13.04.2022, 13:56
Liebe Leute,
Man fragt mich, was denn nun mit der Hammer Mühle ist, auch wenn es nur noch um das Grundstück geht. Es tut mir leid, aber ich weiß genau, wann die "Macht der Fakten" zu akzeptieren ist. Ich beobachte das weiterhin, aber was ist überhaupt noch möglich?
Durch zu viel Gegenwind der üblichen Verdächtigen habe ich davon abgesehen, mich weiter politisch zu isolieren und lächerlich zu machen. Das Drama ist beendet, der Vorhang gefallen. Alles kommt, wie es kommen muss. Ob es am politischen Personal liegt? Ich habe mit vielen Akteuren gesprochen, ich hatte nie den EIndruck, sie seien nicht "bemüht".
Nun weiß jeder Arbeitnehmer, der ein Zeugnis mit dem Wort "bemüht" bekommt, was es bedeutet. Nämlich: er hat es nicht geschafft – und leider muss auch ich das Wort auf meine Kappe nehmen: ich habe es auch nicht geschafft. Aber ebenso auch der Investor Hensiek, denn letztlich ist auch er gescheitert.
Zum Sachstand:
Die Lutter-Sanierung (mitsamt der unseligen Rinne) stockt, dauert, bringt erst in Monaten Ergebnisse, die beurteilt werden können. DIe Rinne in der vorderen Ravensberger Straße bringt jetzt schon sämtliche Anwohner "auf die Palme". Sie sehen die Gefahren, die der Pro-Lutter-Verein noch leugnet. Sie fordern einen Zaun, um ihre Kinder zu schützen, den Pro-Lutter und die Planungsfirma Enderle ablehnen. Sie fürchten sich vor einem Starkregen, der ihre Keller zu Schwimmbecken macht.
Meine wunderbare Frau Petra Latzke ist dort bei einer "Begehung" erkannt und angesprochen worden. Es endet in einem Auflauf vieler Leute, die das alles dort nicht akzeptieren wollen. Ich sage dazu nur: die technischen Probleme sind so massiv, dass diese Anlage verwaltungsrechtlich nicht genehmigungsfähig ist.
Noch ist unklar, wie die Fortsetzung dieser Sanierung zw. Teutoburger Str. bis Hammer Mühle gestaltet wird. Und ebenso, ob und wie die Platanen das überleben. Ich hatte im Januar auch ein Gespräch mit dem "Baum-Management" des Umweltbetriebs. Dieses war sehr ernüchternd, wenn nicht schockierend. Denn: nach der technokratischen Logik dieser Firma, die übrigens 2,5 Mio. € pro Jahr für die Stadtfinanzen erwirtschaften muss, hat jeder Baum nur ein bestimmtes Lebensalter. Danach muss er weg, weil er "gefährlich" werden kann.
Das könnte man auch auf uns Menschen übertragen. Jenseits von 55 Jahren werden ja auch wir "gefährlich" für die "Abläufe": Psychische Probleme, Krankheit, Kosten, Abweichung von der "neuen" Meinung" – das kennt man ja. Was bedeutet das? Meine Mutter ist jetzt 95 Jahre alt – fit, schlau, aktiv. Aber natürlich über 40 Jahre eigentlich nur ein Kostenfaktor der Ökonomie. Ihre Sorge um die Enkel, Urenkel – wer will sagen, sie sei genauso unwichtig wie ein Baum von 200 oder 1000 Jahren, der noch Schatten wirft? Ich finde, beide (der alte Baum so wie meine Mutter) sollten nicht von den jungen Technokraten einfach entsorgt werden dürfen. Sie haben das Recht des Alters, der Erinnerung, der Weisheit. Und sie haben auch noch einen "Nutzen".
Dieses Recht der Erinnerung und des Nutzens hatte auch die Hammer Mühle. Aber sie ist uns genommen worden. So wie uns auch viele Bäume genommen werden, um den Profit zu maximieren. Und dabei ist nicht nur ein Investor oder eine Stadtverwaltung schuld. Es geht ums Prinzip. Wer Erinnerungsbauten oder Erinnerungsbäume vernichtet, ist nicht besser als einer, der Bücher verbrennt oder zu alte Menschen einschläfert. Ihm fehlt jeder Respekt.
Ob irgendwann ein Neubau auf dem Grundstück der Hammer Mühle kommen wird, ob es überhaupt wirtschaftlich noch lohnt und trotz Materialmangel und trotz Verpflichtung zu Sozialbau möglich ist – das dürfte fraglich sein. Es ist alles nur traurig. Aber wir alle, die vor der Ruine standen, wir alle wussten, dass es die Beerdigung einer Ur-Ur-Großmutter war.
Das war schrecklich, aber schrecklicher noch sind die Beerdigungen jetzt in der Ukraine. Meine "Texte gegen den Krieg", kühl und nur realistisch sogar gegen die Gewalt der "Verteidigung", könnt ihr auf meinem Facebook-Account lesen. Es gab viele, die auch bei der Hammer Mühle sagten: Wir müssen mehr tun, aggressiver handeln. So denke ich jedoch nicht. Denn: das weiche Wasser bricht den Stein – und noch leben wir in einer Demokratie mit freien NRW-Wahlen im Mai. Noch dürfen wir reden und widersprechen. Dieses Recht sollten wir aber auch wahrnehmen.