17.07.2020, 20:21
Sehr geehrte Unterzeichner*innen,
Unsere Petition „Bleiberecht statt Abschiebung“ haben mittlerweile fast 1.000 Menschen aus ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus unterschrieben - dies ist zunächst mal ein wirklich guter (Zwischen-)Erfolg!
Grundsätzlich begrüßenswert finden wir, dass mittlerweile auch auf landespolitischer Ebene erkannt wurde, dass bei der Ausgestaltung der Beschäftigungsduldung in ihrer jetzigen Form Nachbesserungsbedarf besteht.
Insbesondere der baden-württembergische Innenminister Strobl versuchte jüngst, sich im Bundesrat als besonders flüchtlings- und wirtschaftsfreundlich darzustellen und ließ verlauten, dass „die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die gegenwärtige Ausgestaltung der Beschäftigungsduldung noch nicht zur erforderlichen Rechtssicherheit bei Unternehmen und ausländischen Arbeitskräften führt. ...“*
Da hat Herr Strobl recht, und die von der grünschwarzen Landesregierung in den Bundesrat eingebrachte und am 03.07.2020 dort auch angenommene Vorlage zur Nachbesserung der Beschäftigungsduldung ist vermutlich erstmal „besser als nix“ – wir halten diese Initiative des Landes allerdings für inhaltlich schwach und keinesfalls weitgehend genug.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass jetzt für einen Teil der Betroffenen die 12-monatige Vorduldungszeit anders interpretiert werden soll. Besonders erklärungsbedürftig finden wir, dass die geplanten Verbesserungen bei der Beschäftigungsduldung ausschließlich für Personen gelten sollen, die vor dem 29.2.2016 eingereist sind, für alle anderen jedoch nicht.
Unterm Strich bedeutet das: Für eine überschaubare Zahl von Geflüchteten wird diese angestrebte Gesetzesänderung (im Sinne einer „Altfallregelung“, und wenn sie denn überhaupt kommt) eine Verbesserung bringen. Für und mit vielen anderen Geflüchteten, die nicht unter die geplante Neuregelung fallen, werden wir weiter gemeinsam für eine realistische Aufenthaltsperspektive über Arbeit und Integration kämpfen müssen, z.B. über Anträge auf Ermessensduldungen oder ggf. Anträge bei der Härtefallkommission oder nach Möglichkeit mit anderen Lösungen.
Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, diese vom Bundesrat verabschiedete Vorlage gesetzgeberisch umzusetzen. Auch hier sind leider noch Zweifel angebracht, ob das Seehofer-Innenministerium selbst diese bescheidene Verbesserung in der gewollten Form auch in den Bundestag einbringen wird.
Es wird also weiterhin öffentlichen Druck brauchen – von ArbeitgeberInnen, die Geflüchtete langfristig beschäftigen wollen, von solidarischen Menschen und Organisationen, und von den Betroffenen selbst – um zu erreichen, dass für möglichst viele bisher „nur geduldete“ Menschen der Zugang zu einer nachhaltigeren Bleibe- und Integrationsperspektive über ein Beschäftigungsverhältnis ermöglicht wird.
Wir möchten Euch deshalb bitten, auch weiterhin für die Unterstützung unserer Petition zu werben – denn, um angesichts der jetzt immerhin erreichten „kleinen Schritte“ nochmals Innenminister Strobl zu zitieren: „Es lohnt sich, hartnäckig und ausdauernd seine Ziele zu verfolgen.“*
Mit solidarischen und kollegialen Grüßen
Andreas Linder und Matthias Schuh
für das Bündnis Bleiberecht Tübingen / Beratungsprojekt Plan.B
bleiberecht.mtmedia.org/
planb.social
(Quelle: 3.7.2020 Pressemitteilung Innenministerium BaWü: Bundesrat stimmt Vorschlag zur Beschäftigungsduldung zu, im.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/bundesrat-stimmt-vorschlag-zur-beschaeftigungsduldung-zu/)