnverhältnisse ohne sanitären Anlagen, ohne direkten Wasseranschluss und Heizung zum Thema. Selbst wenn jedoch Frau Ametovic über trockene Räume verfügen würde, wäre ein (Über)-Leben ohne staatliche bzw. solidarische Hilfe nicht möglich.
→ Der einzige Ausweg um der bedrohlichen Lage zu entkommen, ist eine behördliche Zusage für ein Rückkehrrecht von Frau Ametovic und ihren Kindern. Nur so kann eine weitere Erkrankung von Frau Ametovic verhindert werden. Eine regelmäßige Unterstützung für die entwicklungsverzögerten Kinder wäre ebenfalls wieder gegeben, sowie eine ausreichende Ernährung der