Region: Der Senat von Berlin, Kulturverwaltung
Kultur

Für die Benennung des Platzes vor der Akademie des Jüdischen Museums Berlin nach Moses Mendelssohn

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Der Semat von Berlin, der Regierende Bürgermeister
3.291 Unterstützende

Die Petition wurde vom Petenten zurückgezogen

3.291 Unterstützende

Die Petition wurde vom Petenten zurückgezogen

  1. Gestartet 2013
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

27.04.2013, 23:51

Hauptstadtkolumne

Stadtluft macht frei
Autor: Klaus Sterzenbach

Immer diese Männer. Werden auf jedes Straßenschild gehoben. Nur weil sie Schlachten schlagen lassen und Automobile erfinden. Oder Verse machen und Reime. Andere sitzen am Flügel und komponieren. Egal, was sie machen, sie werden berühmt. Weil sie Männer sind. Oder?

Wer jetzt noch in der Thomas-Mann-Straße wohnt, der könnte schon bald eine neue Adresse haben. Und wenn in 100 Jahren der Berliner Großflughafen eröffnet, wird er Rut-und-Brigitte-Seebacher-und-Willy-Brandt-Flughafen-Berlin-Brandenburg heißen. Befürchtet zumindest der Historiker Götz Aly. Schuld sind die Grünen.

Stadtluft macht frei, hieß ein Rechtsgrundsatz im Mittelalter. So konnte man dem Schicksal entgehen, sein Dasein als Leibeigener eines Fürsten zu verbringen. Wir sind dann mal so frei, sagten sich SPD und Grüne in Berlin-Kreuzberg, und sind ab sofort so intelligent, wie wir sein wollen. Und benennen Straßen und Plätze nur noch nach Frauen. Bis es endlich und politisch korrekt fifty-fifty steht im Adressverzeichnis. Die SPD hat es wie immer nicht ganz so gemeint, wie es gesagt wurde, aber die Grünen machen "Ernst". Falls man das noch sagen darf. Und außerdem, da gibt es doch seit Kurzem die Rudi-Dutschke-Straße. Das kann man aber als Ausnahme durchgehen lassen, schließlich musste dadurch ausgerechnet die Springer-Presse neue Visitenkarten für sich drucken lassen. Das ist die späte Rache der 68er und hat sogar einen gewissen Charme.

Um das Gesicht zu wahren, hat man nun im Bezirksparlament Friedrichshain-Kreuzberg keine neue Ausnahme von der neuen Regel gemacht, sondern einen faulen Kompromiss. Der Platz vor dem Jüdischen Museum wird "Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz" heißen, das steht fest seit Mittwochabend. Es müssen dramatische Stunden gewesen, bis es schließlich so beschlossen wurde. Nochmals beraten und bedenken, Rückendeckung holen von den Freunden, nicht dass einem noch ein Strick daraus gedreht wird bei der nächsten Listenaufstellung. Es war bestimmt der aufwühlendste Moment in der politischen Karriere von Jana Borkamp, der Fraktionssprecherin der Grünen. Sie stand tapfer in der Schlacht und trug das Banner der Emanzipation. Doch dann strauchelte sie und aus wars mit dem Frauentraum, genauso ging es der Alternative "Eheleute-Mendelssohn". Nicht als Prinzipienreiterin wolle sie dastehen, hieß es. Was nur die halbe Wahrheit ist. Der Vorwurf wurde zwar niemals öffentlich gemacht, aber er stand gefährlich im Raum. Denn Moses Mendelssohn war nicht nur ein Mann und eine Symbolfigur der Aufklärung. Er war auch Jude. Ein Teil der deutschen Geschichte, auf den man stolz sein kann und fraglos ideal für den namenlosen Platz vor dem speziellen Museum. "Nach Wahrheit forschen, Schönheit lieben, Gutes wollen, das Beste tun - das ist die Bestimmung des Menschen", daran glaubte Mendelssohn.

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Sagte man gerne, als die Homo-Ehe noch kein Thema war. Leider weiß man nicht viel über Fromet Gugenheim, die dem Philosophen-Gatten zehn Kinder schenkte. Es kann sogar sein, dass wegen der Namensgebung ein Forscher in die staubigen Archive dringt, um Licht ins Dunkel ihrer Existenz zu bringen. "Wer baute das siebentorige Theben?", fragt Brecht in einem Gedicht. Und "Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?". Blöd nur, wenn man die richtigen Fragen zum falschen Thema stellt.


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