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Dialog abgeschlossen
Petition richtet sich an: Bundesbildungsministerin Frau Dr. Johanna Wanka, Bundeswirtschaftsminister Herr Sigmar Gabriel
Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Wanka, sehr geehrter Herr Minister Gabriel,
beenden Sie den Zustand der Massenbefristung im Wissenschaftsbereich.
Wir bitten Sie: Treffen Sie Maßnahmen, die Zahl unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse im Wissen-schaftsbereich deutlich zu erhöhen. Geben Sie den Wissenschaftsinstitutionen die Möglichkeit und den Auftrag, als verantwortliche Arbeitgeber zu agieren.
Setzen Sie sich für eine deutliche Begrenzung des Anteils befristeter Arbeitsverhältnisse in den Bereichen Wissenschaft und Technik ein. Insbesondere sind außer-hochschulische Forschungseinrichtungen nicht primär Ausbildungsstätten, sondern wesentlicher Teil des wissenschaftlichen Arbeitsmarktes.
Öffentliche Fördergelder sollen der thematischen Förderung dienen, nicht einer automatisierten Personalpolitik. Wechselnde Themen erfordern kein wechselndes Personal. Exzellenz erfordert keine Unsicherheit der Existenz. Öffentliche Gelder und Gesetze sollen Arbeitsplätze schaffen, keine Befristungsblase.
Wir schlagen vor: 1) Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz soll weiter entwickelt werden:
Die personenbezogenen Begrenzungen der Befristungsdauer sollen insbesondere für außer-hochschulische Einrichtungen ergänzt werden durch institutionsbezogene Begrenzungen des Befristungsanteils deutlich unterhalb des gegenwärtigen Niveaus.
Die rechtssichere, institutionelle Befristungsgrenze soll individuell je für die Bereiche wissenschaftliches Personal und nichtwissenschaftliche, z.B. technische Infrastruktur gelten; Ausgangspunkte der Diskussion für außer-hochschulische Forschungseinrichtungen könnten Befristungsgrenzen von 30 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im wissenschaftlichen Bereich und 15 % im technischen Bereich sein.
Die Regelungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sollen die unterschiedlichen Funktionen von Hochschulen gegenüber außer-hochschulischen Einrichtungen abbilden und danach differenziert werden; § 5 des WissZeitVG soll entsprechend angepasst oder ersetzt werden.
Für die Erhöhung der Anzahl dauerhafter Arbeitsplätze zur Erreichung der individuellen Befristungsgrenzen soll eine angemessene aber begrenzte Übergangsfrist mit überprüfbaren Zwischenzielen vereinbart werden; dieser Zeitraum soll den Forschungseinrichtungen eine geeignete Personalauswahl und den Aufbau einer verteilten Altersstruktur parallel zur Finanzierungsanpassung ermöglichen.
2) Die Projektförderung des Bundes soll Themen primär durch befristete Sachmittel fördern, nicht durch befristete Personalmittel:
Die Vergabe von Personalmitteln soll vermehrt auf die Finanzierung unbefristeter statt befristeter Stellen ausgerichtet werden; als Steuerungsmittel könnte die Möglichkeit dienen, unbefristete Stellen nach Ablauf eines geeigneten Zeitraums an die Stelleninhaberin/den Stelleninhaber zu koppeln.
Gegebenfalls sollen freiwerdende, ursprünglich befristet vergebene Fördermittel in die Grundfinanzierung investiert werden.
Im Rahmen der institutionellen Förderung soll darauf geachtet werden, dass die Grundfinanzierung im Personalbereich weitgehend für die Finanzierung unbefristeter Stellen genutzt wird; ggf. soll § 2, Abs. 2 des WissZeitVG entsprechend konkretisiert werden.
Institutionen mit einem übermäßigen Befristungsanteil im Wissenschafts- oder technischen Bereich sollen im Rahmen der Projektförderung nur mit Sachmitteln gefördert werden, nicht mit weiteren befristeten Personalmitteln. Statt dessen soll die Möglichkeit gegeben werden, die Finanzierung zusätzlicher unbefristeter Stellen zu beantragen.
3) Im Rahmen der Ressortforschung soll bezüglich Zahl und Anteil unbefristeter Arbeitsverhältnisse eine Vorbildfunktion erreicht werden:
Dies erfordert die Anpassung der Stellenpläne an den Personalbestand. Ein Ende der Sparautomatik ist ein wichtiger erster, aber nicht ausreichender Schritt. Hier tragen Bundesfinanzministerium und der Haushaltsausschuss des Bundestages eine besondere volkswirtschaftliche Verantwortung, den effizienten, d.h. vorwiegend unbefristeten Einsatz von Personalmitteln zu ermöglichen.
4) Im Teilzeit- und Befristungsgesetz soll § 14, Abs. 2 (sachgrundlose Befristung) gestrichen werden.
5) Das institutionelle Befristungssystem soll transparenter werden:
Der Anteil befristet Beschäftigter soll in den Jahresberichten der geförderten Einrichtungen getrennt nach den Bereichen Wissenschaft und Infrastruktur ausgewiesen werden; hierbei sollen Fallzahlen angegeben werden, keine Vollzeitäquivalente.
Die Befristungsanteile der geförderten Einrichtungen sollen bundesweit zentral erfasst und getrennt nach den Bereichen Wissenschaft und Infrastruktur veröffentlicht werden.
Begründung
Die massenhafte Befristung von Arbeitsverträgen im Wissenschaftsbereich schadet Wissenschaft und Gesellschaft.
In der Wissenschaft arbeitet ein Heer von Zeitarbeitern, gefördert mit öffentlichen Mitteln. Zunehmend werden Stellen befristet vergeben, angefeuert durch die befristete Vergabe von Personalmitteln. Befristete Stellen ersetzen Arbeitsplätze, ein großer Teil der deutschen Wissenschaftlergemeinde bewegt sich in einer Endlosschleife von Zeitverträgen. Die Betroffenen sind in jeder Lebensphase gezwungen, fortwährend nach der nächsten Stelle Ausschau zu halten.Trotz harter Arbeit ergibt sich kaum eine langfristige, dauerhafte Perspektive; sie ist nicht vorgesehen. Stets bietet die aktuelle Stelle nur vorübergehend wirtschaftliche Sicherheit und ist überschattet von dem unaufhaltsamen Näherrücken des Vertragsendes. Fortwährende existentielle Unsicherheit ist die Folge, eine selbstbestimmte Lebensplanung kaum möglich. Leidtragende sind nicht nur die Beschäftigten in Wissenschaft und Technik, sondern auch ihre Partner und Kinder. Unverschuldet werden sie durch erzwungene Wechsel des Wohnorts immer wieder aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen. Sie verlieren ihren Freundeskreis, die Partner ihren Arbeitsplatz. Viele Wissenschaftler/innen wagen aufgrund der fortgesetzten Befristung ihres Arbeitsplatzes nur sehr spät oder nie die Gründung einer Familie.
Die massenhafte Befristung von Arbeitsverhältnissen in Wissenschaft und Technik ist unsozial und familienfeindlich.
Die Wissenschaftsinstitutionen leiden unter einem übermäßigen Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse, sie sind geprägt durch Mangel an Stammpersonal und Personalfluktuation. Stets müssen sie bereit sein, Ihre Mitarbeiter nach wenigen Jahren wieder auf die Straße zu setzen, falls die Drittmittel ausbleiben. Daneben gibt es Einzelfälle, in denen selbst die Grundfinanzierung dazu verwendet wird, befristete Arbeitsverhältnisse abzuschliessen. Dies ist die primitivste Form von Personalpolitik und Personal“entwicklung“. Wo Personal nur aus Drittmitteln und projektbezogen eingestellt wird, ist kein langer Atem in der Forschung möglich. Personelle Abhängigkeit von Drittmitteln untergräbt Autonomie und Eigenverantwortung der wissenschaftlichen Einrichtungen, kurzfristige Planung gefährdet nachhaltige Forschung. Statt ihre eigentliche Aufgabe der inhaltlichen Leitung wahrnehmen zu können, verbringen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in wissenschaftlichen Leitungsfunktionen zur Sicherung des Personalbestandes einen großen Teil ihrer Arbeitszeit mit Anträgen und Berichten zu Projekten. Die auf Grund der Befristung von Mitarbeitern entstehenden Projektgeflechte verursachen intern und extern zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Gleichzeitig führt die mit massiver Befristung einhergehende Perspektivlosigkeit zu Personalfluktuationen auch während laufender Projekte. Die Folge ist nicht „Erneuerung“ der Forschung sondern Auszehrung. Mühsam erworbenes Wissen geht verloren, immer wieder müssen neue Mitarbeiter in komplexe Themen eingearbeitet werden. Unbemerkt von der Öffentlichkeit geraten hoch subventionierte Forschungsvorhaben ins Stocken oder werden zurückgeworfen. In den Geisteswissenschaften kommt zur Sicherung des Personalbestands mitunter die Notwendigkeit zur Aneinanderreihung unzusammenhängender Einzelprojekte hinzu. Oft gilt: unbefristet vergebene Personalmittel sind besser investierte Personalmittel.
Die massenhafte Befristung von Arbeitsverhältnissen in Wissenschaft und Technik ist inhaltlich und strukturell ineffizient.
Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Wanka, sehr geehrter Herr Minister Gabriel,
Sie und Ihre Kabinettskollegen haben vielfältige Möglichkeiten, das Problem der massenhaften Befristungen im Wissenschaftsbereich zu lösen, insbesondere im Fall der außer-hochschulischen Einrichtungen: Durch das Einbringen von Vorschlägen zu Gesetzesänderungen; durch geeignete Richtlinien für die Vergabe von Fördermitteln; mittels vorbildlicher Stellenpläne in den Forschungseinrichtungen der jeweiligen Ressorts; durch Ihre Mitarbeit in den Aufsichtsgremien und Kuratorien der Wissenschaftsorganisationen und -einrichtungen; durch Vereinbarungen mit den Ministerinnen und Ministern der Länder beispielsweise im Rahmen der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz.
Wir bitten Sie: Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten.
Link zur Petition
Abrisszettel mit QR Code
herunterladen (PDF)Angaben zur Petition
Petition gestartet:
07.03.2014
Petition endet:
06.09.2014
Region:
Deutschland
Kategorie:
Wissenschaft
Neuigkeiten
-
Dialog mit Petitionsempfänger beendet
am 19.12.2018Liebe Unterstützende,
der Petent oder die Petentin hat innerhalb der letzten 12 Monate nach dem Einreichen der Petition keine Neuigkeiten erstellt und den Status nicht geändert. openPetition geht davon aus, dass der Dialog mit dem Petitionsempfänger beendet ist.
Wir bedanken uns herzlich für Ihr Engagement und die Unterstützung,
Ihr openPetition-Team -
[Deutsche Version in separater Nachricht]
+++ Federal Government sends draft for amendment of the science employment act to Bundesrat ++ Letter to the Bundesrat +++
Dear supporter of the online-Petition „Perspektive statt Befristung“,
as of Septembre 4, the Federal Government has sent its draft for the science employment act's amendment to the Bundesrat („Federal Council“, representing the Federal States): www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2015/0301-0400/395-15.html. The Bundesrat will dispute it during its next plenary session (octobre 16).
Three main points are:
The exemption of the non-scientific staff from the science employment act.
The statement that a fixed-term contract - if funded from the institution's budget - has... weiter -
Ready for submitting - Gesetzentwurf der Bundesregierung
am 04.10.2015+++ Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ++ Brief an den Bundesrat +++
[English version in separate mail]
Sehr geehrte Mit-Petentin, sehr geehrter Mit-Petent der Online-Petition „Perspektive statt Befristung“,
mit Datum vom 4. September hat die Bundesregierung dem Bundesrat einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes übersandt (www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2015/0301-0400/395-15.html). Der Bundesrat wird darüber voraussichtlich am 16. Oktober im Rahmen seiner nächsten Plenarsitzung beraten.
Drei wesentliche Inhalte des Entwurfs sind:
Das nicht-wissenschaftliche Personal soll zukünftig nicht mehr unter das Gesetz fallen.
Eine befristete Beschäftigung... weiter
Debatte
Ein wichtiges Argument pro entfristeter Wissenschaftler ist mir bei meiner gegenwaertigen Gruppe in England (66% Entfristung vs. 23% in Deutschland, siehe Quelle) bewusst geworden. Die Akkumulation von Knowhow und Hochspezialisierung ist wichtig, um Exzellenz und weltweite Fuehrung in spezialisierten Bereichen zu erlangen. Dies wird ueber viele Jahre erreicht und uebersteigt die Dauer der meisten Zeitvertraege. Sich langfristig zu spezialisieren wagen die meisten Kollegen in Deutschland gar nicht, weil es die Auswahl der naechsten befristeten Stelle extrem einschraenkt.
Hat sich jemand, der diese Petition des WissZeitVG I erstellt und unterschrieben hat, das Hochschulrahmengesetz durchgelesen? Dort wurde vor etwa 15 Jahren genau dies probiert: Befristung nur für maximal 12 Jahre an der Uni. Danach keine Befristung mehr möglich. Damals sollten die Universitäten auch gezwungen werden mehr feste Stellen einzurichten. Zu was hat dies geführt? ? zu einem quasi Berufsverbot an Universitäten für Wissenschaftler nach Ablauf der 12 Jahre. Wir sollten nach Lösungen für diese Problematik suchen, aber neue Ansätze zum Berufsverbot sollten diese nicht enthalten!