27.02.2017, 22:20
Als Reaktion auf unsere Zusendung von über 4000 Unterschriften zur Abschaf- fung des Pflichtzölibats von Priestern und Freistellung dieser Lebensform für alle Priester und Priesterkandidaten, die den Zölibat nicht leben können und möchten, erhielten wir Antworten seitens der Deutschen Bischofkonferenz, seitens des Erzbischofs Stephan Burger sowie seitens des Staatsekretariat des Vatikans. Die Schreiben erklären wortreich Entstehung und kirchengeschichtli- che Hintergründe des Pflichtzölibats, auf die hier nicht allzu ausführlich einge- gangen werden kann. Deshalb nur die Kernaussagen, die uns besonders aufge- fallen sind:
In dem Schreiben der Bischofskonferenz steht beispielsweise, dass unsere Laieninitiative beweise, dass die Reduktion der Kirche auf das System hauptberuflicher Mitarbeiter eine Verkürzung sei und der Berufung aller Getauften, die Kirche mitzugestalten, nicht gerecht werde. Diese Mitverantwortung aller Getauften übersehen wir nicht. Wir brauchen hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um die ehrenamtlichen Kräfte zu begleiten und zu stärken.
Zentral in unserer Petition sei die Forderung nach Veränderung des Zugangs zum geistlichen Leitungsamt, weil nur so die Kirche den Menschen nah sein könne. An anderer Stelle wird unter anderem betont: „Die Feier der Eucharistie ist nicht möglich ohne den geweihten, zölibatär lebenden, männlichen Priester“ .Dass diese Lebensform sich im Laufe der Geschichte entwickelt habe, sei kein Grund dafür, dass sie beliebig und unverbindlich sei und somit ohne weiteres wieder rückgängig gemacht werden könne. Dies wäre zudem eine Entscheidung der Weltkirche.
Erzbischof Stephan Burger, der auf das Schreiben der Bischofkonferenz verweist und auf eine eigene ausführlich theologische Argumentation verzichtet, betont unter anderem, es sei ja „nicht nur die zurückgehende Zahl derer, die sich für den priesterlichen Dienst entscheiden, sondern auch das sinkende Interesse an den anderen kirchlichen Berufen wie etwa bei den Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten, den Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten, das uns zu denken geben müsse.“
Schließlich Prälat Paolo Borgia vom Staatssekretariat für Allgemeine Angelegenheiten aus dem Vatikan zu dem Schreiben, in dem wir Papst Franziskus Erwägungen im Hinblick auf die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt sowie des Priesterzölibats in der katholischen Kirche vorlegen.
Hinsichtlich unseres Anliegens versichert er, wie auch der Erzbischof von Freiburg, dass dem Heiligen Vater die Sorge in vielen Diözesen eine zu- friedenstellende Seelsorge aufrechtzuerhalten, sehr beschäftige. Das eigentliche Problem scheine weniger eine Frage des Zölibats zu sein, sondern eine Krise des Glaubens, die die Ursache des Ausbleibens von Berufungen ist und nicht vom Priestermangel verursacht werde. Die Ehelosigkeit des Priesters sei tiefster Ausdruck der besonderen Nachfolge Christi und gerade heute eine Möglichkeit, um den Menschen die Sicht auf Gott freizumachen und ihnen mehr zu sein als ein menschliches Vorbild und ein kompetenter Ratgeber.
Dem Haben wir Folgendes entgegen zu stellen:
1. Jeder weiß inzwischen, dass Jesus selber die Forderung nach Ehelosigkeit in diesem Amt nie vorausgesetzt hatte und auch nie solch ein Gesetz ins Leben gerufen hatte. Dieses Gesetz wurde erst im 12. Jahrhundert u.a. auch aus berechnenden Gründen eingesetzt. Die Pfründe der Priester für die Kirche zu sichern, war ein Aspekt dieses Gesetzes.
2. Die zurück gehende Zahl nicht nur von Priesterkandidaten resultiert eben schon auch daraus, dass viele Menschen zwar im Dienst der Glaubensverkündigung arbeiten möchten, jedoch die Lebensform, die dieses Gesetz, das nicht von Jesus selber stammt, nicht leben können. Insofern verhindert dieses Gesetz auch zahlreiche Berufungen, die in unserer derzeitigen Seelsorgesituation so dringend nötig wären. Dies wissen wir auch aus Schulen, die einst die „Kaderschmiede“ für solche Berufe waren. Es gibt durchaus Berufungen in unserer Kirche auch zum Priesteramt. Aber zum einen sind es Frauen, die zum Priesteramt berufen sind, aber ihre Berufung nicht leben dürfen. Und zum anderen sind Männer zum Priesteramt berufen, aber nicht zum Zölibat.
3. Dass dies eine Entscheidung der Weltkirche sei, mag kirchenrechtlich richtig sein. Dies wird jedoch der Lebenssituation in der Weltkirche heutzutage nicht mehr gerecht. Wir wissen aus vielen Aussagen von Menschen, die in südlichen Ländern und Erdteilen tätig waren, dass dort ein Priester, der keine Frau an seiner Seite hat, als Mann nicht akzeptiert und respektiert wird. So kommt es z.B. in Bolivien und anderen südamerikanischen Ländern häufiger vor, dass Priester mit ihren Partnerinnen zusammenleben und auch Kinder haben. Dieses Verhalten wird inoffiziell von den Bischöfen geduldet, da scheinbar kaum noch Männer zur Verfügung stehen, die zum Priesteramt und zum Zölibat berufen sind. Vielleicht will uns Gott gerade damit etwas sagen.
4. Man könnte noch vieles bemerken, aber eine Sache sollte man auch bedenken, nämlich dass nur die römische Kirche des Westens das Pflichtzölibat von Priestern fordert. Andere christliche Kirchen, auch mit Rom unierte Kirchen, aber nicht. Auch alle Priester der orthodoxen Kirche können eine Ehe eingehen. Schon von daher sind die Argumente für das Pflichtzölibat durchaus zu hinterfragen.