Region: Der Senat von Berlin, Kulturverwaltung
Kultur

Für die Benennung des Platzes vor der Akademie des Jüdischen Museums Berlin nach Moses Mendelssohn

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Der Semat von Berlin, der Regierende Bürgermeister
3.291 Unterstützende

Die Petition wurde vom Petenten zurückgezogen

3.291 Unterstützende

Die Petition wurde vom Petenten zurückgezogen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

28.04.2013, 00:51

Berliner Posse um Quote bei Straßennamen Warum Mendelssohns Frau mit aufs Schild darf

Die Benennung des Platzes vor dem Jüdischen Museum in Berlin scheint zur Posse zu werden. Es geht um die Frauenquote und den größten jüdischen Philosophen Deutschlands - und einen Sturm der Empörung. Von Sophie Albers

Eine Feststellung gleich zu Beginn: Dass es in Berlin bisher weder eine Straße noch einen Platz gegeben hat, der nach Moses Mendelssohn benannt ist, ist ein tragisches Ärgernis. Mendelssohn ist für die jüdische Philosophie das, was Immanuel Kant für die christlich-deutsche ist. Der in Dessau geborene Philosoph gilt als Vordenker der Haskala, der jüdischen Aufklärung, er hat in Berlin gelebt und gewirkt. Gotthold Ephraim Lessing hat ihm mit "Nathan der Weise" ein literarisches Denkmal gesetzt.
Da scheint es nur grundlogisch, den Platz vor dem Jüdischen Museum in Berlin nach Moses Mendelssohn zu benennen. Das Haus, das sich dem Geist der Aufklärung verpflichtet fühlt, das "Höre die Wahrheit, wer sie auch spricht" als Leitspruch an der neuen Akademie stehen hat - vom großen jüdischen Lehrer der Toleranz Maimonides. Gern hätte man den Platz nach ihm benannt, aber Maimonides kam nun mal nicht bis Berlin. Also Moses Mendelssohn. Eine gute Wahl! Aber nun kommt das, was sich anhört wie eine Provinzposse. Allerdings: So einfach ist es nicht.
"Political Correctness-Faschismus"
Die Grünen sind regierungsstärkste Partei im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und haben seit Jahren eine Frauenquote für die Vergabe von Straßen- und Platznamen im Programm stehen. So wurde in der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen, dass der Platz vor dem Jüdischen Museum nicht Moses-Mendelssohn-Platz heißen solle, sondern Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz. Fromet war Mendelssohns Frau.
Ein Jahr hat es gedauert, diese Entscheidung zu fällen, und seit sie bekannt ist, tobt ein Sturm der Häme und Empörung über den Bezirks-Grünen. Die Beschimpfungen reichen von "piefig" und "dogmatisch" bis "Political Correctness-Faschismus". Eine Bürgerpetition gibt es auch. Die hat bisher 2349 Unterzeichner gefunden von benötigten 5000. Allerdings wurde sie erst wenige Tage vor der Entscheidung eingerichtet - und kam zu spät, sagte Fraktionssprecherin Jana Borkampf im Gespräch mit stern.de. Das öffentliche Bewusstsein rege sich häufiger erst, wenn die Beschlüsse schon getroffen sind.
Man habe von Anfang an eng mit dem Jüdischen Museum zusammengearbeitet. Es habe eine Geschichtswerkstatt gegeben. Vier Ausschüsse haben sich mit dem Thema beschäftigt. Aus den anfangs 30 möglichen Namen wurden immer mehr, weil Bürger anfingen, Vorschläge zu machen. Der grünen Bedingung, dass es eine Frau sein müsse, standen Vorstellungen des Museums gegenüber: Kein Holocaust-Opfer, nicht rein-religiös, habe es unter anderem geheißen, sagt Borkamp. Schließlich habe man sich auf Mendelssohn und seine Frau geeinigt. "Ein Kompromiss mit dem alle Beteiligten leben können".
Rudi Dutschke und Silvio Meier
Einen Kompromiss, "der niemanden wirklich glücklich macht", nennt es Börries von Notz, geschäftsführender Direktor der Stiftung Jüdisches Museum. Auch wenn der Ansatz völlig richtig sei. Aber "dogmatische Regelungen führen zu Absurditäten, wenn sie ohne Ausnahmen umgesetzt werden." Zumal bei der Bennung der Rudi-Dutschke- und der Silvio-Meier-Straße eben solche Ausnahme gemacht worden seien.
Das seien andere Verfahren gewesen, halten die Grünen dagegen. Offene Verfahren. Für die Dutschke- und Silvio-Meier-Straße hatten die Anwohner gestimmt, sagt Bettina Jarasch, Vorsitzende des Berliner Landesverbandes der Grünen. So einfach ist es mit dem Lachen über die Provinzposse also nicht.
Seien wir so frei
Und es gibt noch ein Argument, dass die Possigkeit bei genauerem Hinhören reduziert: Bei der Suche nach einem angemessenen Namen sei deutlich geworden, dass auf Grund der patriarchialen Geschichte Deutschlands und Europas eine Frau von der Bedeutung Moses Mendelssohns schwerer zu finden sei, so Jaresch.
Keine Frage: Eine rückwirkende Emanzipation ist nicht möglich. Aber vielleicht geht es hier um etwas ganz anderes, darum, Sichtweisen zu ändern, offen zu sein und Traditionen zu überdenken, eben das, wofür Moses Mendelssohns Name steht. Fromet war ihrem Mann im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine Partnerin auf Augenhöhe. Ganz sicher hat sie, die auch seine Buchhalterin war, ihm den Rücken freigehalten. Also warum eigentlich nicht Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz? Seien wir so frei.


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