02.10.2014, 16:33
Mütterrente – wann lohnt sich eine freiwillige Nachzahlung? ARD plusminus 01.10.2014
Es war ein langes Gezerre um die Verbesserung der sogenannten Mütterrente. Seit Juli ist sie beschlossen. Wer schon Rente bekommt und seine Kindererziehungszeiten gemeldet hat, erhält die beschlossene Erhöhung automatisch. Sie brauchen sich nicht weiter zu kümmern. Aber das gilt eben nicht für alle Mütter und Väter. Wer nicht aufpasst, könnte eine ganze Menge Geld verschenken.
Adelheid B. ist gelernte Industriekauffrau. Nach dem zweiten Kind war sie zuhause geblieben und hatte sich um die Familie gekümmert. Ihr Mann wollte das so. Die eingezahlten Rentenversicherungsbeiträge hatte sie sich auszahlen lassen.
Die sogenannte Heiratserstattung. Das haben damals viele gemacht. Nebenher hat sie immer wieder etwas dazu verdient – aber meistens unterhalb der Versicherungsgrenze.
Nachzahlung damals unrentabel
Für eine eigene Rente hat es so nicht gereicht. Und eine Nachzahlung hätte sich nicht gelohnt. Über 10.000 D-Mark hätte sie zahlen müssen. Für Ehepaar B. war das zu viel. Deshalb hatten sie eine Nachzahlung abgelehnt und gehofft, dass ihr Einkommen später auch so reichen würde – auch wenn ein Ehepartner versterben sollte.
Das ist nun geschehen. Ihr Mann ist vor Kurzem verstorben. Bei der Berechnung der Witwenrente wurde sie auf die Änderungen bei der Anerkennung von Erziehungszeiten aufmerksam gemacht; und dass es sich durchaus lohnen könnte, das noch einmal neu zu kalkulieren.
Neue Rentenrechnung
Um eine eigene Rente zu bekommen, muss man im Verlauf seines Lebens mindestens für fünf Jahre Beiträge gezahlt haben, also 60 Monate. Bisher wurden für jedes Kind, das vor 1992 geboren wurde, Durchschnittsbeiträge für zwölf Monate gutgeschrieben. Nun sind es aber 24 Monate für jedes Kind. Da sieht die Rechnung gleich anders aus.
Mütter und Väter, die keine 60 Monate Versicherungszeit erreichen, können die fehlenden Beiträge freiwillig nachzahlen. Im Fall von Adelheid B. mit zwei Kindern sieht das so aus:
Die 48 Versicherungsmonate bringen vier Rentenpunkte. Die werden ihr automatisch gutgeschrieben. Das entspricht einer Rente von monatlich rund 112 Euro. Immerhin. Um die zu bekommen, fehlen aber noch zwölf Monate Versicherungszeit. Zur Auffüllung reicht der Mindestbeitrag. 1.020 Euro. Insgesamt kommen so rund 116 Euro Rente zusammen. Schon nach zehn Monaten ist der Einsatz raus. Das lohnt sich. Wer mehr will, kann auch mehr nachzahlen.
Julia Hühn von der Deutschen Rentenversicherung, Beratungsstelle Braunschweig, schränkt ein, dass diese aber nur „bis zur Erfüllung dieser 60-monatigen Wartezeit“ gelte.
Zahle man jetzt zum Beispiel für ein Jahr den Höchstbeitrag ein, dann bekomme man 56 Euro Rente. Es müsse jeder für sich entscheiden, ob er weniger oder mehr einzahlen möchte.
Adelheid B. hat sogar noch ein paar Beitrags-Monate durch ihre frühere Berufstätigkeit auf dem Konto gesammelt und muss deshalb nur 550 Euro nachzahlen für eine monatliche Rente von 120 Euro - lebenslang.
Darüber ist die Witwe nicht nur sehr erfreut, sondern auch überrascht, dass sie überhaupt Anspruch hat.
Umgehend beraten lassen
Mütter und Väter im Seniorenalter, die bisher nichts von der Rentenversicherung gehört haben, sollten sich deshalb schnell bei ihrer Beratungsstelle melden. Sonst verschenken sie möglicherweise bares Geld, warnt Rentenexpertin Julia Hühn.
Anträge die jetzt bis Ende Oktober gestellt werden, gewährleisten noch einen Rentenbeginn ab 1. Juli. Bei späteren Anträgen beginne die Rente erst ab dem Antragsmonat.
Schon bei einem Kind kann sich die Rechnung lohnen. Ab drei Kindern gibt es die Rente, auch wenn man nie eingezahlt hat. Man muss sich nur rechtzeitig melden.
Aber Achtung: Die Mütterrente gibt es nicht obendrauf. Sie ist eine Rentenerhöhung und wird zum Beispiel auf Sozialhilfe angerechnet. Ausgerechnet die Ärmsten werden also - einmal mehr - kaum davon profitieren.
Ein Beitrag von Ingo Blank Stand: 02.10.2014 09:08 Uhr
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