Patentrecht - Keine Patente auf Saatgut und Lebensmittel

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
2.572 Unterstützende 2.572 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

2.572 Unterstützende 2.572 in Deutschland

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2011
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.08.2017, 16:49

Pet 4-17-07-420-029200Patentrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 14.03.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz – als Material zu
überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,
c) dem Europäischen Parlament zuzuleiten,
soweit es um die Konkretisierung und Änderung der EU-Biopatentrichtlinie geht,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, keine Patente auf Saatgut im Besonderen und
Lebensmittel im Allgemeinen zuzulassen und sich für dieses Ziel auch auf
europäisch-parlamentarischer Ebene einzusetzen.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass speziell für das Saatgut von Brokkoli und
Gerste, die zum traditionellen Brauen von Bier erforderlich seien, von
Patentvergaben abzusehen und dadurch der Zugang zu Saatgütern für Bauern
weiterhin frei zu gestalten sei. Im Zuge der Globalisierung lasse sich ein Trend der
Monopolisierung insbesondere in den landwirtschaftlichen Wirtschaftssektoren
beobachten. Eine Patentierung löse neben einem finanziellen Gewinn auch eine
Reihe weitreichender Probleme aus. Landwirte müssten Abgaben auf Saatgut leisten
und seien für „Fremdanbau“, selbst durch das Weitertragen von Saatgut durch Wind,
haftbar. Des Weiteren werde der Anbau von den entsprechend patentierten
Lebensmitteln über die entstandenen Kosten des Saatgutkaufs hinaus kostenpflichtig
werden. Dies führe zu einer künstlich herbeigeführten Verteuerung von
Naturprodukten, was zu einer Einschränkung der potenziellen Kundengruppe führe.
Unter Umständen komme es in einzelnen Bevölkerungsschichten in weltweitem
Maßstab zu Mangelerscheinungen und Unterversorgung. Zudem überlasse eine

Patentvergabe die Qualitätssicherung dem „Hersteller“. Standards könnten so durch
Modifikationen der Saatgüter zu einer qualitativen Minderwertigkeit der
Nahrungsmittel führen. Darüber hinaus seien Preisbindungen möglich.
Eine ethisch-moralische Bewertung dieser Problematik sei bislang nicht ausreichend
erfolgt.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 2.572 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 68 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat zu der Eingabe gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 der
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) den Rechtsausschuss um
Stellungnahme gebeten, da die Petition einen Gegenstand der Beratung in diesem
Fachausschuss betraf. Darüber hinaus hat der Petitionsausschuss der
Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung zu der Eingabe darzulegen.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Nach der Rechtslage in Deutschland ist die Patentierung von „biologischem
Material“, wozu auch Saatgut gehört, unter eine Reihe von Bedingungen und
Einschränkungen grundsätzlich zulässig. § 1 Abs. 2 des Patentgesetzes (PatG) sieht
ausdrücklich vor, dass auch Erfindungen patentiert werden können, wenn sie ein
Erzeugnis aus biologischem Material oder ein Verfahren zur Herstellung von
biologischem Material zum Gegenstand haben. „Lebensmittel“ sind als solche nicht
patentierbar, können aber patentiertes biologisches Material enthalten.
Allerdings muss eine biotechnologische Erfindung wie jede andere die allgemeinen
Patentierungsvoraussetzungen erfüllen, d. h. sie muss neu gegenüber dem
bisherigen Stand der Technik sein, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und
gewerblich anwendbar sein (§ 1 Abs. 1 PatG).
Außerdem ist eine Reihe von Einschränkungen zu beachten. Stammt biologisches
Material (wie z. B. Saatgut) von konventionell gezüchteten Pflanzen, darf es ebenso
wie das konventionelle Züchtungsverfahren selbst nicht patentiert werden. Letzteres
ergibt sich aus dem Patentierungsverbot für „im Wesentlichen biologische Verfahren“
(§ 2a Abs. 1 Nr. 1 PatG). Für die parallele Regelung im Europäischen
Patentübereinkommen hat die Große Beschwerdekammer des Europäischen
Patentamts im sog. Brokkoli-Beschluss vom 9. Dezember 2010 den Ausschluss der
Patentierbarkeit für traditionelle Züchtungsverfahren auch dann bejaht, wenn dieses
einzelne technische Schritte enthält.

Der Deutsche Bundestag hat sich mit der Thematik der Patentierbarkeit von
Nutztieren und Nutzpflanzen, sowohl was die Züchtungsverfahren als auch was
deren Nachkommen und Produkte angeht, eingehend im Zusammenhang mit der
Beratung des Antrags mehrerer Fraktionen „Keine Patentierung von konventionell
gezüchteten landwirtschaftlichen Nutztieren und –pflanzen“ (Drucks. 17/8344)
befasst.
Der Rechtsausschuss, dem der Antrag federführend überwiesen wurde, hat
einstimmig dessen Annahme empfohlen. Der Deutsche Bundestag hat die
Empfehlung in seiner Sitzung am 9. Februar 2012 aufgenommen. Dem Petitum des
Petenten ist damit teilweise entsprochen worden.
Soweit es um die Konkretisierung und Änderung der EU-Biopatentrichtlinie geht, hat
die Bundesregierung die EU-Kommission unter Hinweis auf den o. a. Antrag
gebeten, einen neuen Bericht zur Umsetzung der Biopatentrichtlinie in den
Mitgliedstaaten der EU vorzulegen. Dabei sollen die ethischen Aspekte von
biotechnologischen Patenten sowie die Folgen für die Innovations- und
Wettbewerbsfähigkeit und für die Forschung berücksichtigt werden. Bei den
Beratungen zur Schaffung des einheitlichen europäischen Patents hat sich die
Bundesregierung im Hinblick auf die Belange der deutschen Bauern und Züchter für
eine sogenannte Unberührtheitsklausel zugunsten nationaler Sonderregelungen
eingesetzt.
Soweit das deutsche Patentgesetz angesprochen ist, hat der Deutsche Bundestag
eine Prüfung der Bundesregierung erbeten, ob und inwieweit auch ohne Änderung
der EU-Biopatentrichtlinie Änderungen oder Klarstellungen zur Einschränkung der
Patentierung von Tieren und Pflanzen möglich sind.
Der Petitionsausschuss hält daher die Eingabe für geeignet, sie bei dieser Prüfung
und weiteren Überlegungen mit einzubeziehen. Der Petitionsausschuss empfiehlt
daher, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz – als
Material zu überweisen, den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu
geben und dem Europäischen Parlament zuzuleiten, soweit es um die
Konkretisierung und Änderung der EU-Biopatentrichtlinie geht.
Im Übrigen empfiehlt er, das Petitionsverfahren abzuschließen.

Begründung (PDF)


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