17.09.2024, 21:27
17.9.2024 Offener Brief
Betreff: Eine konkrete Strategie für den Frieden in der Ukraine
Sehr geehrter Herr Botschafter Makeiev!
Im Interesse der Ukraine (Europa und der Welt) möchte ich versuchen, ein grundlegendes Missverständnis während der Diskussion gestern Abend (16.9., Staatsbibliothek) zu korrigieren, das auf einer falschen Darstellung der Petition „Eine Europäische Sicherheitskonferenz zur Beendung des Ukraine-Kriegs und der Atomkriegsgefahr!“ ( www.openpetition.de/!peaceforUkraine ) meinerseits beruhte, und/oder auf einer vielleicht auch etwas 'absichtlichen' Fehlauslegung von Ihnen und dem Publikum.
Sie haben meinen Versuch, eine konkrete Doppelstrategie zum Abzug der russischen Armee aus der Ukraine vorzuschlagen – und zwar durch klare militärische Stärke UND gleichzeitig ein akzeptables (!), konkretes (!) Verhandlungsangebot, d.h. eine Lösung in beiderseitigem Interesse –, dadurch abgetan, dass Sie
a) eine für 'Dummköpfe' geeignete Analogie zum Krieg und zum Ausweg der Ukraine angeboten haben, um die Suche der Ukraine nach „Gerechtigkeit“ zu verdeutlichen („Meine Tochter wurde von jemandem vergewaltigt ... Würde ich ihn einfach gehen lassen?“ ),
b) dass Sie meinen Vorschlag in die Kategorie „Appeasement“- Politik gegen Diktatoren eingeordnet haben – (wie fatalerweise gegenüber Hitler praktiziert),
c) dass Sie meinen Versuch in die Nähe derjenigen von AfD und BSW gestellt haben (der einzige Unterschied, den Sie eingeräumt haben, sei mein zumindest konkreter Vorschlag für ein Verhandlungsangebot gewesen).
Dieser Ansatz sicherte den Beifall des Auditoriums, konzentrierte sich jedoch nicht auf den praktischen, möglicherweise hilfreichen Wert des Vorschlags. Lassen Sie mich also versuchen, das Zweite zu tun.
Erstens: Seien Sie versichert: Ich bin keineswegs für „Appeasement“ und habe keinerlei Sympathien für AfD und BSW!
Zweitens: Ihr Vergleich hatte einen grundlegenden Fehler: Einen Vergewaltiger daran zu hindern, einfach mein Haus ungestraft zu verlassen, würde nicht darin enden, dass meine Familie, die ganze Stadt und möglicherweise der Rest der Welt durch eine verzweifelte Tat des skrupellosen Vergewaltigers mittels Atombomben in die Luft gejagd würden... Angesichts einer solchen Gefahr würde ich ihn gehen lassen – denn „Gerechtigkeit“ nützt nichts für Tote – und versuchen, ihn irgendwie später vor Gericht zu bringen...
Um also die Vorschläge der Petition konstruktiver anzugehen, möchte ich Sie bitten, die differenzierte Argumentation der Petition (in fünf Sprachen verfügbar) zu lesen und dabei drei Dinge im Hinterkopf zu behalten:
1. Eine Ratte, deren Zähne Atombomben sind, in die Enge zu treiben, ist keine vernünftige Idee, denn jeder weiß: Eine ernsthaft bedrohte Ratte wird – aus Verzweiflung, ohne jede Rationalität – springen und beißen, selbst einen sehr viel stärkeren Gegner (Die Putin-Bande kann nicht einfach leise von der Bühne verschwinden und in einem sicheren Hafen verschwinden; ebenso wenig würde der russische Nationalstolz die Demütigung einer klaren Niederlage ertragen! Die Russen würden sich wahrscheinlich noch stärker mit ihrem „großen Führer“ identifizieren, verzweifelte Maßnahmen befürworten und „mit Stolz“ untergehen – wie seinerzeit die Hitler-Clique...).
2. Entscheidende Politiker (amerikanische Demokraten, deutsche Sozialdemokraten usw.) sind sich dieses Risikos bewusst und werden, da sie auch um die Ängste ihrer Wähler wissen, nicht zulassen, dass die Ukraine Russland entscheidend besiegt. Das Ergebnis wird höchstwahrscheinlich sein, dass die Ukraine langsam verblutet (in einem langen Zermürbungskrieg), während ein viel größeres Russland (mit China und den anderen BRICS-Staaten als Verbündeten) überleben wird – wenn auch erheblich geschwächt, und das ist das erklärte Ziel einiger einflussreicher Strategen (nicht zuletzt in den USA)... Hinzu kommt eine wachsende Müdigkeit in der Öffentlichkeit angesichts eines so langwierigen Krieges, sogar unter den (jungen) Ukrainern selbst (!), nicht nur bei den gefährlich wachsenden rechts- und linksradikalen Bewegungen in Europa, die für eine freundliche Haltung gegenüber Russlands Mafia-Regime und seinen billigen Rohstoffen sind...
3. Der Vorschlag, Russland eine für beide Seiten vorteilhafte „Sicherheitszone“ und eine Plebiszit-Lösung für die besetzten Gebiete der Ukraine anzubieten (nach einer angemessen langen Zwischenzeit und unter internationaler Überwachung, verbunden mit beruhigenden Schutzrechten für die dortige russische Bevölkerung), bedeutet KEINE territorialen Zugeständnisse an einen Aggressor (KEINE „Beschwichtigungspolitik“ wie 1938 ff.!) und würde nicht ausschließen, dass die NATO ein effektiver Garantiegeber sein könnte (mit oder ohne Mitgliedschaft der Ukraine)!
(Es folgt Teil 2 wegen Datenbegrenzung hier... Oder s. angehängtes PDF)