25.07.2022, 19:34
Die beiden Oberärzte, die vom EVK Gelsenkirchen gekündigt wurden, haben in der Psychiatrischen Institutsambulanz sehr viele Patienten versorgt, von denen viele weiterhin im Stich gelassen werden. Unter den Unterzeichnern unserer Petition sind auch viele dieser Patienten und ihrer Angehörigen, die uns immer wieder nach Neuigkeiten fragen.
Nachdem unsere Petition vor etwas mehr als einem Monat das Quorum erreicht hat, haben wir bei den drei Empfängern nach Terminen zur Übergabe gebeten:
- Frau Oberbürgermeisterin Karin Welge lehnt ein Gespräch mit uns ab. Wir haben per Mail und über verschiedene Mitglieder des Stadtrats das Gespräch mit ihr gesucht und über letztere nur folgende Rückmeldungen erhalten: Die Stadt Gelsenkirchen sei gar nicht zuständig, da es ein kirchlicher Krankenhausträger ohne kommunale Beteiligung sei. Dass mit Frau Bürgermeisterin Martina Rudowitz und Herrn Bundestagsabgeordneten Markus Töns zwei Politiker im Aufsichtsrat des EVK sitzen, würde daran auch nichts ändern. Diese würden dort als Privatpersonen sitzen. Außerdem sei Herr Dr. Yavuz ja noch nicht einmal in Gelsenkirchen wohnhaft.
- Frau Sozialdezernentin Andrea Henze schrieb uns einen Brief. Hier ein Zitat daraus:
„Zudem räumt die Gemeindeordnung NRW (GO NRW) gemäß seiner Vorschriften dem Bürger / der Bürgerin nicht das Recht ein, eine Petition an eine Gemeinde zu richten.“
Wir verstehen die entsprechende Stelle in der Gemeindeordnung anders, allerdings wollen wir uns auch gar nicht mit juristischen Spitzfindigkeiten beschäftigen.
Wir sehen nur:
Auch wenn Tausende Bürger sich mit einem wichtigen Anliegen an die Verwaltung der Stadt richten, wird sich hier nicht gekümmert. Stattdessen sucht man nach juristischen und weiteren Gründen, warum man sich NICHT kümmern brauche.
- Für einen Termin zur Übergabe der Petition an Herrn Superintendent Heiner Montanus hatten wir zunächst aus der Gruppe der Erstunterzeichner unserer Petition einen Migrations- und Integrationsforscher sowie einen Facharzt für Chirurgie und Allgemeinmedizin organisiert. Beide waren darauf vorbereitet, Herrn Montanus neben der gesellschaftlichen Relevanz der transkulturellen Psychiatrie auch die Dringlichkeit bzgl. der aktuell unterversorgten Patienten deutlich zu machen. Doch dann schrieb uns Herr Montanus, dass er lediglich von einem Termin zum „Übergeben und Entgegennehmen der Petition“ ausgegangen war - und weiter: „[die Petition] ist selbsterklärend. Daher ist es nicht erforderlich, den Inhalt zu besprechen.“
Wir mussten leider feststellen, dass Herr Montanus nur an den Listen mit Namen und Adressen der Petitionsunterzeichner interessiert war – nicht aber an einem Dialog mit uns. Mit Verweis auf den Schutz dieser sensiblen Daten haben wir unter diesen Umständen auf eine Übergabe verzichtet.
- Vom Geschäftsführer des EVK Gelsenkirchen, Herrn Olaf Walter, haben wir bisher noch gar keine Rückmeldung erhalten.
Nach mittlerweile sechs Wochen nach unserer ersten Mail an die Petitionsempfänger müssen wir zugeben, dass wir davon ausgegangen waren, dass eine solche Petition mit einem solch dringlichen Thema bei den politischen und kirchlichen Verantwortlichen auf mehr Interesse stoßen würde.
Immerhin schreibt Frau Sozialdezernentin Henze uns auch, dass der Gesundheitsausschusses das Thema in seiner nächsten Sitzung behandeln werde – also nach der Sommerpause… Allerdings wurde das Thema bereits in der letzten Sitzung des Ausschusses am 02.06. auf Initiative eines Stadtverordneten „behandelt“, mit dem Ergebnis, dass auch hier bereits dieselben ablehnenden Argumente aufgeführt wurden. Außerdem habe man sich beim Krankenhaus sowie der Krankenhausaufsicht bei der Bezirksregierung informiert und es gebe keine Hinweise darauf, dass die Patientenversorgung gefährdet sei.
Patienten, die sich bei der Krankenhausaufsicht beschweren, erhalten wiederum die Rückmeldung, dass die Bezirksregierung gar nicht zuständig sei.
Wir beobachten also ein Verantwortungs-Ping-Pong und stellen fest:
- Ärzte, die willkürlich von Krankenhausbetreibern gefeuert werden, sind auf sich selbst gestellt und dürfen sich auf monatelange zermürbende Gerichtsverfahren einlassen.
- Für die fragwürdige Personalpolitik eines der größten Arbeitgeber der Stadt und die Patienten, die nun auf der Strecke bleiben und sich in ihrer Verzweiflung an uns wenden, interessiert sich die Kommunalpolitik nicht.
- Eine Petition mit über 4.500 Unterzeichnern bewegt die politischen und kirchlichen Verantwortlich nicht zum Umdenken und zur Einsicht.
- ein Kompromiss im Interesse der Patienten bis zur gerichtlichen Klärung des gesamten Vorgangs bzw. der Einarbeitung neuer Ärzte, um einen reibungslosen Übergang sicherzustellen, kann nicht gefunden werden.
Durch die plötzliche, fristlose Kündigung zweier jahrzehntelang am EVK Gelsenkirchen tätigen Oberärzte wurde eine Lücke in der Patientenversorgung geschaffen, die eigentlich nicht hinnehmbar ist aber seit fast drei Monaten hingenommen wird.
Wir sind sprachlos...