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Der Petition wurde teilweise entsprochen
Petition richtet sich an: Die Hochschulleitungen der BUA und die Berliner Politik
#IchBinHanna und die Universität als „Durchlauferhitzer“
Appell an die BUA und die Berliner Politik
Unter dem Hashtag „#IchBinHanna“ machen Wissenschaftler*innen derzeit bundesweit auf ihre prekären Beschäftigungsbiographien aufmerksam. Anlass ist ein Video des BMBF von 2018 mit der Animationsfigur „Hanna“, in welchem die Behauptung aufgestellt wird, unbefristet beschäftigte Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen würden zur „Verstopfung“ des universitären Systems führen und nur durch ständige Fluktuation des Personals werde auch Innovation möglich. Für die betroffenen Mitarbeiter*innen, die aufgerieben werden von Kurzzeit- oder Kettenverträgen, von Standortwechseln, von sozialer Unsicherheit, zumal bei Herkunft aus benachteiligten Verhältnissen, und von einer dadurch massiv erschwerten Familien- und Lebensplanung, ist diese ebenso simple wie falsche Behauptung des BMBF einfach unerträglich. Doch inzwischen erfahren sie immer mehr Unterstützung in den Medien, von den Gewerkschaften, aus den Reihen von Hochschullehrer*innen sowie auch von Studierenden.
Trotz des seit Jahren bekundeten Willens, an den Hochschulen mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen, hat sich bisher in der Realität kaum etwas verändert. Der Anteil der unbefristet beschäftigten Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen ist beispielsweise zwischen 2018 und 2021 an der HU lediglich von 11 auf 12 % und an der FU von 7 auf 9 % gestiegen. Dies hat nicht zuletzt mit den Hochschulleitungen zu tun, die das bestehende System verteidigen. So hat etwa die Präsidentin der HU am 14.06.2021 in einer Anhörung zum Berliner Hochschulgesetz erklärt, dass „der Hochschulbereich immer ein Durchlauferhitzer sein muss“, wozu sie auch „persönlich stehe“. Zugleich kritisierte sie, dass manche „dieses Dauerstellenthema“ „zu einem Goldenen Kalb machen“ würden (https://youtu.be/wS4bmvyxllk?t=7475). Das Bild vom „Durchlauferhitzer“ und die Ironisierung der Forderung nach mehr Dauerstellen bezogen sich wohlgemerkt nicht auf die auf Lebenszeit verbeamtete Professorenschaft, sondern selbstverständlich nur auf die Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen an den Universitäten. In ähnlicher Weise haben im März 2021 die BUA-Dekane und Dekaninnen vor dem Untergang des Wissenschaftsstandortes Berlin gewarnt, da mehr Dauerstellen im Mittelbau zu einer „Blockierung des Wissenschaftsbetriebes“ führen würden. Zudem kämpft die Berliner LKRP seit 2019 energisch für den Erhalt der sachgrundlosen Befristung, da Hochschulen „in allen Bereichen von Innovation und permanenter Veränderung leben“ würden, was „eine Fluktuation und regelmäßige Erneuerung von Teilen des wissenschaftlichen, aber auch des die Wissenschaft unterstützenden Personals“ voraussetze.
Der beispiellose Exzess von Sonderbefristungen und die eklatanten Abweichungen vom Normalarbeitsverhältnis, wie sie im Wissenschaftsbetrieb zur Regel geworden sind und sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr verschärft haben, müssen in ihrer jetzigen Form ein Ende finden! Die Wissenschaft wird nicht besser, wenn sie jahrzehntelang befristet, unter Zukunftsängsten und in hierarchischen Abhängigkeitsverhältnissen stattfindet. Die Berliner Wissenschaft braucht gute, langfristige und stabile Arbeitsverhältnisse und Karrierewege, auch und gerade jenseits der Professur. Niemand fordert Dauerstellen für alle, sondern es geht um angemessene Laufzeiten und Vergütungen vor der Promotion und um zuverlässige Beschäftigungsperspektiven danach.
Wir fordern die Hochschulleitungen der Berlin University Alliance auf,
- sich endlich konstruktiv für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten einzusetzen und ihre Blockade-Haltung aufzugeben,
- dafür Sorge zu tragen, dass Daueraufgaben in Forschung und Lehre nur von unbefristet beschäftigten Mitarbeiter*innen übernommen werden und dass der Anteil der haushaltsfinanzierten unbefristet beschäftigten Wissenschaftlichen Mitarbeiter* innen (ohne LfbA und Hochdeputatsstellen) an den Universitäten auf mindestens 40% erhöht wird,
- verbindliche Dauerstellenkonzepte zu beschließen und die Dauerstellen der Akademischen Mitarbeiter*innen künftig neben den Professuren in die Struktur- und Entwicklungspläne der Hochschulen aufzunehmen.
Wir erwarten von der Berliner Politik,
- dass das Versprechen des Paradigmenwechsels in der Personalpolitik und die Forderung nach „Guter Arbeit“ an den Berliner Hochschulen nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, sondern nun auch Taten folgen,
- dass bei der Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes endlich eine neue Personalkategorie für den Mittelbau geschaffen wird, welche durch die selbständige Wahrnehmung von wissenschaftlichen Aufgaben in Forschung und Lehre definiert ist,
- dass das Ziel, mehr Dauerstellen bei den Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen an den Hochschulen zu schaffen, in den nächsten Hochschulverträgen klarer definiert wird und anschließend die Umsetzung der mit jeder Hochschule vertraglich vereinbarten Zielzahlen kontrolliert und überwacht wird.
Begründung
Eine Institution, die sich als „Durchlauferhitzer“ für den wissenschaftlichen Nachwuchs versteht und im ständigen Austausch des wissenschaftlichen Personals die Grundlage für wissenschaftliche Innovation erblickt, in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen aber eine potentielle „Blockierung“ und „Verstopfung“ des Systems, entspricht nicht unserem Anspruch an eine Universität!
Es ist deshalb höchste Zeit, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen und die prekären Beschäftigungsbedingungen der überwiegenden Mehrheit des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen endlich zu verbessern – finanzierbare alternative Personalmodelle liegen auf dem Tisch!
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herunterladen (PDF)Angaben zur Petition
Petition gestartet:
02.07.2021
Petition endet:
31.08.2021
Region:
Berlin
Kategorie:
Wissenschaft
Diese Petition wurde in folgende Sprachen übersetzt
Neuigkeiten
-
Nachricht zu einer abgeschlossenen Petition
am 29.06.2022Liebe Unterstützende,
es gibt Neuigkeiten: Der Petitionsaussschuss des Abgeordnetenhauses Berlin hat die Petition an den zuständigen Fachausschuss und an die zuständige Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung weitergeleitet. Eine Kopie der Stellungnahme finden Sie im Anhang. Die Bearbeitung der Eingabe sieht der Petitionsausschuss als abgeschlossen an, da sich das Berliner Parlament bereits und auch weiterhin intensiv mit dem Thema auseinandersetzt. Gleichzeitig sei durch die Weitergabe der Petition "sichergestellt, dass Ihre Überlegungen in den politischen Diskurs einfließen können".
Beste Grüße
das openPetition-Team -
Rückmeldung des Ausschusses
am 16.03.2022Liebe Unterstützende,
das Anliegen wurde an den zuständigen Petitionsausschuss weitergeleitet und hat das Geschäftszeichen 510/19 erhalten. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten und regelmäßig über Neuigkeiten informieren. -
Petition eingereicht - Danke für die Unterstützung!
am 09.03.2022
openPetition hat die von Ihnen unterstützte Petition offiziell im Petitionsausschuss von Berlin eingereicht. Jetzt ist die Politik dran: Über Mitteilungen des Petitionsausschusses werden wir Sie auf dem Laufenden halten und transparent in den Petitionsneuigkeiten veröffentlichen.
Als Bürgerlobby vertreten wir die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern. Petitionen, die auf unserer Plattform starten, sollen einen formalen Beteiligungsprozess anstoßen. Deswegen helfen wir unseren Petenten, dass ihre Anliegen eingereicht und behandelt werden.
Mit besten Grüßen,
das Team von openPetition
Debatte
Die hohen Personalfluktuationen verhindern einen nachhaltigen Wissensaufbau. Gerade in Themenbereichen mit komplizierten Laboraufbauten fehlen akut Dauerstellen für die Betreuung von Großgeräten. Doktoranden und Postdocs, die sich nach drei Jahren gerade einen umfassenden Kenntnisstand aufbauen konnten, scheiden dann aus den Arbeitsgruppen aus. Dadurch verfallen Geräte im Wert von vielen hunderttausenden Euro oftmals direkt nach ihrer Fertigstellung ohne weitere Nutzung. Das Fortbestehen solcher Anlagen hängt meist der Hilfsbereitschaft und Verfügbarkeit ehemaliger Mitarbeitender ab!
Der Großteil der befristeten Verträge an Universitäten ist faktisch eine Ausbildungsfinanzierung für Doktoranden. Wer eine massive Ausweitung des Anteils unbefristeter Stellen unterhalb der Professur fordert, sollte so ehrlich sein, zu erkennen, dass das nur geht, wenn wir auch in anderer Hinsicht dem oft als leuchtendes Beispiel hochgehaltenen Ausland folgen: Promotionen werden werden nicht mehr über Stellen, sondern über Stipendien oder (promotions-)studentische Nebenjobs finanziert. Bei all der Hysterie scheint die Fähigkeit zur Differenzierung leider verloren zu gehen.