14.08.2022, 23:59
PRESSEMITTEILUNG 12-08-2022 – Der Rechtsfall Manfred Genditzki.
Das Landgericht München I (LGM I) stimmt einer Wiederaufnahme
in einem 3. Gerichtsverfahren zu.
Sehr geehrte Petentinnen, sehr geehrte Petenten,
im Mai 2022 fanden die fünf Anhörungstage der Sachverständigen im Wiederaufnahmeantrag
der RA Regina Rick im Rechtsfall Manfred Genditzki statt.
Die Sachverständigen der verteidigenden als auch der anklagenden Seite befanden über
- den Todeszeitpunkt der Verstorbenen über Temperatursimulationen
- die Möglichkeit eines Sturzes in die Badewanne sowie die Sturzlage in der Badewanne
- sowie weitere rechtsmedizinische Details.
Das Landgericht München I (LGM I) ordnet in seiner Probationsentscheidung eine erneute Hauptverhandlung an. Diese ist dann nunmehr die dritte Hauptverhandlung, bei der es nochmals eine umfängliche Beweisaufnahme geben wird, die aber in inhaltlichen Teilen mit der Beweisaufnahme des Probationsverfahren identisch sein wird.
Der neuerlich Angeklagte wird auf Grund nicht vorliegender Fluchtgefahr aus dem Gefängnis entlassen.
Die wesentliche Begründung des LGM I ist …
Der bisherige zeitliche und formale Ablauf in dem Wiederaufnahmeverfahren:
12.06.2019 Antrag auf Wiederaufnahme im Fall Manfred Genditzki an das LGM I.
10.10.2019 Stellungnahme der Staatsanwaltschaft München für das LGM I.
26.11.2019 Entgegnung von RA Regina Rick zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft
München.
02.12.2020 Der Antrag auf Wiederaufnahme im Rechtsfall Manfred Genditzki wird vom LGM I zurückgewiesen.
06.12.2020 Frau RA Regina Rick legt sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung des LGMI beim OLG ein.
Die Begründung der Beschwerde ist ein zeitlich und inhaltlich sehr aufwendiges Vorgehen unter Einbeziehung der Beweisführungen aller Sachverständigen.
23.09.2021 Der Beschwerde von RA Regina Rick am OLG München wird stattgegeben.
Das OLG München verweist auf das LGM I mit der Anordnung,
die neue Beweisführung der RA Regina Rick (nach § 359, 5. der StPO) anzuhören.
17.12.2021 Das LGM I beabsichtigt, sich die neue Beweisaufnahme in einem Probationsverfahren ohne Öffentlichkeit anzuhören, um darüber zu entscheiden, ob ein 3. Gerichtsverfahren beim LGMI Aussicht auf Erfolg hat.
Kommentierung
10.06.2020 „Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung des zuständigen Schwurgerichts war die gründliche Einarbeitung und Befassung mit dem ausführlichen Antrag noch nicht möglich.“
Soweit die Stellungnahme der Pressestelle des OLG München auf Nachfrage zum Stand der Dinge beim LGM I ein Jahr nach Antrag Stellung auf Verfahrenswiederaufnahme*
*Film Screenshot Info Pressestelle OLG in Sachen Rechtsfall Manfred Genditzki im ARD Film „Brisant“ vom 10-06-2020
Das LGM I brauchte dann noch einmal 6 Monate um den Antrag u.a. mit der pauschalen Argumentation der fehlenden Neuheit abzulehnen.
Auf Basis der darauffolgenden Beschwerde von RA Regina Rick verfügte das OLG M, dass sich das LGM I mit den Begründungen für ein Wiederaufnahmeverfahren genauer auseinandersetzen muss, was es offensichtlich – wegen Arbeitsüberlastung – auch in 1 ½ Jahren nicht hat machen können oder wollen.
Wie aber ist die Fähigkeit des LGM I zu beurteilen, ein faires Urteil in einem dritten Gerichtsverfahren zu sprechen, nachdem dieses sich ausdrücklich als zeitlich überlastet dargestellt hat (siehe oben) und daraufhin den Antrag, ohne sich die Beweisführung genauer anzuschauen, pauschal abgelehnt hat, um dann vom OLG M angewiesen zu werden, sich der Sache gewissenhaft anzunehmen?
Und nun fand im Probationsverfahren an fünf Tagen im Mai 2022 eine ausführliche Verhandlung der entlastenden Beweise zu Gunsten des Verurteilten statt und die Sachverständigen beider Seiten waren sich in der Diktion darüber einig, dass der Verurteilte deshalb als Täter nicht in Frage kommen kann.
Ergo: die „Mord“-Verurteilung ist nicht mehr haltbar, da nur ein Unfallgeschehen für den Tod der alten Dame in Frage kommen kann.
Warum spricht das LGM I den Verurteilten vor diesem Hintergrund nicht sofort frei und hebt die Urteile gegen ihn auf?
Was will das LGM I in einem dritten Gerichtsverfahren noch klären, welches wiederum Jahre dauern wird?
Es erscheint nicht unredlich dem LGM I zu unterstellen, dass es im Justizskandal des Rechtsfalls Manfred Genditzki auf Zeit spielen will, um die Angelegenheit – wie bereits bei der verstorbenen Zeugin Christiane Eyssele geschehen – durch die Zeit für sich „zu retten“.
Die Defizite der bayerischen Justiz gerade in Wiederaufnahmefällen sind seit Jahren bekannt und anhand zahlreicher, teilweise skandalös verlaufener Fälle gut dokumentiert.
Dennoch gibt es weder von Seiten des Justizministeriums noch von anderen politisch Verantwortlichen erkennbare Ansätze für Verbesserungen.
Es erscheint dringend erforderlich, dass von der Politik, den Medien und der weiteren Öffentlichkeit entsprechende Reformen angemahnt werden.
Ihnen mit bestem Gruß
Stanislaus Benecke
Manfred Genditzki vor JV LaL, 12-08-22 (Foto Hans Holzhaider)