Zu guter Letzt möchte ich Sie bitten, Ihre Vision eines Kriegsendes zu erläutern. Glauben Sie wirklich, dass es möglich ist, Russland militärisch zu besiegen und zu demütigen („Position der Stärke“), bevor man in Verhandlungen eintritt, und von Russland dann zu verlangen, internationaler Gerechtigkeit (Wiedergutmachung und mehr...) zuzustimmen? Und was ist Ihre konkrete Vorstellung von einem Verhandlungsziel, dem Russland möglicherweise zustimmen könnte? Es ist allzu leicht, von einem Sieg und abschließenden „Verhandlungen“ (eigentlich einem Eingeständnis der Niederlage) zu träumen, die den Krieg beenden würden und Russland „Gerechtigkeit“ auferlegen, ohne konkrete, praktikable und akzeptable Angebote in petto zu haben. Eine realistisch umsetzbare, lebensrettende Strategie zum gegenseitigen Nutzen auszuarbeiten, sollte doch aber genau das Ziel eines Spitzendiplomaten sein, oder nicht?
Mit allem gebotenen Respekt
und freundlichen Grüßen!
Hilmar Werner
PS: Erlauben Sie mir abschließend, im Folgenden zwei Texte (deutsch und mit Übersetzung, sowie nur auf Englisch) wiederzugeben, die ich zur Unterstützung der Ukraine geschrieben habe (um weiter deutlich zu machen, dass ich keine Affinitäten zur AfD oder BSW habe). Sie könnten sie verwenden, möglicherweise sogar für eine Übersetzung von „Die russische Seele“ ins Russische sorgen und so dabei helfen, den Russen, sogar in Russland, zu zeigen, wie sich ihr Bild in der Außenwelt durch den Krieg dramatisch verändert hat.
Betreff: Eine konkrete Strategie für den Frieden in der Ukraine
Sehr geehrter Herr Botschafter Makeiev!
Im Interesse der Ukraine (Europa und der Welt) möchte ich versuchen, ein grundlegendes Missverständnis während der Diskussion gestern Abend (16.9., Staatsbibliothek) zu korrigieren, das auf einer falschen Darstellung der Petition „Eine Europäische Sicherheitskonferenz zur Beendung des Ukraine-Kriegs und der Atomkriegsgefahr!“ ( www.openpetition.de/!peaceforUkraine ) meinerseits beruhte, und/oder auf einer vielleicht auch etwas 'absichtlichen' Fehlauslegung von Ihnen und dem Publikum.
Sie haben meinen Versuch, eine konkrete Doppelstrategie zum Abzug der russischen Armee aus der Ukraine vorzuschlagen – und zwar durch klare militärische Stärke UND gleichzeitig ein akzeptables (!), konkretes (!) Verhandlungsangebot, d.h. eine Lösung in beiderseitigem Interesse –, dadurch abgetan, dass Sie
a) eine für 'Dummköpfe' geeignete Analogie zum Krieg und zum Ausweg der Ukraine angeboten haben, um die Suche der Ukraine nach „Gerechtigkeit“ zu verdeutlichen („Meine Tochter wurde von jemandem vergewaltigt ... Würde ich ihn einfach gehen lassen?“ ),
b) dass Sie meinen Vorschlag in die Kategorie „Appeasement“- Politik gegen Diktatoren eingeordnet haben – (wie fatalerweise gegenüber Hitler praktiziert),
c) dass Sie meinen Versuch in die Nähe derjenigen von AfD und BSW gestellt haben (der einzige Unterschied, den Sie eingeräumt haben, sei mein zumindest konkreter Vorschlag für ein Verhandlungsangebot gewesen).
Dieser Ansatz sicherte den Beifall des Auditoriums, konzentrierte sich jedoch nicht auf den praktischen, möglicherweise hilfreichen Wert des Vorschlags. Lassen Sie mich also versuchen, das Zweite zu tun.
Erstens: Seien Sie versichert: Ich bin keineswegs für „Appeasement“ und habe keinerlei Sympathien für AfD und BSW!
Zweitens: Ihr Vergleich hatte einen grundlegenden Fehler: Einen Vergewaltiger daran zu hindern, einfach mein Haus ungestraft zu verlassen, würde nicht darin enden, dass meine Familie, die ganze Stadt und möglicherweise der Rest der Welt durch eine verzweifelte Tat des skrupellosen Vergewaltigers mittels Atombomben in die Luft gejagd würden... Angesichts einer solchen Gefahr würde ich ihn gehen lassen – denn „Gerechtigkeit“ nützt nichts für Tote – und versuchen, ihn irgendwie später vor Gericht zu bringen...
Um also die Vorschläge der Petition konstruktiver anzugehen, möchte ich Sie bitten, die differenzierte Argumentation der Petition (in fünf Sprachen verfügbar) zu lesen und dabei drei Dinge im Hinterkopf zu behalten:
1. Eine Ratte, deren Zähne Atombomben sind, in die Enge zu treiben, ist keine vernünftige Idee, denn jeder weiß: Eine ernsthaft bedrohte Ratte wird – aus Verzweiflung, ohne jede Rationalität – springen und beißen, selbst einen sehr viel stärkeren Gegner (Die Putin-Bande kann nicht einfach leise von der Bühne verschwinden und in einem sicheren Hafen verschwinden; ebenso wenig würde der russische Nationalstolz die Demütigung einer klaren Niederlage ertragen! Die Russen würden sich wahrscheinlich noch stärker mit ihrem „großen Führer“ identifizieren, verzweifelte Maßnahmen befürworten und „mit Stolz“ untergehen – wie seinerzeit die Hitler-Clique...).
2. Entscheidende Politiker (amerikanische Demokraten, deutsche Sozialdemokraten usw.) sind sich dieses Risikos bewusst und werden, da sie auch um die Ängste ihrer Wähler wissen, nicht zulassen, dass die Ukraine Russland entscheidend besiegt. Das Ergebnis wird höchstwahrscheinlich sein, dass die Ukraine langsam verblutet (in einem langen Zermürbungskrieg), während ein viel größeres Russland (mit China und den anderen BRICS-Staaten als Verbündeten) überleben wird – wenn auch erheblich geschwächt, und das ist das erklärte Ziel einiger einflussreicher Strategen (nicht zuletzt in den USA)... Hinzu kommt eine wachsende Müdigkeit in der Öffentlichkeit angesichts eines so langwierigen Krieges, sogar unter den (jungen) Ukrainern selbst (!), nicht nur bei den gefährlich wachsenden rechts- und linksradikalen Bewegungen in Europa, die für eine freundliche Haltung gegenüber Russlands Mafia-Regime und seinen billigen Rohstoffen sind...
3. Der Vorschlag, Russland eine für beide Seiten vorteilhafte „Sicherheitszone“ und eine Plebiszit-Lösung für die besetzten Gebiete der Ukraine anzubieten (nach einer angemessen langen Zwischenzeit und unter internationaler Überwachung, verbunden mit beruhigenden Schutzrechten für die dortige russische Bevölkerung), bedeutet KEINE territorialen Zugeständnisse an einen Aggressor (KEINE „Beschwichtigungspolitik“ wie 1938 ff.!) und würde nicht ausschließen, dass die NATO ein effektiver Garantiegeber sein könnte (mit oder ohne Mitgliedschaft der Ukraine)!
(Es folgt Teil 2 wegen Datenbegrenzung hier... Oder s. angehängtes PDF)
ein "Manifest für Frieden" in der ukraine haben die damen schwarzer und wagenknecht veröffentlicht. prominente eröffneten eine unterschriften-liste, die stetig wächst. die "Eskalation der Waffenlieferungen" will man "stoppen"; statt dessen "Waffenstillstand" und "Friedensverhandlungen". ganz einfach. der als pdf hier hochgeladene brief stellt dem eine realistische, 'militärisch-diplomatische doppelstrategie' gegenüber; konkrete (!) verhandlungsinhalte und -wege werden vorgeschlagen und als petition wählbar gemacht.
bitte kritisch lesen, gerne auch feed-back geben und als gedanken- und diskussionsanregung weiterleiten bzw. veröffentlichen! danke.
mit besten grüßen!
hilmar h. werner
werte "Unterstützende" der petition "Eine Europäische Sicherheitskonferenz zur Beendung des Ukraine-Kriegs und der Atomkriegsgefahr!"!
leider haben die petition bis jetzt nur 18 personen unterschrieben, obwohl sie an den gesamten bundestag, die regierung, ausgewählte nato-leader und eine menge teilnehmer am öffentlichen diskurs zu dem thema gesendet wurde... leider scheinen die einen nur auf die militärische lösung zu starren, und die anderen nur auf den 'pazifistischen' verhandlungsweg... (oder heutzutage liest keiner mehr emails von unbekanntem absender...) beides wird aber nur im verbund funktionieren!
die sammel-frist ist nunmehr abgelaufen. openPetition antwortet bisher (trotz mehrfacher nachfrage) nicht auf meine anfrage, ob man diese irgendwie verlängern kann, oder sich die petition - die ja leider weiter relevant ist - sozusagen nochmal auflegen lässt. nun wähle ich eine der standard-optionen, nämlich sie "zur einreichung freizugeben" (auch auf meine frage, wo denn in diesem fall eingereicht würde, antwortet openPetition nicht...; es kann aber wohl nur der petitionsausschuss des bundestages sein).
im moment habe ich zu mehr keine zeit. ich kann hier nur als eine art fortsetzung versuchen, einen brief an den spd-politiker dr. ralf stegner anzuhängen. vielleicht könnt Ihr/können Sie den an Interessierte weiterverteilen. es muss ja dringendst irgendein praktikabler ausweg aus diesem krieg gefunden werden - außer immer mehr waffen zu liefern (denn russland wird wohl kaum wie seinerzeit in afghanistan einfach aufgeben... putin ist nicht gorbatschow...). und tragischerweise ist man gezwungen, waffen zur verfügung zu stellen, wenn man die ukraine und die sicherheit europas und der welt nicht ans messer liefern will. jede anregung in richtung auf einen solchen ausweg wird hier dienlich sein!
eine logische unstimmigkeit (in der deutschen version) beseitigt: "hauptgericht" kann nicht mehrere "gänge" haben...
Neue Begründung:
Allen ist klar: Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen! Die Ukraine wäre dann nur die Vorspeise für ein folgendes HauptgerichtBankett mit mehreren Gängen... (vgl. Hitler, das Sudentenland usw.) Auch ist klar: Putins Russland kann diesen Krieg nicht verlieren! Denn das wäre eine unerträgliche Demütigung nicht nur für Putin, sondern auch für viele Russen und Russinnen!
Putin und seiner Kamarilla bleibt also - angesichts einer drohenden, konventionellen Niederlage - nur ein Mittel zur Selbstverteidigung: die Atom-Waffen! Wenn nun diese fatale Psycho-Logik gestoppt werden soll, muss ein konkreter, schneller Ausweg aus dem Ukraine-Krieg gefunden werden! Was könnte ein solcher Ausweg sein?
Z.Z. scheint es nur zwei Parteien zu geben: Die einen rufen nach mehr Waffen für die Ukrainer, damit die Ukraine "siegt" (also die Russen aus ihrem Land vertreibt); die Anderen rufen: "Keine Waffen in die Ukraine! Mit Putin verhandeln!" Und zwischen diesen beiden Lagern, so der Eindruck, gibt es nichts.
Und diese fehlende Mitte wird die einzig mögliche Lösung des Konflikts sein können: Einerseits Putin und seiner Clique mit militärischen Mitteln klar signalisieren, dass sie den Krieg nicht gewinnen können! Und das heißt: die Ukraine militärisch effektiv unterstützen, statt mit Halbherzigkeiten den Krieg, das Sterben und die Grausamkeiten in die Länge ziehen. Andererseits aber Putin aktiv ein Verhandlungsangebot machen, das er zum Einen nicht ablehnen kann und das ihm zum Anderen einen gesichtswahrenden Ausweg ermöglicht! Was könnte das sein?
Putins offizielle Rechtfertigung für den Krieg - um nicht zu sagen: sein Vorwand - war, dass die böse, aggressive NATO = USA dem armen, friedliebenden Russland gefährlich nahe rücke, es geradezu umzingele, um an Russlands Grenze seine Angriffswaffen aufzustellen. (Das vermutlich eigentliche Hauptmotiv dürfte aber die Wiederherstellung der "heiligen Rus" sein, der Wunsch Putins, als "Wladimir II." in die Geschichte einzugehen.) Das 'Narrativ' von der aggressiv vorrückenden NATO = USA, unterstützt von den Vasallen der EU, war und ist also der Wind in Putins Segeln. Dieser Wind muss Putin aus den Segeln genommen werden. Und dieses kann logischerweise nur passieren, indem NATO und EU, am besten zusammen mit der Ukraine, Putin ein großes Friedensangebot machen! Also: aktiv eine große "Europäische Friedenskonferenz" anberaumen, Putin dazu einladen, und von vorn herein deutlich machen, dass man Russland einen Sicherheitsvertrag anbiete, der zum Hauptgegenstand eine Sicherheitszone hat, in der keine bedrohlichen Angriffswaffen stationiert werden. Besonders förderlich wäre wohl, wenn die Ukraine zusätzlich anbieten würde, nicht der NATO beizutreten - was nicht ausschließt, dass der Westen die Ukraine militärisch so weit ertüchtigt, dass sie zur Selbstverteidigung fähig ist, oder aber dass die Ukraine eine glaubwürdige Sicherheitsgarantie erhält.
Und was sollte mit und in den besetzten bzw. annektierten Gebieten passieren? Es bleibt hier nur noch die Möglichkeit, der demokratische Mächte auch zustimmen können, dass diese Referenden unter akzeptablen Bedingungen nocheinmal wiederholt werden. Anzubietende Alternativen: Unabhängigkeit; Föderation als weitgehend freie Staaten mit der Ukraine oder Russland; Eingliederung als Verwaltungsbezirke in die Ukraine oder Russland. Putin müsste ja - entsprechend unter Druck - einer solchen Wiederholung der Referenden zustimmen, da er sich zuversichtlich zu zeigen hätte, dass das Ergebnis der ersten Abstimmung sich wiederholen würde, denn die mehrheitlich russisch-stämmige Bevölkerung könnte ja weiterhin nichts Anderes wollen, als ins geliebte Russland zurückzukehren...
Eine Alternative oder auch eine Ergänzung könnte sein, dass die Ukraine - im Rahmen einer Politik multikultureller Toleranz - Sonderrechte für die russischsprachige und die russischstämmige Bevölkerung anbietet, z.B.: Russisch als zweite Amtssprache, russische Sprache und Kultur im Unterricht in den Schulen, Förderung russischer Kulturpflege. Auch das würde Putins Propaganda den Wind aus den Segeln nehmen, und die Lüge vom "Neo-Nazi-Regime in Kiev" verdeutlichen.
Mit einem Sicherheitsvertrag dieser Art in den Händen kann Putin den Krieg beenden, triumphierend nachhause zurückkommen und sagen: "Seht ihr! Wir haben gesiegt. Der Westen hat klein beigegeben, hat seine Waffen zurückgezogen, und hat zugestimmt, dass unsere russischen Landsleute in der Ukraine frei über sich bestimmen und ihre Kultur leben dürfen! Russland hat seine Macht bewiesen und seinen Einfluss ausgedehnt! Russland ist wieder eine Großmacht in der Welt." Und trotzdem hätte die NATO nichts anderes getan, als ihre Funktion als friedenserhaltendes Abwehr-Bündnis zu erfüllen.
Unterschriften zum Zeitpunkt der Änderung: 5 (5 in Europäische Union)