31.07.2017, 19:06
Am 25. Juli 2017 lud der Bezirk Hamburg-Mitte zu einer öffentlichen Infoveranstaltung anlässlich der Schiller-Oper ein. Seit 2001 ist dies die erste öffentliche Veranstaltung zu diesem Thema. Aufgrund der jüngsten Entwicklungen zur Schiller-Oper und jahrzehntelangem Stillstand war eine solche Veranstaltung längst überfällig. Insgesamt kamen rund 200 Teilnehmer: Neben vielen Bügrer*innen kamen Vertreter der Politik (Bezirk und Senat), Michael Mathe (Amtsleitung Stadt- und Landschaftsplanung), der ehemalige Vorsitzende des Denkmalschutzamtes Frank Hesse, Dr. Anke Rees (promovierte über die Schiller-Oper), die Vorsitzende des Denkmalvereins Kristina Sassenscheidt sowie Christoph Schwarzkopf (Denkmalschutzamt Hamburg), um die Idee des Investors kennenzulernen. Der Entwurf des Schweizer Architekten Max Dudler wurde vom Bezirksamtsleiter Falko Drossmann (SPD) und zum Erstaunen des Publikums nicht von Vertretern der Schilleroper Objekt GmbH vorgetragen.
Auf dem südlichen Teil des Geländes sollen zwei Wohnblöcke (6 und 10 Stockwerke), im Norden ein Rundbau entstehen. Der Rundbau erhebt sich in 3 Stufen und soll einen offenen sowie öffentlich zugänglichen Innenhof erhalten. In den Rundbau soll Gewerbe einziehen. Das ganze Vorhaben soll in Rotklinker und Glas realisiert werden.
Seit 3 Jahren ist die Schiller-Oper nun im Besitz einer Eigentümerin und nach dieser Zeit ist das Ergebnis ein sehr befremdlicher Vorschlag in vier Bildern, der weder mit dem aktuellen Bebauungsplan vereinbar ist (bspw. Anzahl der Stockwerke), in irgendeiner Weise das Denkmal berücksichtigt bzw. an die Historie des Gebäudes erinnert, noch irgendwie, so scheint es, die Interessen des Stadtteils und der Anwohner berücksichtigt. Der Investor schreibt auf seiner Website: ”[...] für uns steht immer die Sozialverträglichkeit im Vordergrund, weniger die Erhaltung eines Stahlgerüsts um jeden Preis.” Diese Bilder hinterlassen den Eindruck, dass man die Erhaltung auf keinen Fall will. Das angestrebte Bauzitat in Form eines runden Klinkerbaus ist eine Farce. Das hat nichts mit der Schiller-Oper und ihrer Geschichte zu tun. Diese wird komplett ignoriert!
Auf die Frage “Wo bleibt St. Pauli?” antwortet der Investor auf seiner Website zwar “Mittendrin! [...]”, kann damit aber höchstens den öffentlich zugänglichen Innenhof meinen. Was die Veranstaltung offen legte: Die Eigentümerin hat keinen blassen Schimmer davon, was der Stadtteil möchte und kein Gefühl für die historische Bedeutung der Schiller-Oper, die über Hamburgs Stadtgrenzen hinaus reicht!
Unsere Einschätzung, dass die Erhaltung auf keinen Fall gewollt ist, wird durch ein aktuelles Gutachten des Investors untermauert. Dieses kommt zum Schluss, dass ein erfolgreicher Abbau und Wiederaufbau des Stahlgerüsts unmöglich sei. Das steht im Gegensatz zu dem Gutachten, das 2007 vom Denkmalschutzamt in Auftrag gegeben wurde (erstellt durch Prof. Werner Lorenz von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus). Darin wurde festgestellt, dass ein erfolgreicher Ab- und Wiederaufbau möglich ist. Christoph Schwarzkopf (Denkmalschutzamt Hamburg) erwähnte auf der Veranstaltung ein wichtiges Detail: Beide Gutachten gehen von einer tragenden Eigenschaft des Stahlgerüsts aus! Vielleicht ist hier auch die Kreativität der Investoren und Architekten gefragt. So sieht beispielsweise der Vorschlag (2016) des Architekten Dirk Anders (ebenfalls aktiv in der Schiller-Oper Anwohner Initiative) keine tragende Rolle des Gerüsts vor. Um jetzt Klarheit zu schaffen, wurde ein drittes Gutachten durch das Amt für Bauordnung und Hochbau (ABH) in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse bis in drei Monaten erwartet werden. Es bleibt also spannend. Auch deshalb, weil sich ein Vertreter des Denkmalschutzamts klar geäußert hat. Das Denkmalschutzamt wolle den Erhalt des Denkmals.
Die Schiller-Oper Initiative findet es gut, dass Falko Drossmann sein Versprechen vom November 2016, Neuigkeiten der Öffentlichkeit unmittelbar zu präsentieren, nun endlich eingelöst hat. Dass zwischen November 2016 und Juli 2017 Einiges passiert ist, wie zwei Kleine Anfragen der Abgeordneten Heike Sudmann (Die LINKE) ans Tageslicht brachten, zeigt das Dilemma der Informationspolitik, die bis zum 24.7.2017 betrieben wurde: Bürger*innen sind in einer Holschuld! Ohne Heike Sudmann’s Hilfe wären uns und der Öffentlichkeit wichtige Details verborgen geblieben.
Es geht in die nächste Runde. Falko Drossmann versprach den Dialog zwischen Bürger*innen, Investor und Politik zu verbessern. Die Schiller-Oper Initiative wird ihn beim Wort nehmen. Allerdings wird es zukünftig auch essentiell sein, ob der Investor selbst in Erscheinung tritt. Fallko Drossmann sagte, die Eigentümerin hätte ihre Gründe nicht in der Öffentlichkeit aufzutreten. Das muss man respektieren. Allerdings fragen wir uns, weshalb Andreas Masan, der Geschäftsführer der "Schilleroper Objekt GmbH", die Idee des Architekten Max Dudler nicht selbst vorstellte. Auch wenn die Bezirksversammlung Falko Drossmann den Auftrag gab die Präsentation zu übernehmen, ist es auch seine Behörde, die am Ende des Prozesses über die Zukunft der Schiller-Oper entscheidet. Er sei auch für den Erhalt des Denkmals - so seine Aussage - sollte das technisch möglich sein. Auf die Frage, ob er selbst keinen Interessenskonflikt fürchtet, antwortete Falko Drossmann selbstsicher, er hätte hier die Idee nur im Auftrag präsentiert. Er machte auch mehrmals deutlich, das dieses allein seine Rolle sei.
Wie seine Rolle zukünftig aussehen wird, ist entscheidend. Denn damit wir einen Prozess für eine eine stadtteilverträgliche Nutzung mit Eigentümerin, Politik, Behörden und Bürgerinnen (*) entwickeln können (eine der Forderungen unsere Resolution), ist eine klare Trennung von Politik und Eigentümer wichtig.
Die Veranstaltung hat vor allem gezeigt, dass die Eigentümerin kein ehrliches Interesse an der Geschichte der Schiller-Oper hat. Auch ihr Architekt Max Dudler scheint eine sehr grobe Auffassung des Begriffes “Bauzitat” zu haben. Es wird nicht einmal der Versuch unternommen diese einzigartige Stahlkonstruktion und dessen Geschichte im Neubau sichtbar aufleben zu lassen. Bei der runden Stahlkonstruktion, der sogenanntem Rotunde, handelt es sich um den letzten festen Zirkusbau in Deutschland, wie Dr. Anke Rees erneut deutlich machte. Es ist außerordentlich wichtig dieses Kleinod zu beschützen und zu gestalten. Der Fakt, dass es genau auch diese Kleinode sind, die das Bild einer Stadt prägen und Menschen in die Stadt locken, sollte mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Politik wäre in der Lage hier Richtlinien vorzugeben und sollte sich nicht all zu schnell hinter Paragraphen verstecken, wenn es mal ungemütlich wird. Eine Entscheidung, ob der Erhalt nicht wirtschaftlich oder im Sinne der Stadtentwicklung nicht zumutbar ist, sollte im öffentlichen Diskurs stattfinden. Die Eigentümerin kaufte die Schiller-Oper im Wissen um den Denkmalschutz und sollte in diesem Sinne nun auch ihren Pflichten nachkommen und sich ihrer Verantwortung für die Erhaltung der Schiller-Oper stellen.
Wir fordern einen Dialog mit Politik, Eigentümer, Experten und Bürger*innen. Der Denkmalschutz muss ernst genommen werden!