11.05.2023, 10:40
Wir müssen aufhören, alles zu moralisieren.
Es steht außer Frage, dass Mitmenschlichkeit, Empathie und Hilfe für die zum Teil schwer traumatisierten Geflüchteten ein normativ wünschenswertes Ziel für alle Seiten darstellt.
Aber dies zum Instrument der politischen Debatte zu machen, um von den eigenen Fehlern der Kommunikation und Integration abzulenken, ist moralisch ebenso verwerflich, wie keine Empathie für Geflüchtete aufzubringen.
Paradox ist dabei, dass sich nun die Bedingungen in der Flüchtlingsunterkunft durch die Kritik an einer Politik des Wegsehens nun endlich erst verbessern könnten. Somit lässt sich die Petition sogar als der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zuträgliche Aktion bewerten. Wie paradox!
Wenn die Fraktion der CDU nahezu alleinig darauf abstellt, dass es sich um Menschen handele und man zwischen Männern und Familien keinen Unterschied mache, dann ist das menschenrechtlich absolut löblich, jedoch bringt es die Diskussion nicht weiter. Wohl aber gibt es einen großen Unterschied in Sachen Akzeptanz und der Möglichkeit, mit den Geflüchteten als Familie und im Ort in Kontakt treten zu können, wenn beispielsweise die Kinder im Falle einer Unterbringung von Familien miteinander spielen und man sich versucht mit Händen und Füßen den Kindern zuschauend zu verständigen. Das ist gelebte Integration!
Liebe Politiker, nun die deutsche Moralkeule zu schwingen, um die Kritiker zu diffamieren wirkt unehrlich.
Was haben Sie denn die ganzen Monate zuvor im Bestehen der Flüchtlingsunterkunft und vor allem vor dieser Diskussion derzeit getan, um das Leben der Geflüchteten in der zusammenpferchenden Unterkunft zu verbessern? Was haben Sie gemeinsam initiiert mit den Asylkreisen? Welche Sensibilität und Empathie den Bewohnern in Bork gegenüber brachten Sie auf als Sie von dem Vorhaben der Bezirksregierung erfuhren? Wie kommunizierten Sie? Und antizipierten Sie die Ängste Ihrer Wähler bei Ihren Entscheidungen?
Alle Ihre, auch gestern vorgetragenen und zum Teil guten Ideen, sind doch eine Reaktion auf unsere Petition. Also bitte diffamieren Sie uns nicht, sondern treten Sie in einen politischen Diskurs ein. Ein Anfang ist gestern ja geschehen.
Ein großes Problem sehe ich darin, dass fortwährend in der Diskussion betont wurde, dass es keine Vorkommnisse gegeben hätte. Sie nähmen die Borker zwar Ernst (das glaubt man Ihnen wirklich), jedoch stellen Sie immer wieder auf eine Polizeistatistik ab, die zeige, dass es sich um subjektive Angstempfindungen der Borker Bürger/innen handele. Sie bezichtigen die Kritiker sogar zum Teil der Hetze. Aber muss man die Borkerinnen insbesondere nicht nun sogar aufrufend dazu animieren, jeden Vorfall zur Anzeige zu bringen, damit Sie Fakten bekommen, um Problemen mit mehr Ehrlichkeit zu begegnen?
Das ist schade, denn dies nimmt die, insbesondere Frauen, die andere Erfahrungen gemacht haben, nicht Ernst. Schauen Sie sich die Kommentare bei Facebook genau an. Von Tierquälereien, Beschmutzungen, Gefährdungen (auch für den Naturraum), Verdrängungen der Kinder von Spielplätzen, Diebstählen und von Respektlosigkeiten, insbesondere gegen Mädchen und Frauen ist hier die Rede. Allesamt mit Klarnamen hinterlegt.
Wer in der derzeitigen Debatte auf kulturstrukturelle Probleme oder gar auf die Endlichkeit von Ressourcen verweist, dem wird sofort ein Mangel an Empathie oder fehlende Moral vorgeworfen. So schürt die Ortspolitik im politischen Diskurs unsägliche Gräben zwischen den daraufhin diffamierten Kaltherzigen und den sich argumentativ unangreifbar machenden Mitfühlenden.
Die einzigen, denen man diese Haltung dementsprechend wirklich abkaufen kann, sind die Ehrenamtlichen, die sich schon immer höchst engagiert für die Geflüchteten einsetzten, im Gegensatz zu vielen Politiker/Innen, die die Menschen in menschenunwürdige Bedingungen drängen, um Kosten zu sparen und dann moralisierend um die Ecke treten. Ich wünschte mir dabei so sehr, dass unsere Kritik nicht geringschätzend für die Menschen ausfiele, die sich mit viel Zeit und Überzeugung für eine gelingende Integration einsetzen. Doch ich bleibe Borker Bürger und halte die Hand nicht vor den Mund. Genauso trete ich kritikfähig anderen Meinungen entgegen, weshalb ich gestern spontan den Ausschuss besuchte. Ich danke den Engagierten zumindest dafür aus tiefstem Herzen und hoffe, dass die Politik endlich erkennt, dass Kritiker nicht per se spalten, sondern eine Politik der Unehrlichkeit und Problemverdrängung.
Am Ende haben die Politiker/innen des Rats scheinbar noch nicht verstanden, dass nicht dieses Thema den Gesamtkontext stellt, sondern ein politisch-strukturell Jahrzehnte vernachlässigter Ort. Deshalb haben wir die Petition, die auch in vielen Geschäften ausliegt, auch für einen Erhalt des Ortscharakters entworfen. Damit Bork endlich mit Respekt behandelt wird!
Es grüß herzlich
Alexander Heiliger