14.05.2020, 10:47
Der Name der zwangsgeouteten Kollegin soll aus der Kampagne herausgehalten werden um weitere Unruhe zu vermeiden. Das tue ich sehr gern und habe vollstes Verständnis dafür. Es geht ja ohnehin nicht um einen Einzelfall sondern um die Rechte von Sexarbeiter*innen insgesamt.
Neuer Petitionstext: Den vollständigen Offenen Brief gibt es hier zu lesen:
mademoiselleruby.com/offener-brief/
Liebe Antilopen Gang,
Mein Name ist Ruby, ich bin intersektionelle Feministin und aktive Sexworkerin. Ich wende mich an Euch als unabhängige Sexarbeits-Aktivistin und weil ich Eure Musik mag. Mit großer Erschütterung habe ich festgestellt, dass Ihr Huschke Mau, die sich in Deutschland massiv für die Abschaffung von Sexarbeit und damit für eine Repression von Sexualität einsetzt sehr viel Raum und Sichtbarkeit eingeräumt habt.
Erst im Februar habe ich Euer Konzert besucht und hatte so viel Spaß. Umso mehr möchte ich Missverständnisse ansprechen, die mit der Person Huschke Mau und ihren politischen Positionen verbunden sind. Ich hege die Hoffnung, dass Euch, wie vielen anderen diese Punkte auf die ich gleich eingehen werde, nicht bewusst waren.
Bitte nehmt diesen Offenen Brief zum Anlass, zu überdenken, ob Ihr wirklich nur einer einseitigen Meinung auf das komplexes Thema Sexarbeit eine Plattform bieten wollt?
Für einen inklusiven Feminismus und Achtung der Menschenrechte
Huschke Mau solidarisiert sich in ihrem Text, den ihr an den Schluss Eures Videos „Kleine, miese Type“ gestellt habt scheinbar mit Laura Fatale, Kolleg*innen, die Oliver Pocher zuvor zwangsgeoutet hat. Doch gleichzeitig nutzt sie den Raum dafür ein Sexkaufverbot zu fordern, eine „Welt ohne Prostitution“. Für Tausende Sexarbeiter*innen ist die Selbstdarstellung von Huschke Mau als Aktivistin für Frauenrechte ein Schlag ins Gesicht. Für noch mehr Menschen, die einen inklusiven Feminismus vertreten, der die Rechte von LGBTQIA*Personen respektiert, ebenso.
Es gibt bereits einige Länder, z.B. Kanada und Frankreich in denen ein Sexkaufverbot gilt. Es heißt: Die Sexarbeiter*innen würden nicht bestraft, sondern „nur“ die Kund*innen von sexuellen Dienstleistungen. Doch wie sieht die Realität in diesen Ländern aus?
Jede*r, der Sexarbeitende dort unterstützt, egal ob Eltern, Freund*innen, Partner*innen, Dienstleister*innen macht sich der „Förderung der Prostitution“ oder gar der Zuhälterei schuldig. Beispiele? Sexarbeiterin möchte eine private Wohnung mieten: Nein, das ist ein „Sittenwidriges Bordell“. Sexarbeitende Person hat ein Kind: Es kann ihr entzogen werden, weil sie keinen „moralisch einwandfreien Lebenswandel“ vorweisen kann! Sexarbeitende bezahlt ein Taxi: Vorschub der Prostitution! Es geht soweit, dass Unterstützungsorganisationen kein Bankkonto eröffnen dürfen um Fördermittel zu empfangen. Es ist eine furchtbare Stigmatisierung, die dort gesetzlich verankerte Realität ist.
Ein Sexkaufverbot schafft Sexarbeit nicht ab, denn die Kolleg*innen arbeiten weiter, nur eben in der Grauzone, ohne Unterstützung, schützende Gesetze und Rechte. Ergo, es verschlimmert die Situation der Sexarbeitenden und das ist schon lange bekannt.
Die Forderung nach Sexkaufverbot in der Corona-Krise
Gerade jetzt in der Corona – Pandemie sind die Befürworter*innen eines Sexkaufverbotes in Deutschland besonders laut und. Wir Sexarbeitenden sind seit 14.03. mit Berufsverbot zur Eindämmung des Corona-Virus belegt und daher vollkommen damit beschäftigt halbwegs unbeschadet durch diese Krise zu kommen. Aktivistinnen wie Huschke Mau nutzen diese Situation schamlos aus, um ihre Forderung Sexkaufverbot zu platzieren. Dabei scheuen sie auch nicht davor zurück, Sexarbeitende vor ihren ideologischen Karren zu spannen, deren Existenzgrundlage sie sonst bekämpfen.
Mit Aktivist*innen wie Mau können wir Sexarbeiter*innen uns nicht einmal auf den Begriff unserer Tätigkeit einigen. Für sie ist Prostitution Vergewaltigung, doch wir fordern „Sexarbeit ist Arbeit – Respekt!“ Statt von Prostitution sprechen wir von Sexarbeit um den Arbeitscharakter unseres Berufs zu betonen und Anerkennung statt Verbote zu fordern.
Wollt ihr wirklich Leute pushen, die gegen Trans*personen, Migrant*innen und gegen die Selbstbestimmung der Frau agieren?
Huschke Mau steht für einen Feminismus, der ausgrenzt und verbietet. In der Welt von Mau und Co wird gegen Trans*personen gehetzt, sie nehmen in Kauf, dass in Ländern mit Sexkaufverbot dieses dazu instrumentalisiert wird, Migrant*innen abzuschieben und Menschen mit nicht-synchroner Sexualität zu diskriminieren.
Wenn ich Euer musikalisches Schaffen und Eure Texte betrachte, kann ich nicht glauben, dass Ihr als Antilopen Gang Position gegen Frauenrechte bezieht? Ich glaube nicht, dass Euch Trans*Personen gleichgültig sind, und ihr die Repression von Sexualität fördern möchtet. Ich denke: Euch ging es wie vielen, denen die Botschaft von Huschke Mau auf den ersten Blick unterstützenswert erscheint. Doch ihre Botschaft ist rassistisch, diskriminierend und moralistisch.
Was könnt Ihr als Antilopen Gang tun?
Ich und andere Sexarbeiter*innen, sowie viele Organisationen sind bereit, mit Euch zu diskutieren. Ich fände es schlimm, wenn bei Euren Fans und anderen Menschen der Eindruck entsteht, Ihr wärt gegen uns. Bitte redet mit uns statt über uns uns.
Es grüßt Euch,
Ruby Rebelde
Unterschriften zum Zeitpunkt der Änderung: 80 (78 in Deutschland)