02.03.2016, 16:00
Abrissverfügung des Kreises ist rechtswidrig
Kürtenerin gewinnt in zweiter Instanz vierjährigen Rechtsstreit
Vier Jahre sorgte Christa Liedtkes Rechtsstreit bundesweit für Schlagzeilen. Für sich und die über 10.000 ähnlich gelagerten Fälle hat sie gekämpft.
bergisches-handelsblatt.de/rag-bhb/docs/1278281/kuerten
Kürten. Vor fünf Jahren beabsichtigte Christa Liedtke ihr Fachwerkhaus, das Ende der 1930er Jahre erbaut wurde, zu verkaufen.
Viermal hatte das Haus seinen Besitzer gewechselt und nach über 70 Jahren brachte der eingeschaltete Makler mit seiner Frage nach Unterlagen den Stein ins Rollen. Eine Baugenehmigung war nicht mehr auffindbar und der Rheinisch-Bergische Kreis verlangte den Abriss des Schwarzbaus, der im Außenbereich stehe.
Christa Liedtke reichte gemeinsam mit ihrer Tochter, auf die das Haus eingetragen ist, Klage gegen die Ordnungsverfügung des Kreises ein, die jedoch vom Verwaltungsgericht Köln abgewiesen wurde. Ein einstimmiger Satzungsbeschluss des Kürtener Gemeinderates, der das vom Abriss bedrohte Haus nachträglich legalisieren sollte, war rechtswidrig und auch eine Online-Petition an den Bundestag, mit 10.402 Unterschriften plus über 3.000 Kürtener, blieb erfolglos.
Nach vier Jahren brachte der Widerspruch beim Oberverwaltungsgericht Münster vergangene Woche den gewünschten Erfolg: Die Abrissverfügung des Kreises ist rechtswidrig. Er hätte aufgrund der Stichtagsregelung ein Datum für in der Kriegs- und Nachkriegszeit errichtete Wohnhäuser festsetzen müssen, bis zu welchem sie toleriert werden.
Die Richter räumten dem Kreis einen größeren Ermessensspielraum ein, der künftig in ähnlich gelagerten Fällen hilfreich sein wird.
Müde, aber glücklich war Christa Liedtke einen Tag nach der Urteilsverkündung, die Anspannung fällt langsam von ihr ab. Vier Jahre hat sie mit großem Einsatz gekämpft, für sich und die über 10.000 ähnlich gelagerten Fälle. Trotz der langen Dauer und der Rückschläge hoffte sie auf einen positiven Ausgang.
Entscheidend, nicht aufzugeben, war für sie die Unterstützung und das Interesse so vieler Leute, insbesondere der Petitionsunterzeichner. Überwältigt war sie über die vielen Besucher, Presse und Fernsehen bei der Verhandlung in Münster und die anschließenden Gratulationen.
Leider kann sich Christa Liedtke nicht bei allen persönlich bedanken: "Da ich ja nun nicht jedem persönlich die Hand schütteln kann, auf diesem Weg, ein ganz großes Dankeschön an alle, die mich unterstützt haben. Ohne die Unterstützung hätte ich das wahrscheinlich auch gar nicht durchgezogen."
Aus gesundheitlichen Gründen kann die 77-jährige ehemalige Sportlehrerin nicht weiterhin in ihrem Fachwerkhaus wohnen. Ihre Kinder leben seit Jahren in Brasilien, Singapur und Stuttgart, daher plant sie es in absehbarer Zukunft zu verkaufen und nach Leverkusen zu ziehen, wo sie aufgewachsen ist.