03.04.2024, 01:41
Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,
obwohl wir zusammen mit Ihnen und renommierten Forstexperten bereits im Vorfeld vor den verheerenden Konsequenzen für das Waldökosystem gewarnt und lautstark gegen die massiven als „Waldumbau“ deklarierten Fäll-Pläne der Berliner Forsten (BF) protestiert hatten, hat die Forstbehörde Anfang dieses Jahres ernst gemacht und über 40.000 Kubikmeter (Festmeter, fm) Bäume in den von ihr bewirtschafteten Erholungswäldern, darunter streng geschützten FFH-Gebieten, einschlagen lassen.
Die von den Fällungen betroffenen Teile des Berliner Waldes geben ein erschreckendes Bild ab und sind bisweilen kaum wiederzuerkennen: Viele Meter hohe und dutzende Meter lange Holzpolter säumen breite zerfahrene Waldwege, die dem industriellen Abtransport tausender gefällter Waldbäume, nicht mehr dem erholsamen Waldbesuch dienen. Zu befürchten ist, dass hier in Zukunft noch Schotter ausgebracht werden soll - vermeintlich, um die Waldwege wiederherzustellen – was den Erholungswert und Waldcharakter noch weiter verringern würde. Auf einem engen Netz meterbreiter Fahrtwege sind für Holzernte und -transport überschwere Forstmaschinen in regelmäßigen Abständen tief in den Wald eingedrungen. Große Teile des Waldes gleichen nach den ausgiebigen Fällungen versehrten Parkanlagen mit dünnem Baumbesatz und zerstörtem Unterwuchs. Die BZ titelt gar: „Teile des Grunewalds abgeholzt“.
Und selbst wenn die BF auf Kahlschläge verzichtet haben, so ist das Waldökosystem durch die Fällarbeiten nachhaltig schwer geschädigt worden. Die über 20 Tonnen schweren Fäll- und Rückemaschinen verpressen den sensiblen Waldboden irreversibel. Der ohnehin junge Baumbestand wurde durch die Fällung zehntausender Bäume weiter ausgedünnt und degradiert. Durch das Anlegen teils zweispuriger Erntewege und die erhebliche Auflichtung des Kronendaches werden sich die betroffenen Waldgebiete besonders im Sommer aufheizen und Feuchtigkeit, das heißt ihr waldeigenes Mikroklima, verlieren.
Die BF behaupten, ihre groß angelegten Fällungen zum Zwecke des „Waldumbaus“ zu betreiben. Ein inkonsistentes Narrativ, wie die Waldinitiative (WI) gemeinsam mit dem BUND Berlin und weiteren Naturschutz- und Forstexperten seit Jahren aufzeigt. Zum einen, weil viele tausend – oft alte – Laubbäume gefällt werden, also gerade die Bäume, die die BF vorgeben zu fördern. Zum anderen, weil die meisten der kieferndominierten Flächen in Berlin einen ausgeprägten Unterstand aus zahlreichen Laubbaumarten aufgebaut haben, während sich die Kiefern als Lichtbaumart nicht mehr im Bestand verjüngen und schrittweise abgehen, sodass eine natürliche und schonende Transformation längst im Gange ist.
Tatsächlich sprach der Leiter des besonders stark betroffenen Forstamtes Grunewald in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der WI von „wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen“. Ein bekannter Forstexperte und langjähriger Forstamtsleiter hatte uns bei einer Vorab-Begehung bestätigt: „Die Fäll-Pläne tragen klar die Handschrift des Erntegedankens“. Die tausenden Waldbäume des Grunewaldes wurden stehend an den Privatkonzern Mercer verkauft, der insbesondere führend im Bereich der Herstellung von Brenn- und Zellstoff aus Holz ist. Auf schriftliche Anfrage erfuhren wir vom Leiter des Forstamtes Grunewald, dass das Unternehmen gerade das Laubholz zum Teil bereits für 8 € pro fm erworben hat. Da viele Bäume weniger als einen fm verwertbares Holz aufweisen, müssen wir davon ausgehen, dass die BF unsere so wertvollen Waldbäume teils für unter 10 € pro Stück für die Herstellung kurzlebiger Holzprodukte verkaufen. Ein in Zeiten von Klimawandel und Artensterben zweifelhafter Gewinn für das Land Berlin und seine Bürger. Das alles geschieht in einem Wald, dessen Gesundheit aufgrund von Hitze und Trockenstress zuletzt einen historischen Tiefpunkt erreicht hat.
Nur noch 6% der Berliner Waldbäume gelten als frei von Schäden. Vor diesem Hintergrund hatte die vorige Senatsverwaltung (SenMVKU) eine Obergrenze von „30% des jahresüblichen Holzeinschlages“ angeordnet. Die BF setzen sich mit dem Einschlag von über 40.000 fm über diese ministeriale Anordnung hinweg. Gleichzeitig haben die BF den Bürgern im Vorlauf der Fällungen Falschinformationen über die Einschlagsmenge kommuniziert, als sie Mitte des vergangenen Jahres schriftlich versprachen, nicht mehr als 30.000 fm einzuschlagen.
Unter den Anwohnern ist noch während der Fällungen ein Sturm der Entrüstung losgebrochen. Viele hundert entsetzte Berliner protestierten bei den BF und der SenMVKU gegen die Zerstörung ihrer Naherholungsgebiete. Diese Proteste wirken. Die Diskussion über einen zeitgemäßen Umgang mit dem Berliner Wald ist bereits angestoßen worden. Deshalb bitten wir Sie, an die BF (gunnar.heyne@forsten.berlin.de) und die SenMVKU (senatorin@senmvku.berlin.de) zu schreiben und diese Petition zu teilen.
Als WI setzen wir uns das Ziel, dass wir diese zerstörerischen Eingriffe in unserem Berliner Wald das letzte Mal gesehen haben!