04.02.2016, 15:23
Hier ein interessanter Artikel aus dem vergangenen Jahr der die Situation sehr gut beschreibt.
Unerfüllte Brückenträume
Allgemeine Zeitung Mainz vom 21. Februar 2015
Von Stefanie Widmann
MAINZ. Gerade mal drei Brücken gibt es auf den rund 150 Rheinkilometern zwischen Koblenz und Worms - und die liegen ziemlich dicht beieinander in und um Mainz herum. In Betrieb sind aktuell nur zwei - seit die bereits seit 20 Jahren marode Schiersteiner Brücke ausfiel. Schon bei der monatelangen Sanierung Ende der 90er Jahre mit ewigen Staus war klar, dass dies nur eine vorübergehende Lösung sein konnte. 2003 abgeschlossen wurde dagegen die 15,3 Millionen Euro teure Ertüchtigung und Ausweitung der Weisenauer Brücke auf sechs Fahrspuren. Von 1991 bis 1995 wurde die Theodor-Heuss-Brücke generalsaniert. Alle weiteren Brückenpläne blieben indes Papier.
Papier von Schwarz-Gelb
Noch aus Zeiten von Schwarz-Gelb stammt ein Papier, das im Wirtschaftsministerium unter FDP-Minister Hans-Artur Bauckhage acht Brücken im Flussabschnitt zwischen Mannheim und Linz am Rhein auf ihre Machbarkeit und Rentabilität prüfte. Als Entlastung für das verkehrsreiche Rhein-Main-Gebiet würden nur zwei Brücken taugen: Von Bingen nach Rüdesheim, für die damals ein Verkehrsaufkommen von 9930 Autos pro Tag errechnet wurde, und zwischen Nierstein/Oppenheim nach Trebur, für die 16 000 Autos pro Tag errechnet wurde.
Über eine Brücke in Fließrichtung oberhalb von Bingen nach Rüdesheim wird seit den 60er Jahren politisch diskutiert. Bis zum Zweiten Weltkrieg verband über 30 Jahre lang die am 15. März 1945 zerstörte Hindenburgbrücke den Rheingau mit Rheinhessen. Zum Teil von Vegetation überwucherte Reste der Vorbrücken existieren auf beiden Seiten des Rheins, drei der Basaltpfeiler sind noch im Fluss zu sehen.
BUND lehnt Bau ab
Im vergangenen Mai sprachen sich bei einer 14-tägigen Online-Abstimmung auf www.bingen.de bei der Frage "Sind Sie für eine Rheinquerung zwischen Bingen und Rüdesheim?" 80,7 Prozent der 2 571 Teilnehmer für den Bau einer Rheinbrücke aus. Während der BUND Hessen etwa einen solchen Bau strikt ablehnt, vor allem, weil mit den Rheinauen eines der bedeutendsten Feuchtgebiete internationaler Bedeutung in Deutschland beeinträchtigt würde, kämpft die Initiative Bingen Unternehmen Zukunft (BUZ) vehement dafür.
Nach der rheinland-pfälzischen Kommunalwahl 2004 lehnte die neue Mehrheit aus SPD, Grünen und FWG im Kreistag Mainz-Bingen die weitere Planung eines Brückenbaus ab. Landrat Claus Schick (SPD) ist dagegen ein großer Befürworter einer Rheinquerung zwischen Bingen und Rüdesheim und hatte vor Jahren diese Pläne offensiv angestoßen und vertreten. "Gleichwohl muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Anforderungen, die das europäische Umweltschutzrecht stellt, einem Brückenbau an dieser Stelle leider massiv entgegenstehen", heißt es bei der Kreisverwaltung als Begründung, warum die Brücke schon länger kein Thema mehr ist.
Weniger realistisch denn je ist auch ein weiteres Brückenprojekt, das den Großraum Mainz/Wiesbaden verkehrsmäßig entlasten könnte. Rheinaufwärts sind Nierstein und Kornsand zwar mit einer Fähre verbunden, die Pläne für einen Brückenneubau, wie er am Anfang des neuen Jahrtausends ausführlich diskutiert worden war, scheitertekläglich. Die Bedenken der Politiker gegen das von der Düsseldorfer WGZ-Bank vorgelegte Konzept einer privat betriebenen Mautbrücke zwischen Nierstein und Trebur, die sich nach Berechnungen der Bank innerhalb von 15 Jahren amortisieren sollte, waren zu groß. "Damals haben Bund und Länder nicht mitgespielt", sagt Niersteins Bürgermeister Thomas Günther (CDU). Vor allem aus Hessen sei kaum Unterstützung gekommen, was sich natürlich daraus erklärt, dass zwar viele Rheinhessen nach Frankfurt pendeln, umgekehrt kaum aber jemand. Viele, die täglich nach Darmstadt, Frankfurt oder zu Opel in Rüsselsheim fahren, könnten eine Menge Zeit und Benzin sparen, Experten erwarteten seiner Zeit für die B9 in Nierstein eine Verkehrsentlastung von 40 Prozent. "Eine solche Diskussion ist jedoch nicht zu führen, ohne die Verkehrssituation von B 9 und B 420 einzubeziehen, da eine Brücke nur dann Sinn macht, wenn die Verkehrszuwegung angepasst wird", so ein Sprecher der Kreisverwaltung Mainz-Bingen. Was seit 2000 den Bau einer Brücke zusätzlich erschweren dürfte, sind die Möglichkeiten der Anbindung auf hessischer Seite. Neben einem Sumpfgebiet ist dort inzwischen ein Neubaugebiet entstanden.