Migration

Tübinger Aufruf „Bleiberecht statt Abschiebung“

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Landtag von Baden-Württemberg (Petitionsausschus)

1.082 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

1.082 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2020
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht am 02.03.2022
  4. Dialog
  5. Beendet

Neuigkeiten

13.05.2020, 11:40

Sehr geehrte Unterzeichner*innen,

unser „Tübinger Aufruf: Bleiberecht statt Abschiebung!“ ist durch die Corona-Pandemie - wie vieles andere auch - jäh ausgebremst worden. Wir werden aber weitermachen – bis mindestens zur Landtagswahl! Denn es braucht bessere Gesetze, die dazu führen, dass Menschen nicht abgeschoben werden, sondern bessere Chancen erhalten, sich zu integrieren und ihr Leben unabhängig und eigenverantwortlich gestalten zu können. Eine solche Ausrichtung der Flüchtlingspolitik gegenüber abgelehnten Asylsuchenden könnte für ALLE sinnvoll und nützlich sein. Doch leider sind unsere Forderungen bisher nicht gehört worden.

Die mit viel Tamtam von Grün-Schwarz angekündigte Bundesratsinitiative (Bundesrat Drucksache 187-20, www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0101-0200/187-20.pdf?__blob=publicationFile&v=1) zur Beschäftigungsduldung, die am 17. April in den Bundesrat eingebracht wurde, ist leider mehr als enttäuschend. Die Landesregierung schlägt darin lediglich eine Ergänzung des § 60d Aufenthaltsgesetz durch einen Absatz 1a vor, in dem geregelt werden soll, dass auch Zeiten der Aufenthaltsgestattung als „Voraufenthalt“ gewertet werden sollen. Dies soll aber nur bei Personen geschehen, die vor dem 29.2.2016 eingereist sind. Fazit: Selbst wenn diese Vorlage vom Bundesrat und in Folge von der Bundesregierung angenommen werden sollte, wird sich dadurch an dem Gesetz zur Beschäftigungsduldung viel zu wenig verbessern.

Auch wenn Abschiebungen in viele Länder wegen der Corona-Einschränkungen derzeit nicht möglich sind, geht die Tendenz im Umgang mit Geflüchteten mit Duldung in Baden-Württemberg insgesamt weiter in Richtung Verschärfung. Dies zeigt sich z.B. in der seit Kurzem geänderten Vorgehensweise der Landesregierung gegenüber abgelehnten Asylsuchenden aus Gambia. In der an die Regierungspräsidien geschickten Information des Innenministeriums zur „Erfüllung der Passpflicht durch gambische Proxy-Pässe“ (www.asyl.net/fileadmin/user_upload/dokumente/28324) vom 6.4.2020 wird ein verschärftes Vorgehen bei der Erfüllung der „Mitwirkungspflichten“ in Gang gesetzt.

Dies bedeutet: Während es für Gambier mit Duldung bisher für den Erhalt einer Ausbildungsduldung oder Beschäftigungsduldung oder einer Aufenthaltserlaubnis nach abgeschlossener Ausbildung i.d.R. ausreichend war, wenn die Identität durch Vorlage einer Geburtsurkunde geklärt wurde, werden jetzt sämtliche zumutbaren Handlungen zur Vorlage eines „Proxy-Passes“ verlangt.

Solche nicht-biometrischen Pässe, die, wenn sie von anderen Staaten ausgestellt werden, von deutschen Behörden in der Regel nicht akzeptiert werden, sollen nun über Dritte (Verwandte, Freunde, Angehörige) in Gambia beschafft werden müssen. Es ist bekannt, dass dies in aller Regel nur über teure Rechtsanwälte UND nicht ohne „Bakschisch“ möglich ist. Im aktuellen Corona-Chaos – der diesbezügliche Ausnahmezustand in Gambia wurde erst im April erneut verlängert – dürfte es mit ziemlicher Sicherheit überhaupt nicht möglich sein, solche Proxy-Pässe zu beschaffen. Die „Beweislast“ wird dabei aber wieder einmal zu 100% auf die Betroffenen abgewälzt, während sich das Innenministerium darauf beruft, dass die Ausstellung von Proxy-Pässen nach gambischem Recht (theoretisch) irgendwie zulässig sei und „eine anderslautende offizielle Mitteilung [der gambischen Behörden] nicht vor[liegt]“.
Mehr Informationen hierzu gibt es in einer Rundmail des Gambia Helfernetzes (helferkreis-breisach.de/).

Der Haupteffekt dieser Regelung wird weitere Integrationsverhinderung sein und die weitere Demoralisierung vor allem derjenigen, die es in Deutschland z.B. in eine Ausbildung oder eine dauerhaft gute Beschäftigung geschafft haben – trotz aller Schwierigkeiten. Diesen Menschen droht jetzt das Arbeitsverbot und weitere Sanktionen, wenn sie keinen solchen Pass erhalten können - es sei denn, es sollte politisch oder juristisch gelingen, diese Regelung zu kippen.

Wir müssen also weiter alle gemeinsam und in jedem Einzelfall und mehr als je zuvor um das Bleiberecht kämpfen. Hierzu ist auch eine fundierte und engagierte Beratung von Geflüchteten wichtig. Deswegen möchten wir an dieser Stelle noch auf das neue unabhängige Tübinger Beratungsprojekt „Plan.B“ (planb.social/start) hinweisen. Plan.B macht das, was die Ausländerbehörden (wie die Grünen damals stolz verkündet haben) angeblich bereits seit April 2017 flächendeckend machen, nämlich „geduldete Flüchtlinge von sich aus auf die Chance eines dauerhaften Bleiberechts“ hinweisen und dabei solidarisch beraten und unterstützen. Plan.B braucht aber selbst auch (finanzielle) Unterstützung – deswegen werden derzeit Spenden für das Projekt gesammelt. Bitte schauen Sie hier: planb.social/unterstuetzen

Und zuguterletzt: Bitte streut unseren Aufruf weiter in allen euren Netzwerken. Danke!

Mit solidarischen und kollegialen Grüßen
Andreas Linder und Matthias Schuh
für das Bündnis Bleiberecht Tübingen / Plan.B


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