06.04.2019, 16:01
Bettina Kenter-Götte, Schauspielerin, Synchronsprecherin und Autorin des Aufklärungsbuches HEART'S FEAR, hat auch unterzeichnet und per Email diese Zeilen geschickt:
**Sobald du das Land der Agenda 2010 betrittst, die Schreckenskammer namens „Hartz IV“, bist du nicht mehr gleich unter Gleichen; bist du schutzlos, verachtet, entrechtet; stehst außerhalb des Gesetzes; gehörst nicht mehr dazu.**
Anders als andere darfst du deine Arbeit nicht mehr frei wählen; wirst in Maßnahmen und „Arbeitsgelegenheiten“ gezwungen.
Anders als andere darfst du dich nicht mehr frei bewegen, musst eine staatliche Genehmigung einholen, sobald du auch nur für eine Nacht deinen Wohnort verlässt. Anders als die Wohnungen anderer, ist deine nicht mehr geschützt vor dem Eindringen der Armutsverwalter, die deine Schränke durchwühlen. Anders als der Millionär musst du dem Staat das Kindergeld zurückgeben. Und dein Futter holst du, anders als andere, bei der Tafel, am Restetisch der Reichen. „Reste statt Rechte“ – das gilt nun für dich.
Ein Politiker forderte elektronische Fußfesseln für dich; ein anderer, du sollest deine Organe spenden. Viele nennen dich „Schmarotzer“. Wen erschreckte das? Und während selbst dem rechtskräftig verurteilten Schwerverbrecher das Recht auf Nahrung, Wärme, Licht und ärztliche Versorgung zugestanden wird, droht (nicht nur) dir eine mittelalterliche Leibstrafe mit dem euphemistischen Namen „Sanktion“: die Kürzung des grundgesetzlich garantierten Existenzminimums oder auch der komplette Entzug jeder Lebensgrundlage, sogar des Krankenversicherungsschutzes.
Aufstockende Niedrigentlohnte, Jugendliche am Beginn des Erwerbslebens, kurz vor der Rente (nach langem Arbeitsleben) Aussortierte, pflegende Angehörige, KünstlerInnen, LehrerInnen ohne Festanstellung, alleinerziehende Mütter – hier, in der Schreckenskammer der Gesellschaft, leben Millionen unbescholtener Bürger und Bürgerinnen in Angst davor, dass die Verwalter der Martermühle namens "Jobcenter" ihnen keinen Cent lassen für Essen, Licht, Heizung, Verkehr, Versicherungen, Miete, Medikamente. (Und einmal verhängt, bleibt die „Sanktion“ in Kraft bis zum finalen Gerichtsurteil; bis dahin können Jahre vergehen. Was bei Mördern undenkbar wäre, ist bei ALG-II-Beziehenden Alltag.)
Rund 80.000 „Kürzungen“ monatlich. 34.000 „Komplettstreichungen“ in einem Jahr. Staatliche Ersparnis innerhalb von acht Jahren: 1,7 Milliarden Euro. Auch Schwangere werden so bestraft. Auch jungen Müttern wird alles genommen. Wie sie nach der Stromsperre ihrem Baby das Fläschchen warm machen sollen? Tja … wie?
Bettina Kenter-Götte