Erfolg
Umwelt

Das Ackerloch erhalten

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Bürgermeister Andreas Braun; Gemeinderat von Unterkirnach; Gemeinsamer Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen

548 Unterschriften

Petition hat zum Erfolg beigetragen

548 Unterschriften

Petition hat zum Erfolg beigetragen

  1. Gestartet 2020
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Erfolg

Die Petition war erfolgreich!

Neuigkeiten

10.06.2020, 08:00

openPetition hat heute von den gewählten Vertretern im Parlament Gemeinderat eine persönliche Stellungnahme angefordert.

Die Stellungnahmen veröffentlichen wir hier:
www.openpetition.de/petition/stellungnahme/das-ackerloch-erhalten

Warum fragen wir das Parlament?

Jedem Mitglied des Parlaments wird hiermit die Möglichkeit gegeben, sich direkt an seine Bürger und Bürgerinnen zu wenden. Aufgrund der relevanten Anzahl an engagierten und betroffenen Bürgern aus einer Region, steht das jeweilige Parlament als repräsentative Instanz in einer politischen Verantwortung und kann durch Stellungnahme zu einem offenen Entscheidungsfindungsprozess beitragen.

Öffentliche Stellungnahmen des Parlaments ergänzen das geordnete Verfahren der Petitionsausschüsse der Länder und des Bundestags. Sie sind ein Bekenntnis zu einem transparenten Dialog auf Augenhöhe zwischen Politik und Bürgern.


Was können Sie tun?

Bleiben Sie auf dem Laufenden, verfolgen Sie in den nächsten Tagen die eintreffenden Stellungnahmen.

Sie haben die Möglichkeit, einen der gewählten Vertreter zu kontaktieren? Sprechen Sie ihn oder sie auf die vorhandene oder noch fehlende Stellungnahme an.

Unterstützen Sie unsere gemeinnützige Organisation, um den Bürger-Politik-Dialog langfristig zu verbessern. openPetition finanziert sich überwiegend aus Kleinspenden unserer Nutzer.



07.06.2020, 09:17

[Fortsetzung des unmittelbar vorangehenden Blogeintrags]

Von Landschaftsästhetik zu visueller Umweltverschmutzung

Für viele Bewohner Unterkirnachs, aber auch für ehemalige Bewohner und wiederkehrende Gäste, hat die besondere Landschaftsästhetik in der Gegend um das Ackerloch einen besonderen Wert.

Das kann und darf nicht als Trivialität und Randerscheinung abgetan werden. Zur Vertiefung sei das wunderbare Buch des Freiburger Künstlers Richard Schindler „Landschaft verstehen“ empfohlen – das erste und einzige Gutachten eines bildenden Künstlers, das in Deutschland vor Gericht (im Fall der Ästhetik bzw. visuellen Umweltverschmutzung von Windkraftanlagen im Schwarzwald) hinzugezogen wurde. Ein Standardwerk, an dem es kein Vorbei gibt. Denn Ignoranz gegenüber landschaftsästhetischen Fragen rächt sich langfristig bitter.

Erstens würde damit genau dem (alternativen, nachhaltigen, sanften etc.) Tourismus die Grundlage entzogen, den man vermeintlich fördern möchte. Zweitens aber erzeugt eine visuelle Umweltverschmutzung durch einen verbauten Blick zunehmend Spannungen und Konflikte zwischen Einwohnern und Gästen, die der touristischen Entwicklung dauerhaft im Weg stehen würden.

Die dritte Forderung an Bürgermeister und Gemeinderat lautet daher, dass sich kurzfristiges Gewinnstreben nicht gegenüber langfristigen Gesamtabwägungen durchsetzen darf. Die Kultur des Schwarzwaldes ist eigentlich durch eine Art von Bodenständigkeit geprägt. Schwarzwälder laufen nicht gleich jeder Mode hinter, sondern wägen unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten ab. Es geht auch darum, diese Kultur des eigenständigen Denkens zu erhalten und nicht vor dem Altar kurzfristigen Profitdenkens zu opfern.

Vom Freizeitpark zum Umweltreservat

Jedem Bürger sollte es erlaubt sein, eigene Grundstücke zu verkaufen. Es kommt darauf an, was damit gemacht wird. Es gibt alternative Nutzungsformen, die besser in die Kultur und Landschaft dieses besonderen Fleckchens Erde passen. Wie wäre es (so eine Idee meiner Frau), das Grundstück im Rahmen einer Crowd-Funding-Aktion gemeinsam zu kaufen und als Naturschutzgebiet für Biodiversität (im Sinne der Erweiterung eines bestehenden Biotops) zu erhalten? (Vgl. hierzu den Bericht des Bundesumweltministeriums „Lage der Natur in Deutschland)

Dies würde dann vielleicht genau jene Touristen anlocken, die auch zur Kultur des Ortes passen, anstatt solche, für die der Schwarzwald lediglich als austauschbare Kulisse für den eigenen Hedonismus herhalten muss.

Diese Lösung müsste selbstverständlich in eine regionale Strategie jenseits partikularer Interessen eingebunden sein. Erst das würde nachhaltig Tourismus im Schwarzwald fördern.

Diese – und andere – Nutzungsformen gilt es in angemessener Art und Weise in einem ergebnisoffenen Bürgerdialog zu diskutieren, um wirklich zu einer zukunftsfesten Entscheidung jenseits von Willkür und Kumpanei zu gelangen. Noch gibt es dafür genug Zeit. Wir sollten sie nutzen, um gemeinsam und nicht gegeneinander zur bestmöglichen Lösung für alle in Unterkirnach zu kommen.


07.06.2020, 09:09

Professor Dr. Stefan Selke, Professor an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Furtwangen und Einwohner von Unterkirnach, nimmt wie folgt Stellung:

Petition Ackerloch

Mit meinem Kommentar möchte ich (www.stefan-selke.de) – auch vor dem Hintergrund meiner eigenen beruflichen Erfahrung als Soziologe, der sich mit gesellschaftlichem Wandel sowie den Besonderheiten des ländlichen Raums beschäftigt – einige Argumente vorbringen, die hoffentlich für die weitere öffentliche Diskussion hilfreich sind.

Von Willkür zu Legitimation durch Verfahren

Gesellschaftliche Praxis ist ein offenes Labor, in dem Entwicklungen längst nicht mehr durch einsame, willkürliche oder einseitig interessegeleitete Entscheidungen getroffen werden. Das Zauberwort im 21. Jahrhundert lautet Bürgerbeteiligung. Selbst im Vertrag der Großen Koalition wurde die Bedeutung von Bürgerbeteiligung positiv unterstrichen. „Wir werden die Mitgestaltung innovationspolitischer Prozesse durch interessierte Bürgerinnen und Bürger vorantreiben. (...) Die Bundesregierung treibt die aktive Einbeziehung der Gesellschaft als zentralen Akteur voran und stärkt wichtige Elemente wie Technologieoffenheit, Bürgerpartizipation und soziale Innovationen.“ Bereits in den 1990er Jahren stellte der Soziologe Ulrich Beck fest, dass die politische Praxis zu einem Labor wurde, in das sich „öffentliche Dispute, Befürchtungen, Standpunkte und Mitbestimmung“ einschleichen. Man nennt das auch: Demokratie.

Vor jeder inhaltlichen Auseinandersetzung und vor dem Austausch von Argumenten, ist also notwendigerweise zu klären, wie genau der Aushandlungsprozess zu den verschiedenen Standpunkten aussieht. Als Bürger von Unterkirnach ist es mir wichtig, dass eine klare Orientierung an demokratischen Prinzipien und Prozessen erkennbar wird. Für erfolgreiche lokale Mikropolitik gibt keine andere Legitimation als durch ein transparentes, dialogisches und ergebnisoffenes Verfahren. Legitimation durch Verfahren (Niklas Luhmann) ist also die Grundlage für jede Form des Ausgleichs von Interessen.

Die erste Forderung an Bürgermeister und Gemeinderat lautet also, das Verfahren (trotz Corona) transparent zu machen und transparent zu halten. In der diskutierten Sache stehen Entscheidungen erheblicher Tragweite an, die zudem irreversibel sind. Nur ein mehrstufiges und ergebnisoffenes Verfahren kann den Entscheidern die notwenige Legitimation verschaffen.

Es wäre schade, wenn sich gerade die schöne Gemeinde Unterkirnach auf höheren politischen Ebenen blamieren und in den Medien dem Vorwurf stellen müsste, undemokratisch und an den eigenen Bürger*innen vorbei zu handeln.

Von Tourismus zu „Overtourism“

Zur Entscheidung, nach Unterkirnach zu ziehen, trug bei meiner Frau und mir bei, dass es in diesem Ort eine überschaubare Portion Tourismus gibt. Das führt erkennbar dazu, dass Plätze, Wege und Infrastruktureinrichtungen gepflegter sind, als an anderen Orten. Tourismus in Maßen macht Sinn und trägt dazu bei, dieses Ambiente zu erhalten.

Die Frage ist allerdings, wie viel Tourismus einem Ort der Größe Unterkirnachs eigentlich gut tut. Die zukünftigen Pläne stehen in einem sonderbare Widerspruch zu der mangelnden Auslastung bereits bestehender touristischer Einrichtungen. Sollte darüber keine Klarheit bestehen, müsste diese Frage zunächst empirisch geklärt werden. Es gibt auch ein „zu viel“ an Tourismus. Nicht nur im Kontext von Kreuzfahrten an der Amalfiküste spricht man deshalb genau dann von „Over-Tourism“, wenn der Anteil des Tourismus‘ bezogen auf die Ortsgröße unangemessen erscheint.

Hinzu kommt, dass quasi-religiöse Heilserwartungen, die oft mit touristischen Entwicklungsprojekten verbunden werden, leider in vielen Fällen enttäuscht werden. Mit Tourismus sind immer irreversible Folgen und nicht-intendierte Nebenfolgen verbunden. Es wäre daher angebracht, diese Folgenabschätzung (wofür es viele Begriffe und Methoden gibt) auch sauber durchzuführen und die Ergebnisse rechtzeitig transparent zu machen. Versprechungen von Investoren, Businesspläne und Erwartungen lokaler Eliten sind dafür keine geeignete Basis.

Die zweite Forderung an Bürgermeister und Gemeinderat ist daher, für eine Prüfung nach professionellen Kriterien zu sorgen. Eine wirklich valide Sozial- bzw. Umweltverträglichkeitsprüfung braucht eine solide wissenschaftliche Grundlage. Das Institut für Regionalwissenschaft IfR am Karlsruhe Institut für Technologie ist spezialisiert auf derartige Studien zu Folgeabschätzungen und wäre ein geeigneter, neutraler Ansprechpartner.

[Fortsetzung im unmittelbar nächsten Blogeintrag!]







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