13.05.2019, 18:38
Nicht jeder schafft es, bis zum Rentenalter zu arbeiten. Wer vorher seinen Beruf aufgeben muss, weil die Gesundheit nicht mehr mitmacht, trägt in Deutschland ein hohes Armutsrisiko: Die Betroffenen rutschen in vielen Fällen unter das Existenzminimum und müssen von Grundsicherung leben.
Über 1,8 Millionen Menschen erhalten eine Erwerbsminderungsrente. Die durchschnittliche volle Erwerbsminderungsrente beträgt gerade einmal rund 790 Euro. Daher ist es nicht verwunderlich, dass jeder vierte Erwerbsminderungsrentner auf Grundsicherung angewiesen ist.
Die Zahl der Erwerbsminderungsfälle ist in den letzten Jahren immer mehr gestiegen. Ein Grund für den Anstieg ist unter anderem die Zunahme der psychischen Belastung in der Arbeitswelt. Von psychischen Belastungen berichten vor allem Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Gastgewerbe.
Tritt die Erwerbsminderung vor der für die betreffende Person geltenden Regelaltersgrenze auf, wird die Rente gekürzt. Für jeden Monat, der vor der Regelaltersgrenze liegt, entsteht ein Abschlag von 0,3 Prozent. Der maximal erreichbare Abschlag beträgt 10,8 Prozent. Im Jahr 2019 entsteht ein Abschlag auf die Rente, wenn die Erwerbsminderung vor Erreichen der Altersgrenze von 64 Jahren und zwei Monaten auftritt. Ab 2024 wird die Grenze bei 65 Jahren liegen. Die erhaltenen Abschläge bestehen nicht nur bei der Erwerbsminderungsrente, sondern sie werden auf die später erhaltene Altersrente übertragen.
Erwerbsminderung: Ungerechte Abschläge
Wir als VdK sagen, dass diese Abschläge ungerecht sind und nicht dem System der Rentenversicherung entsprechen. Denn: Schicksalsbedingte vorzeitige Rentenbezieher werden mit Personen gleichgestellt, die freiwillig früher Rente beziehen und deshalb Abschläge in Kauf nehmen müssen. Es wird somit kein Unterschied gemacht, ob jemand aus freien Stücken oder krankheitsbedingt früher in Rente geht.
Damit möglichst wenig Menschen erwerbsgemindert werden, muss unsere Arbeitsgesellschaft so umgestaltet werden, dass Menschen auch bis 67 arbeiten können. Viele, die in ihren Berufen körperlich hart arbeiten und oft chronische Gesundheitsschäden davontragen, schaffen es nicht mehr bis zur Regelaltersgrenze, die schrittweise erhöht wurde. Immer mehr Menschen werden aufgrund von psychischen Erkrankungen erwerbsunfähig. Befristete Arbeitsplätze und immer mehr Arbeitsverdichtung machen krank. Um Erwerbsunfähigkeit zu verhindern, brauchen wir gute und sichere Arbeitsplätze.
Aber auch für Menschen, die erkrankt sind, kann noch viel getan werden. Medizinische Rehabilitation oder eine Umschulung können Erwerbsunfähigkeit verhindern. Die Rentenversicherung muss mehr in Rehabilitation investieren.
Wir als Sozialverband VdK fordern
Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, brauchen eine verlässliche, auskömmliche Absicherung. Daher fordern wir die Abschaffung der ungerechten Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten. Von Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sollen außerdem nicht nur neue, sondern auch bereits bestehende Erwerbsminderungsrenten profitieren. Damit zukünftig weniger Menschen auf eine Erwerbsminderungsrente angewiesen sind, fordert der VdK bessere Arbeitsbedingungen und mehr Rehabilitation.
www.vdk.de/deutschland/pages/kampagne/76985/hintergrund_erwerbsminderungsrente
Unsere rentenpolitischen Forderungen:
Alle Erwerbstätigen müssen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, auch Beamte, Selbstständige und Politiker.
Alle Generationen, Alt und Jung, müssen sich auf eine gute Absicherung durch die gesetzliche Rente verlassen können.
Große Vermögen und hohe Einkommen müssen so besteuert werden, dass ein sozialer Ausgleich ermöglicht und Altersarmut verhindert wird.
Arbeit und Lebensleistung müssen belohnt werden. Wer jahrzehntelang auch aus kleinen Einkommen Beiträge bezahlt hat, muss auf eine ausreichende gesetzliche Rente im Alter vertrauen können.
Damit Krankheit nicht arm macht, müssen die Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente komplett gestrichen werden.