16.11.2017, 12:20
„Der Rückgang der Zahlen ausländischer Studierender ist drastisch“, so Maimouna Ouattara, Sprecherin des Bundesverbands ausländischer Studierender (BAS). Das Ministerium in Baden-Württemberg prognostiziert einen Rückgang von ausländischen Studierenden von 26%, wobei sich diese Zahlen nur auf Neu- und Ersteinschreibungen beziehen und z.B. Studierende, die von einem grundständigen in einen weiterführenden Studiengang wechseln, nicht berücksichtigen.
Sprach die Ministerin Theresia Bauer 2009 selbst noch davon, dass Bildung das einzige Gut sei, welches das Land zu bieten habe und daher nach besten Kräften gefördert werden müsse [1], so sieht sie jetzt trotz der stark negativen Entwicklung immer noch nicht ein dass die Studiengebühren für ausländische Studierende dieser Aussage diametral entgegen stehen. Ihr Versagen in der Studiengebührenpolitik bleibt frei von Konsequenzen. Oattara versteht das nicht: „Einerseits werden händeringend Fachkräfte gesucht was sich das Land Baden-Württemberg Millionenbeträge kosten lässt. Andererseits werden Fachkräfte aktiv von der Landespolitik abgeschreckt mit solch einer Unwillkommenskultur."
Das Land Baden-Württemberg rechnet nur mit bis zu 14 Millionen EUR Einnahmen aus den Studiengebühren in diesem Semester, wobei diese Zahlen das Versagen schönen sollen: Ausnahmen von den Gebühren und Mehrkosten an den Hochschulen durch zusätzliche Verwaltung und Bürokratieaufbau werden nicht einberechnet, ebensowenig zusätzlicher Beratungsbedarf, Marketing und ähnliches. Tatsächlich müssen die zusätzlichen Verwaltungskosten von den Hochschulen selbst an anderer Stelle eingespart werden. Dafür gibt das Land Millionenbeträge in anderen Kampagnen aus, um fertige Fachkräfte anzulocken, die dringend benötigt werden. [2] „Gerade in den Bereichen, wo besonders viele Ausländer*innen studieren (z.B. der MINT-Bereich), werden statt der Anwerbung über ein Studium andere Wege gefördert, die wesentlich ineffizienter sind“, so Ouattara. [3]
„Hier wird im Bereich der Bildung Arbeit von Hochschulen zerstört, die über Jahre mühsam aufgebaut wurde", kommentiert Kurt Stiegler, Geschäftsführer des Aktionbündnisses gegen Bildungs- und Studiengebühren (ABS), "Besonders fatal ist, dass einige Studiengänge, nun gar keinen Austausch über Studierende aus dem Ausland mehr bieten können.
Dies habe für die betroffenen Kommilitoninnen und Kommilitonen ganz praktisch eine Verschlechterung der Möglichkeiten in der Lehre zur Folge, sie können nicht mehr über individuellen Kontakt vor Ort über den persönlich-deutschen Tellerrand hinausblicken, obwohl dies in der globalisierten Welt in nahezu allen Forschungs- und Arbeitsbereichen immer wichtiger werde. Damit bekämpft das Land Baden-Württemberg aktiv den wissenschaftlichen und kulturellen Austausch an den Hochschulen. Ein solcher Austausch ist gerade momentan wichtig, um rechtspopulistische Ansichten entgegen zu treten. Wir fordern das Land Baden-Württemberg auf, die Campusmaut sofort wieder abzuschaffen!"
Die Einführung ähnlicher Gebühren in Nordrhein-Westfalen ist von Wissenschaftsministerin Pfeiffer-Poensgen zur Debatte gestellt worden. Die fatalen Auswirkungen zeigen, dass hier nicht der verfehlten Bildungspolitik Baden-Württembergs gefolgt werden sollte. Das Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren und der Bundesverband ausländischer Studierender rufen daher zur Teilnahme an der Unterschriftenaktion [5] sowie zur bundesweiten Demonstration gegen Studiengebühren am 21.11.2017 in Düsseldorf auf.
[1] www.gruene-landtag-bw.de/archiv/archiv/presse-archiv-2009/presse-aktuell/theresia-bauer-sofort-gegensteuern.html
[2] www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.studie-it-fachkraeftemangel-im-land-verschaerft-sich-bis-2030.1248d23f-44d4-4adb-b569-4127f639ceed.html
[3] www.fnp.de/ganz-aktuell/schlaglichter/Wenig-Interesse-an-Modellprojekt-fuer-auslaendische-Fachkraefte;art189,2815855
[4] fm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/147-milliarden-euro-mehr-steuern-fuer-baden-wuerttemberg/
[5] www.openpetition.de/petition/online/keine-studiengebuehren-in-nrw