Mutterschutzgesetz - Anerkennung von Fehlgeburten unabhängig vom Gewicht des Kindes im Sinne des Mutterschutzgesetzes

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag

411 Unterschriften

Die Petition wurde abgeschlossen

411 Unterschriften

Die Petition wurde abgeschlossen

  1. Gestartet 2014
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

Neuigkeiten

18.11.2015, 16:08

Pet 3-18-17-21611-004601

Mutterschutzgesetz
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 19.03.2015 abschließend beraten und
beschlossen:

Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend – als Material zu überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben. Begründung

Die Petentin fordert eine Änderung des Mutterschutzgesetzes dahingehend, dass
Fehlgeburten unabhängig vom Gewicht des Kindes als Entbindungen anzuerkennen
sind, so dass auch die Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, nachgeburtliche
Mutterschutzfristen in Anspruch nehmen könnten.
Die Petentin kritisiert, dass eine Fehlgeburt keine Entbindung im rechtlichen Sinne
sei. Infolgedessen könnten Frauen, die ein totes Kind mit einem Gewicht von weniger
als 500 Gramm geboren haben, nicht mehr vom Geltungsbereich des
Mutterschutzgesetzes erfasst werden und damit keine nachgeburtliche
Mutterschutzfrist in Anspruch nehmen. Ob ein totgeborenes Kind bei der Geburt
mehr oder weniger als 500 Gramm wiegt, hinge nicht zuletzt von der Physis der
schwangeren Frau ab, die aber ihrer Einflussnahme entzogen sei. Daher sei es nicht
nachvollziehbar und ungerecht, den nachgeburtlichen Mutterschutz von einer
Gewichtsgrenze des totgeborenen Kindes bei der Geburt abhängig zu machen. Auch
Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, bräuchten eine angemessene Zeit, um
ihren Verlust zu verarbeiten, ohne der ständigen Sorge um den Erhalt ihres
Arbeitsplatzes ausgesetzt sein zu müssen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 401 Mitzeichnungen sowie
156 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich

unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) dürfen Mütter bis zum
Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zum Ablauf von
zwölf Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden (absolutes
Beschäftigungsverbot). Ziel des absoluten Beschäftigungsverbotes in § 6 Abs. 1
MuschG ist es, der Schonungs- und Pflegebedürftigkeit einer Mutter nach der Geburt
des Kindes Rechnung zu tragen. Während des in der Vorschrift genannten
Zeitraumes soll sich die Mutter von den Entbehrungen der Schwangerschaft und der
Entbindung erholen können.
Voraussetzung für die nachgeburtliche Mutterschutzfrist in § 6 Abs. 1
Mutterschutzgesetz und das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot in § 9 Abs. 1
Mutterschutzgesetz ist, dass eine Entbindung stattgefunden hat. Der Begriff der
Entbindung ist im Mutterschutzgesetz nicht näher bestimmt. Deshalb hat sich das
Bundesarbeitsgericht bei der Auslegung dieses Begriffes dafür entschieden (zuletzt
mit Urteil vom 15.12.2005 - 2 AZR 462/04), auf die in § 31 der Verordnung zur
Ausführung des Personenstandsgesetzes (Personenstandverordnung - PStV)
definierten Begriffe „Lebendgeburt, Totgeburt, Fehlgeburt“ zurückzugreifen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist als Entbindung im Sinne
des Mutterschutzgesetzes der Vorgang der Abtrennung des Kindes vom Mutterleib
anzusehen, der zum Ziel hat, dem Kind ein selbstständiges Leben zu ermöglichen.
Entscheidend ist dabei, ob sich das Kind bei der Trennung vom Mutterleib bereits bis
zu einem Stadium entwickelt hat, in dem es zu einem selbstständigen Leben fähig
ist. Eine Fehlgeburt liegt vor, wenn sich kein Lebensmerkmal (Schlagen des
Herzens, Pulsieren der Nabelschnur, natürliche Lungenatmung nach der Scheidung
vom Mutterleib) gezeigt hat und das Gewicht der Leibesfrucht weniger als
500 Gramm beträgt (§ 31 Abs. 3 Personenstandsverordnung). Diese
Gewichtsgrenze wird auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1977
zugrunde gelegt (Manual of the International Statistical Classification of Diseases,
Injuries, and Causes of Death, WHO, Genf 1977) und dient der weltweiten
statistischen Erfassung von Totgeburten.
Für die Mutterschutzregelungen bedeutet diese Rechtsprechung, dass Frauen, die
unabhängig vom Geburtsgewicht des Kindes ein Kind lebend geboren haben
(Lebendgeburt - § 31 Abs. 1 PStV) und Frauen, deren Kind im Sinne des

Personenstandsrechts mit einem Geburtsgewicht von über 500 Gramm tot geboren
wurde (Totgeburt - § 31 Abs. 2 PStV), vom Mutterschutzgesetz erfasst sind.
Jedoch sind auch Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, nicht vollständig
ungeschützt. Im Anschluss an eine Fehlgeburt ist die Arbeitnehmerin grundsätzlich
arbeitsunfähig wegen Krankheit. Sie ist daher durch die Krankenversicherung
abgesichert.
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass im Koalitionsvertrag der
Bundesregierung eine Reform der mutterschutzrechtlichen Regelungen mit
folgendem Wortlaut vereinbart wurde: „Eine Reform des Mutterschutzgesetzes wird
erarbeitet. Unser Ziel heißt umfassender Schutz, mehr Transparenz und weniger
Bürokratie. Dazu bedarf es einer Anpassung der mutterschutzrechtlichen
Regelungen an den neuesten Stand der Erkenntnisse über Gefährdungen für
Schwangere und stillende Mütter am Arbeitsplatz (s. Seite 102 des
Koalitionsvertrags).“
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition der Bundesregierung – dem
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – als Material zu
überweisen, damit sie in die anstehenden Überlegungen mit einbezogen wird, und
die Petition den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, da
sie als Anregung für eine parlamentarische Initiative geeignet erscheint.Begründung (pdf)


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