01.09.2015, 21:52
Liebe Freunde und Freundinnen des Puppentheaters,
vor gut sechs Wochen – am 17. Juli 2015 – haben wir die Petition "Rettet das Theater am Winterfeldtplatz" vorläufig beendet und wir möchten kurz berichten, wo das Verfahren aktuell steht.
Genau 15.574 Anhänger der Hans Wurst Nachfahren haben mit ihrer Unterschrift für den Fortbestand des Theaters am Winterfeldtplatz votiert. Das ist sensationell viel und eine respektable Würdigung seiner wunderbaren Arbeit seit mehr als 20 Jahren.
Denn vor wenigen Monaten sah es noch so aus, als sei dieses Jahr die ultimative letzte Spielzeit. Ende 2013 war das Gebäude Gleditschstr. 5 – die Theaterspielstätte – an einen neuen Privateigentümer verkauft worden, der unverzüglich Eigenbedarf anmeldete und dem Theater zum Folgejahr 2014 rechtsverbindlich kündigte. Durch Intervention von Staatssekretär Renner wurde diese Kündigung noch einmal aufgeschoben auf Ende Mai 2015, aber damit schienen alle weiteren Möglichkeiten ausgereizt.
Doch die Sache nahm mit der erfolgreichen Petition eine überraschende Wende.
Als im Februar 2015 die Marke 10.000 überschritten wurde, kam es zu ersten Kontakten zwischen den neuen Eigentümern des Theaters – der Familie Hiller – und einem Fürsprecher der Anwohner – Sascha Disselkamp.
Familie Hiller ist sich wohl bewusst, dass das breite Votum für den Fortbestand des Theaters eine klare Absage an ihre eigenen Investitionsabsichten ist. Jörg Hiller – der Sohn – beabsichtigt, nachdem das Haus zuvor auf Kosten des Landes Berlin vertragsgemäß wieder in normalen Gewerberaum (geschätzte Kosten 164.000 Euro) zurückgebaut werden muss, dort ein privates Tonstudio einzurichten.
Angesichts der hohen Leerstände an Gewerberaum in Berlin wurde ziemlich schnell die Variante thematisiert, ob es nicht sinnvoller sei, das Theater mit seiner Kultur- und Sozialfunktion unbehelligt zu lassen und für das Tonstudio einen geeigneten Ersatzstandort nachzuweisen. Staatssekretär Renner wurde über diesen Stand der Entwicklung informiert und er sagte offiziell die aktive Unterstützung seiner Verwaltung zu.
Um der Ersatzstandortsuche die nötige Zeit einzuräumen, war Herr Hiller bereit, das Mietverhältnis mit dem Senat zugunsten der Hans Wurst Nachfahren erneut zu verlängern, dieses Mal bis Ende Sept. 2016.
Unsere Initiative, die sich intensiv an der Suche nach Ersatzstandorten beteiligt, konnte Herrn Hiller bereits zwei sehr attraktive Angebote unterbreiten:
1. Fontanepromenade 15, Berlin Kreuzberg: Ein denkmalgeschütztes eingeschossiges Gebäude, sehr ähnlich in vielen Details dem Theater hier am Platz und im Eigentum des Liegenschaftsfonds, der es im März 2015 öffentlich anbot. Über die Firma Engel und Völkers wurde es auch Herrn Jörg Hiller angeboten. Aber der lehnte ab wegen der Lage.
2. Nalepastraße, ehemaliges Gelände des DDR-Rundfunks. Dort entwickelt ein Investor einen ausschließlichen universellen Musikstandort, zumal die komplette Infrastruktur – Studios, Aufführungsräume – aus den DDR Zeiten noch vorhanden ist und sich bereits viele Musiker auf dem Gelände befinden. Dort wurde ihm ein entkerntes Gebäude in gewünschter Größe zum Neuausbau angeboten. Auch dieses Angebot fand wegen der Lage keine Zustimmung.
Der Kiezinitiative liegt sehr daran, in wechselseitigem Einvernehmen die mehrheitlich gewünschte Lösung zu realisieren. Wie schon vor 25 Jahren. Auch damals stand ein Bürgervotum gegen diverse Privatinvestoren, die eine geschlossene Randbebauung vorgesehen hatten. In einem jahrelangen Bürgerbeteiligungsverfahren wurde jedoch die jetzige städtebauliche Lösung – Kulturangebot, Kinderspielplatz und öffentliche Freifläche – durchgesetzt gegen erbitterten Widerstand. Seit 1992 besteht dieses Konzept, es hat sich bestens bewährt und wird von den Anwohnern deshalb auch energisch verteidigt.
Gegenwärtig gibt es unsererseits mindestens zwei Investoren, die sofort bereit wären, das Theater am Winterfeldtplatz von der Familie Hiller zurückzukaufen, um mit dem Senat erneut eine langfristige Mietvereinbarung für eine Spielstätte der Kiez- und Kinderkultur zu treffen.
Damit sind wir einer konstruktiven Lösung schon sehr nah, denn die Ablehnungsgründe des Herrn Hiller – „ungünstige Lage“ - sind nicht überzeugend.
Die meisten Aktivisten sind noch ein paar Tage in den Ferien. Wir melden uns Mitte September zurück.
Mit herzlichem Dank an alle, die uns bis hierher begleitet haben.
Initiative Kiezkultur
Rettet das Theater am Winterfeldtplatz